Quelle: DEUTSCHE ROCKWOOL

Ab Oktober ist Entsorgung als gefährlicher Abfall vorgeschrieben

Entsorger warnen vor Engpässen bei Dämm-Müll mit HBCD

Die Entsorgung von Bauabfällen mit WDVS wird ab Oktober schwieriger. © B. Baumann

Die Einstufung von Dämmabfall mit HBCD als gefährlichem Abfall könnte in der Entsorgung und im Recycling Probleme machen.

Dämmstoffe aus EPS für Wärmedämmverbundsysteme mit dem Brandschutzmittel HBCD sind ab Oktober als gefährlicher Abfall eingestuft. Für neue Produkte hat das keine große Relevanz, die kommen ohnehin so gut wie vollständig ohne das Gift aus, das im Verdacht steht, Krebs zu erzeugen. Probleme könnten sich aber in der Entsorgung von rückgebauten Materialien und Verschnitt geben, warnen Verbände der Entsorgungswirtschaft.

Ab Oktober muss Dämmstoff aus Polystyrol mit HBCD separat behandelt werden, da er als gefährlicher Abfall gilt. Das gilt für so gut wie alle alten WDVS aus EPS. Hintergrund ist die POP-Verordnung der EU, die sich mit persistenten organischen Schadstoffen, abgekürzt aus dem Englischen als POP, befasst. Seit dem 22. März 2016 dürfen danach Produkte mit einem Gehalt von mehr als 100 mg/kg HBCD in der EU nicht mehr hergestellt oder in Verkehr gebracht werden.

Die Verordnung wurde in Deutschland auf Betreiben des Bundesrats so umgesetzt, dass Dämmstoff mit HBCD in der Entsorgung als gefährlicher Abfall gilt. Notwendig wäre dies nicht gewesen. Die POP-Verordnung fordert im Recycling eine Zerstörung von HBCD, keine Einsortierung als gefährlichen Abfall. "Man hätte die POP-Verordnung auch dadurch umsetzen können, dass man HBCD durch Verbrennung bei hohen Temperaturen im Prozess zerstört", so Sandra Gnier, Fachreferentin des Entsorger-Verbands BDE. Das sah der Gesetzesentwurf des Bundesumweltministeriums vor, der Beschluss des Bundesrats geht darüber hinaus.

Entsorger nehmen Müll mit EPS nicht mehr an

Diese weitergehende Regelung macht jetzt Probleme. Es ist eine Sonderbehandlung in den Müllverbrennungsanlagen notwendig, und deren Betreiber sehen sich dazu nicht in der Lage. Die ersten Entsorgungsbetriebe weigern sich bereits, Müll anzunehmen, der EPS enthält. Sie können sich das leisten, denn das Angebot an Müll ist groß.

Die Betreiber müssten erst sich so genannte Abfallschlüsselnummern gehemigen lassen, noch nicht alle haben das getan, sagt Carsten Spohn von der Interessengemeinschaft thermischer Abfallbehandlungsanlagen. Zuständig für die Vergabe der Nummern sind die Länder.

Schon jetzt sind die Betreiber nicht glücklich über EPS: Es braucht durch die geringe Dichte sehr viel Platz. Und in Zukunft sogar noch mehr, weil eine separate Verarbeitung vorgeschrieben ist. Fakt sei, so Spohn, dass ab Oktober vermehrt Monochargen, also Abfälle aus nur einem Material, zur Verfügung stünden, die der Entsorgungsmarkt nicht ohne Weiteres aufnehmen könne. Es drohe also ein Entsorgungsengpass.

Probleme gibt es auch beim Verschnitt von neuen WDVS

Das gesamte Abfallaufkommen in Deutschland liegt laut Statistischem Bundesamt bei rund 390.000 Kilotonnen. Nach Angaben der Bundesregierung fallen jährlich in Deutschland 230 Kilotonnen Dämmabfall an, davon sind 42 Kilotonnen Dämm-Materialabfall in Form von Polystyrol und 35 Kilotonnen gemischter Baustellenabfall. Diese Zahlen nannte die Bundesregierung in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion von "Die Grünen" im Februar 2015. Destatis schätzt die Zahl der Dämmabfälle insgesamt fast 50 Prozent höher ein.

Sie ist jedoch im Vergleich zum Gesamtabfallaufkommen immer noch gering. "Die Mengen an WDVS mit EPS in der Entsorgung sind überschaubar, da die meisten WDVS eine hohe Lebensdauer haben und eher ausgebessert als entsorgt werden. Ein Problem stellen allerdings momentan die Verschnittmengen bei neuen WDVS dar. Obwohl die Dämmstoffe nach Aussagen der Hersteller kein HBCD mehr enthalten, verweigern die Entsorgungsunternehmen auch deren Annahme", berichtet Michael Heide, Geschäftsführer Unternehmensentwicklung im ZDB.

Durchführung von Sanierung mit WDVS aus EPS ist bedroht

Es gebe bereits Probleme, da die Hausmüllverbrennungsanlagen keine reinen Polystyrolabfälle annehmen. "Das Absurde ist, dass unsere Unternehmen gezwungen werden, diesen als gefährlich eingestuften Abfall separat zu entsorgen und genau diese Separation nunmehr den Hausmüllverbrennungsanlagen Schwierigkeiten bereitet, die es vorher nicht gab. Wenn nicht kurzfristig eine Lösung gefunden wird, können Polystyrol-Dämmstoffe alsbald weder verarbeitet noch zurück gebaut werden. Das wäre ein Tiefschlag für den energieeffizienten Wohnungsbau und würde die Baukosten weiter verteuern", so Heide weiter.

Erste Bauunternehmen berichten über Probleme bei der Anlieferung von Bauschutt, Informationen dazu liegen EnBauSa.de aus Sachsen vor. Gefragt seien nun die Länder, so Carsten Spohn. Die seien mit der Genehmigung der Abfallschlüssel im Verzug, nur Niedersachsen habe eine pragmatische Lösung gefunden. Immerhin 30 von insgesamt 69 Müllverbrennungsanlagen haben aber bereits den entsprechenden Abfallschlüssel im Annahmekatalog und könnten die Abfälle annehmen. Die Entsorger müssten rechtssichere und praxistaugliche Hinweise auch zum Umgang mit Baugemischen bekommen, fordert Spohn. von Pia Grund-Ludwig

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