Quelle: DEUTSCHE ROCKWOOL

Dämmstoffe kommen mit Wasser unterschiedlich gut zurecht

Korrektes Handeln kann Dämmung nach Hochwasser retten

Organische Dämmung muss nach Durchfeuchtung schnell getrocknet werden. © Sven-e7o/Pixelio

Der Gesamtverband der Dämmstoffindustrie hat Tipps veröffentlicht, wie mit unterschiedlichen Dämmstoffen nach dem Hochwasser verfahren werden sollte.

In überfluteten Gebieten geht das Hochwasser langsam zurück. Experten geben Antwort auf die Frage, wie gedämmte Kellerwände, Kellerdecken, Fassaden und Außenwände behandelt werden müssen, um dauerhafte Schäden zu beseitigen.

Die Überflutung betraf bei einem Großteil der Gebäude Keller, Erdgeschoß und erstes Obergeschoß. Demnach sind Außenwände beheizter und unbeheizter Räume, gedämmte Kellerdecken und Fußbodendämmungen unter Estrichen betroffen.

Stand ein Gebäude auch mit dem Dachstuhl im Wasser, ist davon auszugehen, dass nicht nur die Dämmung, sondern auch viele Holzbauteile vollständig durchnässt sind. Hier muss die Konstruktion ohnehin geöffnet werden, damit sie ohne dauerhafte Holzschädigung austrocknen kann. Zudem sind gedämmte Installationsleitungen und Heizungsrohre betroffen.

Die Dauer der Überschwemmung variierte vor allem mit geographischer Lage und Neigung des überfluteten Geländes. Sie war regional sehr unterschiedlich und schwankt zwischen wenigen Stunden und Wochen. Vielerorts standen Gebäude tagelang meterhoch unter Wasser, das teilweise mit Schlamm durchsetzt und stark verunreinigt war.

Für die dynamische Simulation des Austrocknungsverhaltens gehen wir von Konstruktionen aus, die über 14 Tage vollständig untergetaucht waren. Betroffen sind alle üblichen Außenwandkonstruktionen mit Außen-, Innen- und Kerndämmung, gedämmte Kellerdecken und Fußbodendämmungen mit Trittschalldämmung unter dem Estrich. Da davon auszugehen ist, dass das Wasser in der Mehrzahl der Fälle innen und außen gleich hoch stand, ist die Schädigung bei Außenwänden unabhängig von der Lage der Dämmschicht.

Bei den durchnässten Schichten und Bauteilaufbauten bestehen jedoch große Unterschiede hinsichtlich des Austrocknungsverhaltens. Der Grad der Beschädigung der Dämmstoffstruktur und der Verunreinigung des Bauteils, die nach der Austrocknung verbleibt, ist in die Entscheidung, die zu einer vollständigen Sanierung des Bauteils führen kann, mit einzubeziehen.

Die meisten Bau- und Dämmstoffe haben in ihrer Struktur große und kleine Hohlräume - Poren oder Zellen - die mit Luft oder Zellgas gefüllt sind. Zudem gibt es bei vielen Stoffen - vor allem bei Mauerwerksmaterialien - auch feine Kanäle, sogenannte Kapillaren, in denen Wasser besonders gut transportiert wird und sogar nach oben steigen kann.

Beim Untertauchen dringt Wasser in diese Materialien ein und verdrängt die Luft aus den Hohlräumen. Je nach der Größe der Poren und Kapillaren geht das unterschiedlich schnell. Große Hohlräume füllen sich deutlich schneller mit Wasser als kleine Hohlräume. Allgemein gilt, je poröser ein Material ist, desto mehr Wasser kann es in seinem Porenraum aufnehmen. Materialien mit dichter Struktur (z.B. Beton) nehmen nur wenig Wasser auf.

Einige Dämmstoffe (extrudiertes Polystyrol (XPS), Polyurethan (PU) und Schaumglas (CG)), weisen überwiegend geschlossene Zellen auf, in denen sich Zellgas zur Verbesserung der Dämmeigenschaften befindet. Diese Stoffe nehmen trotz großen Porenraums kein oder nur sehr wenig Wasser auf, da die geschlossenen Zellwände das Ausdiffundieren der Zellgase verhindern und umgekehrt dann natürlich auch kein Wasser hineinlassen.

Für alle feuchten oder nassen Dämmstoffe gilt, dass die Wärmeleitfähigkeit mit zunehmendem Feuchtegehalt steigt und damit der Wärmedurchlasswiderstand der Bauteile sinkt. Das bedeutet, durchfeuchtete Bauteile haben einen schlechteren Wärmeschutz als trockene Bauteile. Nehmen harte Dämmplatten Feuchte auf, können sie quellen und es kann zu Rissbildung bei angrenzenden Baustoffschichten kommen.

