Quelle: DEUTSCHE ROCKWOOL

Gebäudeenergiegesetz und Kürzungen bei der Bundesförderung

Leppig (GIH) kritisiert GEG und Förderkulisse

Jürgen Leppig, Vorsitzender des GIH. Foto: Alexander Morhart

Mit zwei Neuregelungen hat Wirtschaftsminister Robert Habeck die Verbände gegen sich aufgebracht: mit dem neuen Gebäudeenergiegesetz (GEG) und den Änderungen der Richtlinien für die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG).

Die wichtigste Änderung am GEG ist eine, die nicht kommt. Noch Ende April hatte im Referentenentwurf eine verschärfte Höchstgrenze für den Transmissionswärmeverlust von Neubauten ab Januar 2023 von 100 auf 70 Prozent des Referenzgebäudes gestanden; stattdessen bleibt es nun bei 100 Prozent. Heruntergesetzt wird dagegen wie angekündigt der zulässige Primärenergiebedarf – nämlich von bisher 75 auf 55 Prozent des Referenzgebäudes. Im Ergebnis wird also Sanierungsaufwand von der Dämmung auf die Heiz- und Kühltechnik verlagert.

Dass an der Gebäudehülle nichts geändert wird, kritisierte Jürgen Leppig, der Vorsitzende des Gebäudeenergieberater-Bundesverbands GIH, gegenüber EnBauSa scharf. Er erinnerte daran, dass die Förderung für das Effizienzhaus 55 mit der Begründung abgeschafft worden sei, dieses sei „gelebte Baupraxis“. „Ich habe damals die Frage gestellt: Ist es gelebte Baupraxis, weil die Förderung so hoch ist oder weil die Bürger überzeugt sind? Da hieß es: Die Bürger sind überzeugt.“ Und jetzt traue man sich nicht, ein Effizienzhaus 55 als Referenz ins GEG zu schreiben.

„Es steht ja im Koalitionsvertrag, dass ab 2025 das Effizienzhaus 40 Standard ist. Kneift man dann wieder, sagt, ich lasse die Hülle bei 70, 75?“ Irgendwann werde die Not so groß, dass man den Schritt zum Effizienzhaus 40 auf einmal machen müsse. „Dann ist das Geschrei zu Recht groß.“ Aktuell beobachtet Leppig: „Die Leute bauen wieder wie früher und fallen vom 55er Standard auf den 75er zurück.“ Genau das hatte bereits Anfang Mai der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) in einer Stellungnahme vorhergesagt.

EE-Strom kann nun auch ins Netz eingespeist werden

Die an einem Neubau gewonnene erneuerbare Strommenge, die vom Primärenergiebedarf abgezogen werden darf, wird nun anders berechnet. Der wichtigste Punkt ist, dass dieser Strom nicht mehr vorrangig im Gebäude selbst genutzt werden muss, um ihn auf den Primärenergiebedarf anrechnen zu dürfen. Man kann ihn also auch vollständig ins öffentliche Netz einspeisen.

Weitere Änderungen betreffen unter anderem den Wärmebrückennachweis, den Primärenergiefaktor für biogenes Flüssiggas sowie den für Großwärmepumpen (ab 500 kW) in Wärmenetzen. Für den Strom beim Betrieb letzterer wird der Primärenergiefaktor von bisher 1,8 auf 1,2 heruntergesetzt.

GIH-Chef Leppig vermisst im neuen GEG neben einem EH-55-Dämmstandard noch einen zweiten Punkt: „Es wäre das richtige Signal gewesen, im GEG-Referenzgebäude nicht mehr eine Abluftanlage, sondern eine Lüftung mit Wärmerückgewinnung einzubauen.“ Bekanntlich wird bei niedriger Außentemperatur die Arbeitszahl einer Luftwärmepumpe schlechter; gleichzeitig dagegen die Effizienz der Lüftungsanlage immer besser, je größer der Temperaturunterschied zwischen der Abluft aus dem Gebäude und der Zuluft ins Gebäude ist. Leppig: „Eine Lüftung mit Wärmerückgewinnung ist die ideale Ergänzung zur Wärmepumpe.“

