Quelle: DEUTSCHE ROCKWOOL

IWU legt Zahlen nach zwei Jahren Monitoring vor

Gute Bilanz im Plusenergie-Mietwohnungsbau

Das Monitoring des Plusenergiehauses in der Frankfurter Cordierstraße ist positiv. © ABG

Das Monitoring des Plusenergie-Mietshauses in der Frankfurter Cordierstraße zieht eine positive Bilanz.

Frankfurt gilt als Deutschlands Passivhaus-Hauptstadt, die Wohnungsbaugesellschaft ABG als Vorreiterin. Das Institut für Wohnen und Umwelt (IWU) in Darmstadt hat sich mit der Cordierstraße 4 am Rande des Gallus-Viertels eines der Vorzeigeobjekte für ein Monitoring ausgesucht. Dort wurde nicht nur nach den Prinzipien des Passivhauses gebaut, sondern außerdem im Plusenergiehaus eine positive Energiebilanz erzielt. Dabei hat sich das IWU auch mit der Frage befasst, wie es mit der Rentabilität für Mieter und Vermieter aussieht.

Bezugsfertig war das Gebäude im Frühjahr 2014, ab Juli 2014 bis Juni 2016 wurden zahlreiche Messdaten zur Energiebilanz erhoben. Die zentralen Kenndaten wie Stromverbrauch und Heizwärmebedarf bewegen sich im Rahmen dessen, was die Planer erwartet haben. Dennoch zeigte sich, dass bei so ambitionierten Projekten eine messtechnische Begleitung sinnvoll ist, um Ungenauigkeiten beim Feintuning und im Betrieb der Anlagentechnik zu erkennen und nach den Betriebserfahrungen der ersten Jahre zu optimieren. Nachbesserungen wurden bei der Anlage sowohl bei einer nachträglichen Dämmung des Speicherbodens als auch beim Zusammenspiel der einzelnen Komponenten vorgenommen.

Technikmix sorgt für gleichmäßige Stromerträge

Bei der Stromerzeugung zeigte sich ein relativ ausgeglichener Jahresgang. Das hat dazu geführt, dass nicht nur in den Sommermonaten, sondern fast das ganze Jahr über ein Überschuss an Strom angefallen ist. Lediglich in einem Monat war die Bilanz negativ. Auf Tagesbasis wurde an 85 Tagen ein Stromüberschuss erreicht.

Die auf Dach, Carport und Fassade installierten PV-Module und das mit Biomethan betriebene Blockheizkraftwerk haben sich mit der ebenfalls installierten Solarthermieanlage ergänzt. Der Eigenverbrauch lag bei 42 und 50 Prozent, der Autarkiegrad bei 71 Prozent im ersten und bei 78 Prozent im zweiten Meßjahr. Im ersten Winter war der Energiespeicher aus Sicherheitsgründen einige Monate lang nicht in Betrieb.

Im Sommer liefert die Solarthermieanlage mit Vakuumröhren den größten Teil der notwendigen Wärme, im Winter das BHKW. Im Jahresmittel kommt zirka ein Drittel der Wärme von der Sonne, fast der komplette Rest aus dem BHKW.

Nutzer wollen mehr als 20 Grad Raumtemperatur

Die Bilanz der Experten: Insgesamt konnte das Gebäude die Ziele der Planung auch in der Praxis bestätigen, obowohl die Nutzer deutlich höhere Temperaturen eingestellt hatten als in den Standardrandbedingungen der Energiebilanz angesetzt.

Das ist eine Erfahrung auch aus anderen Projekten mit Langzeit-Monitoring: Wenn Bewohner die Möglichkeit haben, geben sie sich nicht mit den vorgesehenen Normtemperaturen von 20 Grad im Winter zufrieden sondern gehen eher auf 22 Grad. Das macht die Planung neuer Heizungen schwierig, da die DIN-Normen von Randbedingungen ausgehen, die die Bewohner nicht erfüllen. In der Cordierstraße hatte dies den Effekt, dass die Laufzeiten des BHKW länger waren als erwartet und durch den höheren Wärmebedarf auch die Stromerzeugung stieg. Auch die PV-Module lieferten mehr Ertrag als gedacht.

Herstellungskosten liegen bei 2700 Euro pro Quadratmeter

Der Baustandard des Plusenergiehauses hat zudem dazu geführt, dass die Brutto-Herstellungskosten hoch sind. Sie lagen beim Frankfurter Projekt trotz eines erfahrenen Passivhaus-Bauherren immer noch bei knapp 2700 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche für die Kostengruppen 300 und 400.

Erreicht wurde die positive Energiebilanz durch sehr viele Puzzlesteine wie einen guten Wärmeschutz der Außenhülle vom Kellerboden bis zum Dach, einer optimierten Architektur durch Erschließung über Laubengänge, vorgestellte Balkone und die Vermeidung von Wärmebrücken. Für den sommerlichen Wärmeschutz wurden alle Fenster mit Süd- und Westausrichtung mit Verschattungselementen versehen um den Lüftungsbedarf möglichst gering zu halten.

Doch auch an relativ kleinen Schrauben wurde gedreht. So wird eine Zellmembranelektrolyse verwendet, um das Trinkwasser zu desinfizieren. Dadurch ist es möglich, die Warmwassertemperatur auf 48 Grad zu begrenzen, das reduziert die Wärmeverluste in den Leitungen. Normalerweise sind deutlich höhere Temperaturen vorgeschrieben, um Legionellen vorzubeugen. Das Gesundheitsamt hat dem Einsatz dieser Technik zugestimmt.

Fazit fällt insgesamt positiv aus

Besonders spannend ist aber, ob mit dem Einsatz dieses anspruchsvollen Technik- und Baustandards Mieter und Vermieter auf ihre Kosten kommen. Aussagen zur Wirtschaftlichkeit der Gesamtmaßnahme trifft die Studie explizit nicht. Einen Vorteil hat das Konzept für den Vermieter definitiv: Der Heizwärmebedarf ist so gering, dass es warm vermietet wird. Darin sind auch die Kosten für die Trinkwassererwärmung enthalten. Kosten und Aufwand für die Abrechnung entfallen. Im Meßzeitraum gab es außerdem noch ein Stromguthaben von Strom aus Dach und Keller für die Mieter.

Aus Sicht des Vermieters muss ein monatlicher Mietmehrertrag von 91 Cent pro Quadratmeter und Monat erzielt werden, um die Mehrkosten zu decken. Einen Anteil von zirka 30 Cent ließe sich über den Wärmeanteil der Miete und das Strombudget decken. Aus Sicht der Mieter ergibt sich nach einer groben Abschätzung gegenüber einem nach der damals gültigen EnEV 2009 gebauten Haus bei den warmen Betriebkosten eine Einsparung von 43 Cent. Da außerdem die gemessenen Temperaturen höher waren, wäre das durch die Warmmietenpauschale erzielte Plus eher leicht größer. Das entspricht fast dem Mietmehrertrag.

Das Fazit der Forscher: Zusammen mit den Mehrerträgen auf der Vermieterseite erscheint das umgesetzte Gebäudekonzept sowohl für den Investor als auch den Mieter letztlich vorteilhaft zu sein. Gleichzeitig hat sich aber gezeigt, dass umfangreiches Monitoring notwendig ist, um den optimalen Betrieb sicherzustellen. von Pia Grund-Ludwig

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