Bei der Beurteilung möglicher Schäden an den Dämmschichten muss nach Material und Lieferform der Dämmstoffe unterschieden werden. Oft gibt auch der Anwendungsbereich der Dämmstoffe einen ersten Hinweis auf das Verhalten bei Durchfeuchtung.

Dämmstoffe, die für Anwendungen im Erdreich und am Sockel von Gebäuden konstruiert wurden, sogenannte Perimeterdämmungen, werden im Zulassungsverfahren auf Wasseraufnahme bei teilweisem oder vollständigem Eintauchen getestet. Nur wenn sie kein - oder nur sehr wenig - Wasser aufnehmen, bekommen sie eine bauaufsichtliche Zulassung für diesen Einsatzbereich. Bei solchen Dämmstoffen sind keine Schäden an der Dämmung durch das Hochwasser zu erwarten. Als Perimeterdämmung werden üblicherweise extrudiertes Polystyrol (XPS), Schaumglas (CG), Polyurethan (PU), und in den letzten Jahren auch expandiertes Polystyrol (EPS) mit hoher Rohdichte und guter Verschweißung der Perlen eingesetzt.

Andere geschlossenzellige Dämmstoffe auf Kunststoffbasis (z.B. Phenolharz (PF), synthetischer Kautschuk oder Polyethylen (PE)) verhalten sich ähnlich. Sie werden im Zulassungsverfahren zwar in der Regel nicht auf Wasseraufnahme untersucht, nehmen aber schon aufgrund ihrer Porenstruktur mit geschlossenen Hohlräumen kaum Wasser auf. Expandiertes Polystyrol (EPS) gilt zwar als offenzelliger Dämmstoff, nimmt aber bei Lagerung unter Wasser ebenfalls nur geringe Mengen Feuchtigkeit auf. Das gilt auch für EPS mit geringer Rohdichte, wie es häufig in Wärmedämmverbundsystemen eingesetzt wird.

EPS wird auch häufig als Trittschalldämmung eingesetzt. Hier existieren langjährige Erfahrungen mit Wasserschäden aus Wasch- und Spülmaschinen. Mit der richtigen Trocknungstechnik werden die Trittschalldämmung und der Estrich wieder trocken. Für die Dämmung entsteht aus einem solchen Wasserschaden keine dauerhafte Schädigung.

Offenzellige anorganische Dämmstoffe, z.B. Mineralwolle (MW), expandierte Perlite (EP) und andere Schüttdämmstoffe nehmen beim Untertauchen bis zu einem gewissen Grad (abhängig von der Hydrophobierung des Materials) Wasser auf. Sie können es aufgrund ihrer offenen Struktur aber auch relativ rasch wieder abgeben.

Für viele Dämmstoffe bedeutet eine einmalige Durchnässung nicht automatisch, dass sie dauerhaft geschädigt werden. Mineralwolleplatten für den Einsatz in Wärmedämmverbundsystemen (WDVS) werden bei der Herstellung mit einem Spezialöl behandelt. Dabei werden die Fasern wasserabweisend eingestellt. Kommen während der Durchfeuchtung keine weiteren Belastungen aus mechanischer Beanspruchung und Verunreinigung der Dämmschicht und erhöhter Temperatur hinzu, haben die Mineralwolleplatten nach der Trocknung wieder ähnliche Eigenschaften wie vor dem Hochwasserereignis.

Sind nasse Mineralwolldämmungen über einen längeren Zeitraum (mehrere Monate) einer erhöhten Temperatur oder starken Temperaturschwankungen ausgesetzt, können sich Druckbelastbarkeit und Zugfestigkeit reduzieren. Kann viel Wasser in die Konstruktion eindringen, erhöht sich das Eigengewicht der Dämmung. Befestigungen (Dübel, Schienen, Schrauben, Nägel) sind einer deutlich höheren Belastung ausgesetzt. Zudem kann die Haft- und Querzugfestigkeit direkt angebrachter Schichten (z.B. Putzschichten) beeinflusst sein. Werden hier Verformungen oder Risse festgestellt, sollte die Konstruktion komplett erneuert werden.

Bei losen Dämmungen, z.B. im zweischaligen Mauerwerk und bei Holzständerbauweise, (Mineralwolleflocken, expandierte Perlite (EP), etc.) besteht nach dem Abfließen des Wassers die Gefahr von Setzungen und die Bildung von Hohlräumen, die zu Wärmebrücken nach der Austrocknungszeit führen. Erkennen kann man solche Stellen durch thermografische Aufnahmen oder durch Untersuchungen mit einem Endoskop. Zu beachten ist hier, dass die Thermografie nur bei ausreichend großer Temperaturdifferenz zwischen Innen und Außen aussagekräftige Ergebnisse liefert - also vor allem während der Heizperiode im Winter.