„In Bayern faktisch kein Vollzug des GEG“

Und dann wird Jürgen Leppig ganz grundsätzlich. „Der Knackpunkt“ beim GEG sei, dass der Bund ein Gesetz aufstelle, der Vollzug aber bei den Ländern liege, wo er sehr unterschiedlich gehandhabt werde. „Das geht von Berlin, die quasi doppelt prüfen, bis zu Bayern, wo es faktisch keinen Vollzug des GEG gibt. In Bayern muss man, wenn man einen Bauantrag stellt, zum GEG nichts mitliefern.“ Baue man in Baden-Württemberg eine neue Heizung ein, müsse man den Nachweis bringen, dass man die Gesetze eingehalten habe. „In Bayern interessiert das keinen.“ Solange das so sei, solle man keine Gesetze verschärfen. „Dann lasst doch alles, wie es ist und seid so ehrlich und sagt: Das interessiert uns nicht.“ Aber natürlich strebt Leppig eigentlich das Gegenteil an: Der Vollzug dürfe „nicht alleine den Ländern überlassen werden.“

Ebenfalls nicht in der GEG-Novelle enthalten ist ein Mindestanteil von 65 Prozent erneuerbare Energie, den Habeck zunächst für Anfang 2025, mittlerweile bereits für Anfang 2024 angekündigt hat. Eine entsprechende Festlegung im GEG hat sein Ministerium „zu einem späteren Zeitpunkt“ in Aussicht gestellt. Der BEE warnt vor „Vorzieheffekten“: „Bis zur Umsetzung könnten noch mehrere Hunderttausend rein fossil befeuerte Wärmeerzeuger ausgetauscht werden.“

BEG: Zuschussförderung abgeschafft

Die zweite große Neuregelung betrifft die Richtlinie der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG). Zum 28. Juli wurde kurzfristig die KfW-Zuschussförderung für Komplettsanierungen abgeschafft. Es gibt nur noch Kredite mit Tilgungszuschuss. Dieser Tilgungszuschuss wurde für die Sanierung auf ein Effizienzhaus 40 EE von bisher 50 Prozent auf 25 Prozent heruntergesetzt; für die auf ein Effizienzhaus 85 von bisher 30 Prozent auf fünf Prozent; für die auf ein Effizienzhaus 100 auf null. Der Tilgungszuschuss beim einzigen noch geförderten Neubau, nämlich dem Effizienzhaus 40 NH („Nachhaltigkeitsklasse“), wurde von bisher 12,5 auf fünf Prozent gesenkt. Hinzu kommen weitere Streichungen – zum Beispiel der ertragsabhängigen Förderung für Solarkollektoranlagen – und Kürzungen.

Den Grund für die Umstellung von Zuschüssen auf Kredit-Tilgungszuschüsse vermutet Jürgen Leppig darin, dass man mit dem Zins ein Instrument habe, mit dem man Fördergelder steuern könne, ohne dass man ein Gesetz oder Verordnungen ändern müsse. „Ich kann dann den Zins von 0,01 hochsetzen auf 2 Prozent, dann nimmt keiner mehr die unattraktive Förderung in Anspruch.“ Man habe jedoch nicht bedacht, dass man damit ältere Menschen bei der Fördervergabe ausschließe. „Ich bin über 60; ich saniere gerade selbst. Ich musste viele Banken konsultieren, bis ich einen Kredit bekommen habe, weil ich ja zu alt bin.“ Er habe nämlich nach der Wohnimmobilienkreditrichtlinie (WKR-Richtlinie) nicht mehr die Lebenserwartung, seinen Kredit bei der Bank zu tilgen. „Dabei gehört den über 60-Jährigen der meiste Wohnungsbestand, der saniert werden sollte.“

Durch den bei der BEG neu eingeführten Zehn-Prozent-Förderbonus bei einem Gasheizungstausch gegen ein nichtfossiles Heizsystem werde „der Einbau von Wärmepumpen in schlecht gedämmten Gebäuden befördert“, schreibt Marita Klempnow, die dem Deutschen Energieberater-Netzwerk (DEN) vorsteht. Und Axel Gedaschko, der Präsident des Wohnungswirtschafts-Spitzenverbands GdW, lässt sich zur BEG-Neuregelung mit den Worten zitieren: „Das Bundeswirtschaftsministerium setzt bei dem seit Jahresanfang herrschenden Förder-Fiasko noch einen obendrauf.“

Alexander Morhart

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