Historische Gebäude von innen zu dämmen ist eine kniffelige Angelegenheit. Denn Montagekleber, die die Isolierplatten an den Wänden halten, zerstören darunter liegende alte Anstriche. Nicht so ein spezieller Putz: Er lässt sich bei Bedarf rückstandsfrei entfernen. Auf der Messe Denkmal vom 6. bis 8. November in Leipzig stellen Fraunhofer-Entwickler den Putz sowie verschiedene Dämmsysteme vor.
Spachtelt man in manchen alten Häusern die Tapeten ab, kommen unter der ersten Schicht oftmals zahlreiche ältere Farbschichten zum Vorschein. Mit großen, ornamentalen Blumen, Schablonenmalerei oder anderen Dekoren zeugen sie von längst vergangenen Zeiten. Sind solche Schichtenpakete für viele Hausbesitzer bei der Sanierung ein Ärgernis, bringen sie Denkmalschützer zum Schwärmen – zumindest wenn es sich um historische Gebäude handelt, deren Farbschichten auf der Wand gut und gerne hundert oder zweihundert Jahre alt sein können. Denn sie erlauben Rückschlüsse auf die frühere Lebensweise und den damaligen Zeitgeschmack.
Nur ist es bisher nicht möglich, Häuser mit antiken Schichten durch eine Innendämmung energetisch zu sanieren: Denn die Montagekleber, die die Dämmplatten an den Wänden halten, würden die darunter liegenden alten Anstriche zerstören.
Wie sich historische Gebäude von innen dämmen lassen, ohne den wertvollen Farbschichten und Putze den Garaus zu machen, zeigen Forscher vom Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP auf der Messe Denkmal. Das Herzstück des neuen Systems zur Innendämmung in denkmalgeschützten Gebäuden ist ein besonderer Putz – er kann direkt auf die Farbschichten aufgetragen und bei Bedarf rückstandsfrei abgelöst werden. "Ähnliche Verfahren gibt es bereits in der Restaurierung von Wandmalerei", sagt Ralf Kilian, Gruppenleiter am IBP in Holzkirchen. "Diese haben wir nun in die energetische Sanierung überführt und dazu ein komplett neuartiges Putz-System entwickelt."
Mit diesem reversiblen Mörtel als Basis können die Wissenschaftler beliebige Putz- und Dämmsystem aufbringen. Doch trotzdem ist bei der Innendämmung generell Vorsicht geboten: Bei "falscher" Dämmung kann sich Feuchte hinter den Dämmmaterialien absetzen und die historischen Schichten zerstören.
Welche Dämmmaterialien eignen sich also für historische Gemäuer? Das untersuchen die Forscher in der alten Schäfflerei am Fraunhofer-Zentrum für energetische Altbausanierung und Denkmalpflege im Kloster Benediktbeuern – in enger Abstimmung mit dem bayerischen Landesamt für Denkmalpflege. Und zwar nicht nur wie sonst üblich auf jeweils einem Quadratmeter, sondern gleich auf elf. Das Spektrum der untersuchten Dämmmaterialien reicht von traditionell bis innovativ: An den Innenwänden der Schäfflerei finden sich althergebrachte Schilfrohrmatten ebenso wie kapillaraktive Mineralschaumplatten, die eingedrungene Feuchtigkeit zurück in den Innenraum transportieren sollen. Auch zwei hochdämmende Aerogel-Dämmputze analysieren die Forscher: Diese Aerogele wurden ursprünglich bei der NASA für die Raumfahrt entwickelt.
In den Laboren des IBP wurde auch das patentierte Plattenmaterial aus Rohrkolben entwickelt: Es besitzt eine gute Dämmwirkung, ist von Natur aus schimmelresistent und bestens gegen Feuchtigkeit gerüstet. Ob und wenn ja wie viel Feuchte sich hinter diesen Materialien ansammelt, überprüfen die Forscher anhand von rechnerischen Simulationen sowie durch umfangreiche Messungen, die sie in der alten Schäfflerei durchführen – bei Beheizung des alten Gemäuers und gleichzeitiger hoher Raumfeuchtigkeit im Winter. In etwa zwei bis drei Jahren könnten reversible Innendämmungen für historische Gebäude marktreif sein. Quelle: Fraunhofer IBP / pgl