Perlite und Mineralwolle werden auch zur Verbesserung der Dämmeigenschaften in hochwärmedämmenden Mauersteinen eingesetzt. Üblicherweise haben diese Dämmstoffe für die Verwendung in den Kammern von Mauersteinen eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (als Dämmstoff für das zweischalige Mauerwerk) und sind vollständig hydrophobiert. Sie nehmen daher nur langsam Wasser auf. Die Austrocknung dauert bei solchen gefüllten Mauersteinen jedoch länger als bei ungefüllten Steinen mit Luftkammern.

Leichte Faserdämmstoffe für den Einsatz in Steildächern oder Holzbauwänden reagieren meist empfindlich auf Durchfeuchtung. Zudem sind hier meistens auch Holzbauteile betroffen, die offengelegt werden müssen um schnell und gut austrocknen zu können. Viele organische Dämmstoffe wie z.B. Holzfasern (WF), Zellulose, Hanf, Flachs etc. können große Mengen Wasser aufnehmen. Hier ist ein Ausbau der Dämmschichten ratsam, um eventuelle Fäulnis oder Schimmelpilzschäden zu vermeiden.

Schimmelpilze brauchen für ihr Wachstum einen Nährboden, ausreichend Feuchtigkeit und passende Temperaturen. Viele Stoffe in und auf Bauteilen, wie organische Stoffe, Tapeten oder Staub, dienen Schimmelpilzen als Nährstoffe. Hierzu gehören auch die eingeschwemmten organischen Verunreinigungen des Hochwassers. Temperaturen zwischen 5 °C und 40 °C werden in Gebäuden praktisch immer erreicht. Schimmelpilze wachsen, wenn in Bauteilen die relative Feuchte in Poren und Hohlräumen bei 80 % bis 100 % liegt. Sie wachsen jedoch nicht in flüssigem Wasser und auf trockenen Bauteilen.

Bei einer einmaligen und zeitlich begrenzten Durchnässung ist dann nicht mit Schimmelpilzbildung zu rechnen, wenn es gelingt, durch rasche Trocknung die Feuchte unter 80 % zu bringen. Untersuchungen zeigen, dass monolithisches Mauerwerk mit üblichen Putzschichten langsamer austrocknet als monolithisches Mauerwerk ohne Putz. Der Grund ist ein verringerter Kapillartransport über die Grenzschicht zwischen Mauerwerksbaustoff und Putz. Befindet sich an einer solchen Wand zusätzlich noch eine Dämmschicht, kann die Austrocknung nur noch durch Wasserdampfdiffusion stattfinden, die bei diffusionshemmenden Dämmstoffen entsprechend langsam verläuft. Die Austrocknungsgeschwindigkeit hängt hier direkt von den Wasserdampfdiffusionswiderständen des Putzes und der Dämmschicht ab.

Genauere Aussagen über das Austrocknungsverhalten eines Gebäudes nach einem Hochwasserereignis können nur instationäre hygrothermische Bauteil- und Gebäudesimulationen mit Programmen wie WUFI oder WUFI Plus liefern. Dabei werden unter realistischen Randbedingungen Trocknungsraten, Dauer, Energieaufwand und mögliche Risiken wie Schimmelpilzwachstum errechnet.

Diese Art von Berechnungen zeigen, dass beispielsweise eine Außenwand mit WDVS, bei der direkt Wasser in die Dämmebene eingedrungen ist, sowohl im System mit EPS als auch im System mit Mineralwolle, innerhalb eines Jahres wieder austrocknet. Das massive Mauerwerk dahinter ist unabhängig von den untersuchten Baustoffen nach zirka 2 bis 3 Jahren wieder bei dem Ausgleichsfeuchtegehalt angelangt, den es vor dem Hochwasserereignis hatte.

Für eine detaillierte Aussage, die auch die Verunreinigungen bis hin zu verbleibenden Kontaminierungen betreffen, sollte aber in jedem Fall ein kompetenter Sachverständiger und/oder ein Untersuchungslabor herangezogen werden, der die vorgefundene Situation am Gebäude beurteilt und das Austrocknungspotenzial der Aufbauten für das jeweilige Gebäude untersucht. Hier bieten sich instationäre feuchtetechnische Berechnungen zur Vorhersage des Schadenspotenzials an.

Wenn Räume während der Austrocknung voll genutzt werden, sollten Raumluftproben analysiert werden, um flüchtige Stoffe aus der Diffusion zur Raumseite zu identifizieren, welche die Gesundheit der Bewohner beeinträchtigen können.

Prof. Andreas H. Holm, Christoph Sprengard, Holger Simon Forschungsinstitut für Wärmeschutz e.V. (FIW) München; Hartwig Künzel Fraunhofer-Institut für Bauphysik (IBP), Holzkirchen. Auftraggeber dieses fachwissenschaftlichen Artikels ist der Gesamtverband Dämmstoffindustrie GDI

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