Die Qualität der Umsetzung von Sanierungsmaßnahmen ist ein entscheidender Faktor für den Erfolg einer energetischen Sanierung. Trotzdem ist das Thema in den meisten Bundesländern nach wie vor unterbelichtet. Bisher nehmen sich lediglich einige wenige Kommunen des Themas Sanierungsqualität an. Das soll sich 2010 ändern - zumindest in Baden-Württemberg. "Der Handlungsbedarf ist erkannt. Für 2010 sind erste Treffen im Umweltministerium geplant. Ziel ist es, Konzepte für ein Qualitätssicherungssystem zu entwickeln", berichtet Mareike Soder, Energieberaterin bei der Baden-Württembergischen Landesinitiative "Zukunft Altbau".
Aus ihrer Sicht geht es bei der Qualitätssicherung vor allem um die Qualifizierung der an Sanierungsmaßnahmen beteiligten Handwerker und Planer. Das sieht auch Ulrich König so, Geschäftsführer des Energie-Beratungs-Zentrums Stuttgart (EBZ): "Selbst wenn der einzelne Handwerker seine Arbeit versteht, gibt es oft Probleme, weil die Übergabe an den Schnittstellen zwischen den Gewerken nicht funktioniert. Woher soll der Glaser wissen, wie er die Fenster einbauen muss, damit der Stuckateur optimale Bedingungen für die Dämmung vorfindet?"
Sollen die Ziele der energetischen Sanierung erreicht werden, müssen die Gewerke heute mehr denn je Hand in Hand arbeiten, um Wärmebrücken und Undichtigkeiten zu vermeiden. "Die Gebäude sind inzwischen so sensibel, dass die Bauphysik kippt, wenn die Schnittstellen nicht stimmen", weiß König. Oft seien die Folgen dann nicht nur, dass die erzielten Energieeinsparungen nach der Sanierung lange nicht so hoch sind, wie erwartet. Vielmehr käme es zu ernsthaften Problemen wie Schimmelbildung.
Um Handwerker für die jeweils anderen Gerwerke zu sensibilisieren, bietet das EBZ bereits heute Qualifizierungsmaßnahmen an. Doch nicht nur das: Das Zentrum hat bereits im Jahr 2000 im Rahmen eines von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt geförderten Projekts begonnen, einen Sanierungsstandard zu entwickeln. Damals wurden im Rahmen der Modernisierung des EBZ-Gebäudes in Stuttgart zunächst gewerkeweise Standards für die energetische Sanierung entwickelt und dann gewerkeübergreifend zusammengeführt.
Daraus hervorgegangen ist der sogenannte "Stuttgarter Sanierungsstandard", ein Programm, an dem sich im Stadtgebiet Stuttgart inzwischen etwa 100 Maler, Stuckateure, Zimmerer, Dachdecker und Glaser beteiligen. In Kürze sollen auch Elektriker und Heizungsbauer hinzu kommen.
"Ein solcher Sanierungsstandard oder ein Qualitätslabel, bei dem Betriebe geschult und dann akkreditiert werden, ist ein gutes Instrument, um bei Sanierungsmaßnahmen die gewünschte Qualität zu erzielen", ist sich Veit Bürger vom Freiburger Öko-Institut sicher. Allerdings seien die meisten Kommunen derzeit noch zurückhaltend. "Meist scheitert es an der Frage, wer es entwickeln und umsetzen kann", so Bürger. Das Institut für Energie- und Umweltforschung in Heidelberg (IfEU) schlage Kommunen im Rahmen der Entwicklung von Klimaschutzkonzepten immer wieder auch die Einführung eines Gütesiegels für das energetische Bauen vor, berichtet auch Hans Hertle. Allerdings sei das Thema nicht ganz einfach, so der Experte: "Hier müssen die Kommunen nachholen, was die Länder bisher versäumt haben."
Immerhin, es gibt erste Nachahmer der Stuttgarter Idee: In München beispielsweise wurde Anfang 2009 das Gütesiegel "Münchner Qualitätsstandard" vorgestellt. Doch die Sensibilisierung der Handwerker, Architekten und Planer ist nur ein erster Schritt, betont Michael Weng, zweiter Vorsitzender des Landesverbands der Gebäudeenergieberater Ingenieure und Handwerker GIH in Baden-Württemberg: "Auch den Gebäudeeigentümern mangelt es am Bewusstsein für die große Bedeutung der Sanierungsqualität."
Tatsächlich scheitert die Qualität oft an zu hohen Kosten, zudem bleibt die Kontrolle der Bauausführung durch einen unabhängigen Dritten häufig aus. Hier sind die Zuschüsse der KfW für die Baubegleitung bei umfassenden energetischen Sanierungsmaßnahmen ein Schritt in die richtige Richtung, weil sie die Bauherren für dieses Thema sensibilisiert. Bis zu 1.000 Euro Zuschuss gibt es pro Wohnung . Bezuschusst werden die Kosten in Höhe von 50 Prozent. sth