Quelle: DEUTSCHE ROCKWOOL

Kennzeichnung von flüchtigen organischen Verbindungen ab 2019 möglich

Transparenz bei Schadstoffen am Bau kommt nur langsam

Helmut Köttner: Prüfnorm legt Verfahren für VOC-Tests fest. © Sentinel Haus Institut

Die Anfang 2018 veröffentlichte Norm DIN EN 16516 geistert als "Schadstoffnorm" durch die Fachwelt. Darin geht es unter anderem um verbindliche Verfahren zur Messung flüchtiger organischer Verbindungen (VOC). Helmut Köttner, Technischer Leiter Bereich Bau- und Umwelttechnik / Nachhaltigkeit des Sentinel Haus Instituts, erklärt im Gespräch mit EnBauSa.de, welche Produkte die Norm betrifft und was Hersteller, Planer, Verarbeiter und Bauherren beachten sollten.

Herr Köttner, was regelt DIN EN 16516?

Köttner: Die Norm ist eine europaweit gültige Prüfnorm. Sie regelt einerseits die Untersuchungsmethode für den aktiven Einsatz von flüchtigen, organischen, krebserzeugenden, erbgutverändernden und fortpflanzungsgefährdenden Stoffen (KMR-Stoffe) in Produkten. Und andererseits gibt sie ein Verfahren vor, mit dem die Emissionen von flüchtigen organischen Verbindungen, kurz VOC, gemessen werden. Dazu gehören zum Beispiel Formaldehyd oder Benzol, aber auch mehrere hundert weitere Stoffe.

Welche Produkte betrifft die Norm?

Da muss man etwas ausholen: Die DIN EN 16516 ist keine Produktnorm, sondern eine Prüfnorm. Wenn sie allerdings in eine europäische Produktnorm für die Erlangung des CE-Zeichens integriert ist, können die Hersteller für die entsprechenden Produktgruppen VOC-Emissionen angeben, im Fachjargon heißt das deklarieren. Laut Umweltbundesamt ist das ab 2019 für Bodenbeläge, Sportböden und manche Dämmstoffe der Fall.

Wie wird die Prüfung nach EN 16516 dokumentiert?

Falls die Hersteller Angaben zu VOC machen wollen, müssen sie in der Regel ihre Produkte bei von der EU-notifizierten Prüfinstituten nach der Norm prüfen lassen. Bei einigen Produkten darf der Hersteller auch im eigenen Labor ohne Beteiligung eines fremden Labors prüfen. Eine Zusammenfassung der Prüfergebnisse muss dann in der sogenannten Leistungserklärung (Produktdeklaration für Bauprodukte mit CE-Kennzeichnung) veröffentlicht werden. Für innenraumrelevante Bauteile sind die VOC zu deklarieren oder der Hersteller muss mit den Buchstaben NPD (no performance determined) angeben, dass er keine VOC-Prüfung durchgeführt hat.

Wie muss eine VOC-Leistungserklärung aussehen?

Das ist aktuell auf EU-Ebene noch nicht entschieden. Zur Diskussion steht ein Klassensystem ähnlich wie in Frankreich (zum Beispiel ein Label mit den Klassen A - D nach dem Vorbild von Elektrogeräten), oder die Angabe nach den Vorgaben in der DIN EN 16516 selbst. Dann müssen die Werte direkt angegeben werden. Dabei können auch Gruppen von VOC zusammengefasst werden. Zum Beispiel die Summe aller VOC (TVOC) und einige mehr.

Was müssen Verarbeiter beachten? Dürfen sie vorher gekaufte Produkte weiterhin verkaufen?

Davon gehen wir aus, wer soll das auch kontrollieren? Aber: Macht ein Hersteller eines betroffenen Bauproduktes demnächst keine Angaben zu VOC Emissionen, muss laut Umweltbundesamt der Verwender wissen, dass er das Produkt nicht verwenden darf, sonst macht er sich haftbar. Das gilt nach unserer Einschätzung auch für Architekten, Bauunternehmen und den Handel.

Wann beginnt die CE-Kennzeichnung mit VOC-Angaben?

Als Anfangsfrist für die CE-Kennzeichnung mit Angaben zu VOC ist aktuell noch der 1. Februar 2019 vorgesehen. Jedoch ist dieses Datum voraussichtlich nicht mehr zu halten, haben wir vom Umweltbundesamt erfahren. Obwohl einige mit EN 16516 ergänzte Produktnormen (wie die DIN EN 14041 für Bodenbeläge vom Mai 2018) veröffentlicht vorliegen, hat die Europäische Kommission die Titel dieser Produktnormen noch nicht im Amtsblatt der EU veröffentlicht. Daher dürfen die Hersteller noch nicht mit der CE-Kennzeichnung nach der neuen Produktnorm beginnen. Das Datum für die Veröffentlichung der Normtitel im Amtsblatt der EU ist derzeit nicht bekannt. Daher ist kein scharfes Datum für den Beginn der CE-Kennzeichnung mit Angaben zu VOC im Moment möglich.

Welche weiteren Produktgruppen werden betroffen sein?

Das wird über sogenannte Mandatsergänzungen für die jeweiligen EU-Normen geregelt. Laut Umweltbundesamt sind die Mandatsergänzungen für Wandbeläge, Holz, und Holzwerkstoffe bereits erteilt. Diese werden in den nächsten Jahren folgen. Die Mandatsergänzungen für Dichtstoffe und Klebstoffe sind in Vorbereitung. Allerdings dauert das Verfahren recht lange.

Wie weit sind die Hersteller mit der Umsetzung, gibt es konforme Produkte für alle Bereiche?

Das entzieht sich unserer Kenntnis. Es gibt aber eine Vielzahl von Herstellern, die ihre Produkte bereits auf anderem Weg haben prüfen lassen.

Auf was sollten Architekten, Verarbeiter und Verbraucher achten?

Wichtig ist, dass die DIN EN 16516 keine Grenzwerte enthält, sondern nur die Grundlage für die Deklaration darstellt. Als Architekt, Verarbeiter oder Kunde müsste man also selber schauen, ob das Produkt die jeweiligen Anforderungen erfüllt. Es kann ja auch sein, dass der Hersteller überhaupt keine VOC deklariert, zum Beispiel. Entsprechende Anforderungen können etwa in der Ausschreibung genannt sein oder notwendig sein, um einen Nachhaltigkeitszertifikat zu erreichen. Zusätzlich gibt es das neue Bauordnungsrecht, wo die Musterverwaltungsverordnung Technische Baubestimmungen (MVV TB) mittlerweile in alle Landesbauordnungen integriert ist. Diese enthält mit den Anforderungen an bauliche Anlagen hinsichtlich des Gesundheitsschutzen (ABG) ein Mindestniveau bei den Emissionsanforderungen für in Gebäuden verwendete Bauprodukte. Als Verarbeiter oder Planer sitzt man da zwischen allen Stühlen, auch weil es eine Dokumentationspflicht gibt. Aktuell der sicherere Weg ist aus unserer Sicht auf hochwertige Gesundheitslabel zu setzen.

Die Interviewfragen stellte Pia Grund-Ludwig

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