Quelle: DEUTSCHE ROCKWOOL

Interview mit Serena Klein, neue Geschäftsführerin des Industrieverbands Hartschaum

"Kritik an Styropor ist oft Kritik am Dämmen an sich"

Serena Klein: "Vor mir tut sich ein Spagat auf" © Jens Jeske

Serena Klein ist seit etwas mehr als drei Monaten Geschäftsführerin des Industrieverbands Hartschaum, der die Hersteller von Dämmung aus Polystyrol vertritt. Wie sie sich dem Gegenwind für EPS stellt erklärt sie im Interview mit EnBauSa.de

Wie sieht Ihre Bilanz nach den ersten 100 Tagen als Geschäftsführerin des IVH aus?

Vor mir tut sich ein Spagat auf. Der IVH steht für Klimaschutz durch Wärmedämmung, Einsparung von Heizenergie, Verringerung des CO2-Fußabdrucks. Da ist der Gebäudebereich eine der großen Stellschrauben. Deutschland hinkt den Klimazielen hinterher, unseren Teil dazu beizutragen das aufzuholen ist eine große Herausforderung. Gleichzeitig gab es heftige Medienkritik an Styropor in den vergangenen Jahren, es gab bei uns einen Wechsel des Geschäftsführers, eine neue Aufgabenverteilung im Vorstand. Wir müssen uns sammeln und geschlossen an unsere Aufgaben als technischer Verband herangehen.

Sie sagen, der IVH stehe für Klimaschutz, für viele steht Dämmen mit Polystyrol eher für Dämmen mit Rohöl und nicht für Nachhaltigkeit...

Für uns ist Nachhaltigkeit eines der wichtigsten Themen. Wenn eine EPS-Platte 40 Jahre an der Wand ist, spart sie Energie ein, anschließend wird sie thermisch verwertet oder recycelt, nachhaltiger kann man einen Liter Erdöl nicht nutzen.

Was tun Sie, um vom schlechten Image des Dämmstoffs wegzukommen?

Dass es ein schlechtes Image gibt, ist mir klar. Wenn ich als Geschäftsführerin unterwegs bin werde ich an vielen Stellen nicht mit offenen Armen empfangen. Oft wird mit der Kritik an Styropor aber Kritik am Dämmen an sich gemeint. Emotionen spielen da eine wichtige Rolle, das kann man oft nicht mit Fakten alleine entkräften, wir müssen Vertrauen neu aufbauen.

Wie machen Sie das?

Eine wichtige Initiative ist das Forum Sicheres Dämmen mit EPS mit Mitgliedern aus Industrie, Wohnungswirtschaft und Forschung. Die Plattform bietet wissenschaftlich abgesicherte Informationen. Es gibt Studien, Diskussionen, Erklärfilme. Außerdem sehe ich es als meine Aufgabe als Geschäftsführerin an, mit möglichst vielen Menschen ins Gespräch zu kommen. In solchen persönlichen Gesprächen zeigt sich auch, dass sich die Ressentiments relativieren.

Finden Sie Gehör?

Durchaus. Ich habe bei verschiedenen Veranstaltungen darüber gesprochen, wie Medien beim Thema Brandschutz Angst geschürt und verunsichert haben.

Gab es bei dieser Frage viel Gegenwind für Sie?

Im Gegenteil, die Architekten, Ingenieure, Baurechtsanwälte und Planer haben betont, dass das Thema Brand verstanden ist und waren weitgehend einig mit mir. Es gehe eher darum, das Thema Nachhaltigkeit beim Bauen zu erklären, sagten mir Gesprächspartner.

Gibt es konkrete Fortschritte beim Recycling?

Der Verschnitt geht heute schon ins Recycling, das wird werkstofflich recycelt als Leichtzuschlag für Beton oder Putze. Wie Sie wissen, arbeiten wir derzeit sehr intensiv in dem europäischen Projekt „PolyStereneLoop“ zur geschlossenen Kreislaufwirtschaft für EPS. Der Bau der Pilotanlage in den Niederlanden beginnt im ersten Quartal 2019. Im Übrigen: Einen vergleichbaren Ansatz für andere Dämmstoffe gibt es nicht, die landen auf der Deponie.

Das größere Problem sind aber doch die Bestände, die mit dem alten Flammschutzmittel HBCD an der Wand sind...

Das, was an der Wand ist, ist kein Problem. Das ist ähnlich wie bei alter Mineralwolle. Mit dem Unterschied, das altes EPS nach wie vor thermisch verwertet werden kann. Und für die Zukunft wird ja gerade an einer weitreichenden Lösung wie das chemische Recycling in den Niederlanden gearbeitet.

Es gibt auch bei den Fachhandwerkern große Vorbehalte gegenüber EPS. Wie adressieren Sie diese Zielgruppe?

Wenn es Vorbehalte gibt, nehmen wir die natürlich sehr ernst. In diesen Zusammenhang haben wir sehr eng mit dem Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks zusammengearbeitet, weil gerade dort das Entsorgungsproblem mit HBCD-haltigen Dämmstoffabfällen am größten war. Natürlich sind wir auch in engem Kontakt mit den Maler- und Stuckateurverbänden und den Estrichlegern. Wir sind zudem verstärkt mit dem Verband für Dämmsysteme, Putz und Mörtel in Gesprächen, auch über das Forum Sicheres Dämmen mit Handwerkern, die sind da involviert. Wir wollen den Handwerkern Informationen an die Hand geben, damit sie kritische Fragen ihrer Kunden beantworten können.

Wo sehen Sie für Ihren Verband neue Bündnispartner?

Der IVH ist in erster Linie ein Fachverband für unsere Dämmstoffe. Dass wir uns aber auch weiter politisch einbringen wollen, zeigt beispielsweise unser Umzug nach Berlin. Denn dort können wir in engem Schulterschluss mit unseren Partnern politische Aufgaben angehen. Wir sind aktiv in unserem europäischen Verband. Außerdem sind wir Mitglied im BuVEG, aber auch in der BDI-Initiative energieeffiziente Gebäude und bei der Allianz für Gebäudeenergieeffizienz.

Wie entwickelt sich denn derzeit der Markt für EPS?

Die Talfahrt haben wir hinter uns, der Branche geht es wieder besser, so wird es auch bleiben. EPS ist ein bewährter Baustoff. Unser Ziel ist, Marktanteile zurückzuholen. Wir hoffen natürlich auch, dass sich so langsam aber sicher der Sanierungsstau auflöst. Mit EPS ist sozialverträgliches Sanieren möglich.

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