Quelle: DEUTSCHE ROCKWOOL

Mehrkosten für Passivhäuser liegen nur noch bei 5 bis 8 Prozent

Konkurrenz für Passivhäuser wächst

Frank Junker (rechts) spricht von Mehrkosten für Passivhäuser zwischen 5 und 8 Prozent. © Pia Grund-Ludwig

Konzepte für den Passivhaus-Bau stellte die Passivhauskonferenz im April 2013 in Frankfurt vor.

Das Passivhaus muss sich zunehmender Konkurrenz stellen: Solarhäuser, Energieplushäuser und andere Konzepte mehr. Das Passivhaus sei aber keineswegs in der Defensive, betonte Wolfgang Feist, Chef des Passivhaus-Instituts auf der Passivhaus-Tagung in Frankfurt: "Das Passivhaus-Konzept hat die niedrigsten Gesamtkosten von allen Alternativen, ob man das an Nahwärme anschließt oder WP oder Biomassenheizung, Flexibilität ist enorm."

Über viel Erfahrung im Passivhausbau verfügt die Frankfurter Wohnungsbaugesellschaft ABG. Geschäftsführer Frank Junker konnte sich einen Seitenhieb auf die selbst ernannte Öko-Hauptstadt Freiburg nicht verkneifen: Man baue in Frankfurt keine Leuchttürme, sondern investiere in Passivhäuser, weil sich das rechne. Jedes einzelne Objekt müsse dabei einen positiven Deckungsbeitrag leisten.

2.000 Wohneinheiten hat die ABG mittlerweile in Passivhauhausbauweise gebaut. Darunter auch zahlreiche Wohnungen im sozialen Wohnungsbau. Aufgrund der großen Zahl realisierter Objekte habe man auch einen Überblick über die Mehrkosten, betonte Junker. Sie lägen zwischen 5 und 8 Prozent. Das sei für Deutschland nachgewiesen, aber ebenso für die Europäische Union aufgrund einer Studie der Energieagentur Luxemburg.

Das Konzept gehe auf, rechnete Junker am Beispiel einer 107 Quadratmeter großen Wohnung im ersten Passivhaus-Geschosswohnungsbau in der Grimmstraße in Bockenheim vor. Eine vierköpfige Familie habe im Durchschnitt in Deutschland 1 Euro Heizkosten pro Quadratmeter und Monat, in Frankfurt seien es pauschal 6 bis 8 Euro insgesamt pro Monat.

Das Credo der Frankfurter ABG: Ein Passivhaus sollte nicht auffallen und auf den ersten Blick erkennbar sein. Das zeigte Junker am Beispiel des Diakonissenareals, einem Mehrgenerationenprojekt als Passivhaus. Dort wurde ein Teil neu gebaut, ein weiterer in Rekonstruktion eines maroden Altbaus in Passivhausbauweise 2012 erstellt.

Häufig verzichtet die ABG mittlerweile auf die Abrechnung und Erfassung der Heizkosten, "das wäre teurer als Flatrate", so Junker. Früher ging das nur mit Ausnahmegenehmigung, heute ist es bei einem Bedarf unter 15 kWh Abrechnung nicht mehr notwendig.

Der Trend zum Passivhaus gilt auch für Bauvorhaben der Stadt Frankfurt insgesamt: "Unsere Energiemanager untersuchen für jedes Bauvorhaben, welche Mehrkosten ein Passivhaus bringt. In über 90 Prozent ist das Ergebnis, dass ein Passivhaus die wirtschaftlichste Variante ist", berichtete Olaf Cunitz, Bürgermeister und Planungsdezernent der Stadt Frankfurt am Main.

Wolfgang Feist brach eine Lanze für das Thema Effizienz. Die Europäische Kommission kämpfe für die Umsetzung der Energiestandards ab 2020, Unternehmen wie die ABG hätten diese bereits mit ökonomischem Erfolg realisiert. Dabei habe nicht ökologische Ethik hinter dem Wunsch Passivhaus gestanden, sondern der Wunsch, als Unternehmen erfolgreich zu sein. Dabei läge das Kostenoptimum in immer mehr Bausegmenten bei dem, was im Passivhaus gemacht werde. Das gelte für den Wärmeschutz der Außenwand, "die gleiche Entwicklung hatten wir im Bereich der Fenster. Die Fensterbranche hat das Versprechen gehalten, dass das Fenster als entscheidender Kostenfaktor reduziert wird", berichtet Feist.

Die höchsten Kosten im Passivhaus seien in der Regel die für Strom, und die könnten die Bewohner durch Effizienzmaßnahmen reduzieren. Neue Ideen sollen im Passivhaus-Award 2014 prämiert werden. Ausgeschrieben ist der Wettbewerb für unterschiedliche Projekte in Neubau, Modernisierung und für Quartiere, eine Einreichung ist bis 30. September 2013 möglich.

Entscheidend ist auch, die Erfahrungen mit dem Passivhausbau weiterzugeben. Thilo Cunz stellte dazu erste Erfahrungen aus dem Projekt Building Together vor. Dessen Ziel ist es, einen vordefinierten Typ eines Mehrfamilienhauses in Passivhausbauweise so anzupassen, dass er zu den Baugewohnheiten und Vorschriften unterschiedlicher europäischer Länder passt. Das Knowhow dazu sei in Deutschland viel größer als in anderen Ländern, "wir können den Partnern in den anderen Ländern erklären, was die Anforderungen an die Fachplanung sind", berichtete Cunz. Am Ende werden die verfügbaren Werkzeuge zusammengetragen, sie sollen die Passivhaus-Software PHPP ergänzen und dabei auch die Lebenszykluskosten mit abbilden.

Ein konkretes Objekt, zu dem mittlerweile Meßdaten aus dem Betrieb und eine Analyse von Schwachstellen vorliegen, stellte Florian Kagerer vom Fraunhofer ISE mit dem sanierten Mehrfamilienhaus in der Bugginger Straße 50 in Freiburg vor. Die Sanierung war im Februar 2011 abgeschlossen, nach einer Optimierung der thermischen Eigenschaften, 200 Millimeter Dämmung auf der Fassade und 170 Millimeter unter dem Dach, dem Einbau von 3-Fach-Glas-Fenstern Zu- und Abluft mit WRG, konnte der Wärmeverbrauch um die Hälfte reduziert werden. Er liegt bei 48 kWh pro m² und Jahr. Davon entfallen auf Raumwärme 15 kWh trotz einer mittleren Raumtemperatur von 21 Grad während der Heizperiode.

Die Lüftungsanlage sei das Sorgenkind gewesen, so Kagerer. Der Wärmebereitstellungsgrad von 56 Prozent war suboptimal, außerdem gab es einen deutlichen Abluftüberschuss. Der Grund: Es gab zur Bauzeit noch kein zertifiziertes zentrales Lüftungsgerät in der benötigten Leistungsklasse. Dezentrale Lösungen kamen aufgrund des höheren Aufwandes für Brandklappen und Wartung nicht in Frage.

Spannende These des Fraunhofer-Experten: Im Zusammenhang mit der effizienterer Fenwärme verlören Maßnahmen wie Wärmerückgewinnung ohnehin an Einfluss, "aufwändige Maßnahmen der Wärmeeinsparung wie hochgedämmte Fensterrahmen oder Lüftung mit Wärmerückgewinnung sind zu hinterfragen." Trotz einzelner Mängel wurden aber im Freiburger Objekt berechnete Ziele erreicht.
von Pia Grund-Ludwig

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