Quelle: DEUTSCHE ROCKWOOL

Geschosswohnungsbau in Berlin setzt auf nachwachsenden Rohstoff

Praxis bei Holzfassade erforderte Kompromisse

Südfassade des Baugruppen-Wohnhauses „upstairs downstairs“. © Morhart

Dachterrasse des Baugruppen-Wohnhauses „upstairs downstairs“. © Hillig Architekten

EnBauSa.de-Autor Alexander Morhart im Interview mit einer Berliner Baugruppe zu den Vor- und Nachteilen von Holzfassaden.

Christian Luchmann kommt ins Schwärmen. Nach den Gründen gefragt, warum er Holzfassaden wollte, als er 2009 zusammen mit zehn weiteren Mitgliedern einer Baugruppe das Projekt in der Berliner Streustraße 72/73 in Angriff nahm, spricht er vom "schönen Anblick", von der "anderen Atmosphäre". Außerdem sei Holz ein "natürlicher Baustoff".

Und tatsächlich fällt es schwer, sich dem Charme dieses Materials zu entziehen. Die Verkleidung der hofseitigen Südfassade besteht aus unbehandelten Douglasie-Glattprofilen in einfacher Stülpschalung. Ursprünglich knapp 3 Zentimeter dick, sind die Bretter inzwischen um mehrere Millimeter geschwunden – manche sind auch im Querschnitt etwas konkav geworden. Der Regen hat Harz ausgewaschen, und oft ist das untere Viertel der Bretter stärker angegraut als der obere Teil. Aber was bei einer Putzfassade renovierungsbedürftig und bei mancher der unseligen Kunststoff-Fassaden schäbig wirken würde, ist bei Holz einfach – "Patina".

Die Baugruppe war so vom Fassadenwerkstoff Holz angetan, dass sie ursprünglich nicht nur die Hofseite, sondern auch die Nordfassade zur Straße hin mit diesem Material beplanken wollte. In die Quere kamen den als GbR organisierten Häuslebauern – Christian Luchmann ist einer der beiden Geschäftsführer – nicht etwa die Brandschutzvorschriften für Holzfassaden, sondern eine drohende Überschreitung des geplanten 3,2-Millionen-Euro-Budgets: Manchmal ist es eben etwas teurer, einen besonderen Geschmack zu haben.

Vor die Wahl gestellt, entweder bei der hofseitigen Südfassade oder bei der Nordseite auf eine flächendeckende Holzverkleidung zu verzichten, entschied man sich für Letzteres. Christian Luchmann: "Ein Argument war, dass das Holz, wenn gar keine Sonne darauf scheint, relativ schnell schwarz wird, weil es feucht bleibt und nicht trocknen kann zwischendurch." Schweren Herzens reduzierte man also den Holzanteil an der Nordfassade um etwa 180 m² auf ein Dutzend symbolische Flecke von je der Größe eines Fensterflügels. Den Löwenanteil auf der Nordseite macht jetzt Dünnputz aus; die Fassadenfläche der Dachschräge ganz oben wurde mit Titanzinkblech verkleidet.

Luchmann schätzt, dass durch diesen Kompromiss "irgendwas zwischen 10.000 und 15.000 Euro" eingespart wurden. So gelang es, auch bei der Fassade im Kostenrahmen zu bleiben. Eine klare Zuordnung der Fassadenkosten ist allerdings schwierig, denn die Baugruppe musste zwischenzeitlich dem insolvenzgefährdeten Dachdeckerbetrieb kündigen, der ursprünglich mit dem Anbringen der Fassade betraut worden war. Stattdessen beschaffte man die Holzlatten auf eigene Faust.

Das ist auch der Grund, warum statt des zunächst favorisierten Lärchenholzes nun die etwas rötlichere Douglasie zum Einsatz kam – dieses Holz war in der geforderten Qualität ("deutsche Lärche verzieht sich zu stark") auf die Schnelle leichter zu beschaffen. Es wurde dann eine andere Firma damit beauftragt, die Latten anzubringen.

Keine Veränderung war beim sonstigen Aufbau der Außenwände nötig: Wie geplant trägt Kalksandstein-Mauerwerk (17,5 cm) die Last. Und wie geplant trägt ein Wärmedämm-Verbundsystem mit (brandhemmender) Mineralwolle dazu bei, dass der energetische Standard einem KfW-Effizienzhaus 70 nach EnEV 2009 entspricht.

Energetisch macht die Holzverschalung gegenüber der Putzfassade praktisch keinen Unterschied. Sie ist – einschließlich des Lüftungszwischenraums – einfach nur rund 6 Zentimeter dicker als jene. Architekt Thomas Kaiser, der einen Teil der Ausführungsplanung und die Ausschreibung gemacht hat, beschreibt den Außenwand-Aufbau auf der Holzseite als "relativ simpel: Es gibt eine Unterkonstruktion aus Holz; das sind massive Kiefer-Vollhölzer, die horizontal montiert sind. Zwischen diesen Hölzern ist eine Dämmung aus Mineralwolle eingestellt. Das Ganze ist mit einer Windsperre abgedeckt, die durch eine senkrechte Konterlattung wieder fixiert ist. Auf dieser (...) Konterlattung sind horizontal die Verkleidungsbretter montiert."

Auch der Brandschutz sei, so Kaiser, bei einer Fassade in Holz "grundsätzlich" kein Problem. Als er aber zu den Details kommt, wird klar, dass manches doch nicht ganz so ohne ist. Der Lüftungszwischenraum zwischen der Holzverschalung und der Dämmung, die daruntersitzt, musste geschossweise mit einer Verblechung unterbrochen werden; in diesem Fall mit Zinkblechen in einer Stärke von 1 Millimeter. Diese Bleche sollten ursprünglich bis zur massiven Wand durchgehen und dort befestigt werden. Das heißt, auch die Holz-Tragkonstruktion sollte unterbrochen werden. Der Architekt: "Das ist aber ein Problem, weil wir dann wunderschöne 'Kühlrippen' erzeugt hätten, die durch die Dämmung durchgehen. Wir mussten also die Bleche auf der Außenseite der Holzkonstruktion befestigen (...). Aber gleichzeitig mussten wir dafür sorgen, dass bei einem Brand die Unterkonstruktionen, wo die Bleche befestigt sind, uns nicht wegbrennen. Deshalb haben wir zusätzlich in Form von Kalzium-Silikat-Platten ein nicht brennbares Material unter die waagerechten Hölzer gebracht, auf denen wiederum die Bleche befestigt wurden."

Das Gebäude kostete am Ende einschließlich des Grundstückspreises 2.000 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche; trotz Aufzug, trotz je individuellen Grundrissen aller Wohnungen. von Alexander Morhart

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