Mit einer durchschnittlichen Eigenversorgung von 53 Prozent, bezogen auf Haushaltsstrom, Warmwasser, Heizung und Kühlung, erreichte die Siedlung rund 80 Prozent der im Vorfeld berechneten Simulationswerte. Die Abweichung liegt an der Kühlung: „Lässt man außergewöhnliche Faktoren außen vor, wie zum Beispiel die Kühlung, die bei der Simulation der Anlagentechnik nicht berücksichtigt war, sind wir in etwa bei unserer errechneten Eigenversorgung von 70 Prozent“, so Steffen Mechter, Leiter Strategische Geschäftsentwicklung bei BayWa Baustoffe.
Ein Jahr Hügelshart zeige aber auch, wie immens wichtig das Nutzerverhalten und Energiemanagement sei. Die Siedlung in Hügelshart bei Augsburg gilt als Deutschlands erste, nach den Kriterien des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Bau erstellte Effizienzhaus Plus-Siedlung: Die 13 Hauseinheiten, neun Einfamilienhäuser und vier Doppelhaushälften, sind jeweils mit Klimadecken, einer Photovoltaikanlage, einer Luft-Wasser-Wärmepumpe mit Inverter-Technologie und thermischem Wasserspeicher sowie einem Batteriespeicher ausgestattet und sollen so mehr Energie erzeugen, als die Bewohner der Siedlung im Jahresdurchschnitt verbrauchen.
Den Mehrpreis für das Plus an Energie gibt der Bauträger mit zwischen 25.000 und 30.000 Euro pro Haus an, bei einer Nutzfläche von bis zu 148 Quadratmetern. Diese Mehrkosten amortisieren sich bei den Einfamilienhäusern nach zirka 15 Jahren durch eingesparte Energiekosten, bei den Doppelhaushälften dauert es etwas länger, da die Dachflächen kleiner sind. Die Baukosten lagen inklusive Haustechnik und ohne Grundstückskosten bei zirka 3000 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche.
Das Plus an Energie entsteht nicht nur eine möglichst große Reduktion des Verbrauchs, sondern durch Energieerzeugung vor Ort durch große Solaranlagen auf den Dächern. „Wir wollten nicht maximal dämmen und auch nicht zu viel Elektronik, sondern relativ enttechnisierte Häuser mit einfacher Bedienung“ erklärt Berhard Jakob, Geschäftsführer des Bauträgers Asset Bauen Wohnen GmbH bei der Einweihung das Konzept.
Gebaut wurde in Massivhausbauweise mit perlit-gefüllten Ziegeln. Die Dachkonstruktion kombiniert mineralische Zwischensparrendämmung und Aufdachdämmung. Die opaken Bauteile haben einen Wärmedurchlass von 0,12 bis 0,15 W/m2K, die Fenster bringen es auf 0,8 W/m2K.
Seit dem Bezug der Häuser, der sukzessive ab Mitte 2017 bis zum Jahreswechsel 2017/18 erfolgte, liegen nun Nutzungs- und Betriebsdaten für einen Zeitraum von rund einem Jahr vor: Insgesamt wurde im Durchschnitt 53 Prozent der erforderlichen Energie selbst erzeugt. Beim Startschuss war von einem Autarkiegrad von über 70 Prozent die Rede.
Bei der Auswertung fiel auf, dass das Verhalten der Bewohner deutlich größere Auswirkungen auf die Energiebilanz eines Gebäudes hat, als ursprünglich angenommen. „So lag der Haushaltsstrom um einiges höher, als die in der Simulation angesetzten 3.200 kWh/a. Zurückführen lässt sich dies zum Beispiel auf den extrem heißen Sommer im letzten Jahr, der die Bewohner veranlasste, vermehrt zu kühlen. Hier sollte über Anpassungen im Energiemanagement noch besser die Energie aus der Photovoltaikanlage genutzt werden können“, so Mechter mit Blick auf Optimierungsansätze für neue Projekte.
Die Auswertungen ließen aber auch Rückschlüsse zu, wie die Hausbewohner ohne Komforteinbußen allein durch bewussteres Verhalten die Eigenverbrauchswerte positiv beeinflussen könnten.
„Die vorliegenden Ergebnisse zeigen nicht zuletzt, dass der Ansatz, Standardkomponenten in der Haustechnik passend zu dimensionieren und klug zu kombinieren, absolut richtig war. Das gilt insbesondere für die verwendeten Photovoltaikkomponenten, ohne die – aus Energieperspektive – heutzutage eigentlich kein Haus mehr gebaut werden sollte“, erklärt Elke Dehlinger, Produktmanagerin bei der BayWa r.e. Die auf erneuerbare Energien spezialisierte BayWa Tochter war beim Projekt für die Anlagenkonzeption verantwortlich.
Neben Photovoltaikanlage und Batteriespeicher wurde in jeder Einheit eine Luft-Wasser-Wärmepumpe von Stiebel Eltron installiert, die in der Siedlung die elementaren haustechnischen Funktionen Heizen, Kühlen, Lüften und Warmwasserbereiten übernimmt. „Die Versorgung der Luft-Wasser-Wärmepumpe durch die PV-Anlage beträgt im Schnitt 50 Prozent, davon deckt die Batterie 6 bis 7 Prozent ab. Somit musste die Wärmepumpe weniger als die Hälfte ihres Strombedarfs aus dem Netz beziehen“, erklärt Oliver Bast, Produktmanager von Stiebel Eltron.
Die BayWa r.e. wird die Daten für die Siedlung gemeinsam mit den beteiligten Projektpartnern auch in den kommenden zwei Jahren auswerten und das Projekt langfristig begleiten. Die Unternehmen versprechen sich daraus weitere wichtige Erkenntnisse für die Konzeption und Nutzung von Energieeffizienzhäusern Plus sowie für die stetige Verbesserung des Eigenverbrauchs und somit der Unabhängigkeit vom Energielieferanten. pgl