Die Kosten für energieeffiziente Gebäude sind ein viel diskutiertes Thema. Für Wirbel hat in den vergangenen Wochen eine Untersuchung der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen gesorgt, die im Geschosswohnungsbau erhebliche Mehrkosten in Höhe von 30 Prozent für die Passivhausbauweise ermittelt hat.
Aus der Hamburger Passivhaus-Szene kam Kritik an der Methodik der Studie. Im Gespräch mit dem Online-Magazin EnBauSa.de hatte Jan Gerbitz vom AK Passivhaus unter anderem die Frage nach der Vergleichbarkeit der Daten über einen so langen Zeitraum aufgeworfen. Gegenübergestellt wurden in der Erhebung der Arbeitsgemeinschaft Projekte aus den Jahren 2000 bis 2010. "Damit vergleicht man aber zwei Epochen der Energieeinsparverordnung und drei Epochen Förderstandards", so der Einwand des Hamburger Passivhaus-Bauers.
"Die Richtlinien der EnEV 2009 sind sinngemäß schon seit Jahren Förderstandard als 'Niedrig-Energiehaus-Standard'-Erlass in Schleswig-Holstein, deshalb haben wir auch genügend Vergleichsobjekte", wendet Dietmar Walberg, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen ein.
Man könne nur baugleiche Objekte wirklich gegenüberstellen, war ein weiterer Einwand der Hamburger Passivhaus-Fachleute. Das ist aber in der Praxis bestenfalls in einzelnen Forschungsprojekten zu machen. Der Charakter eines Forschungsprojekts wiederum kann auch zu verfälschten Ergebnissen führen, da unter "Laborbedingungen" gebaut wird. "Nicht baugleiche Objekte gegenüberzustellen ist eine übliche statistische Methode", betont Barbara Schlesinger, Referentin für Architektur und Bautechnik bei der Bundesarchitektenkammer im Gespräch mit EnBauSa.de. Sie zweifle nicht an der Sachkunde der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen, betont sie.
Insgesamt stellt Schlesinger bei den Bauherren eine stärkere Kostensensibilität bei Sanierungsvorhaben fest: "Die Bauherren verlangen von den Architekten einen Wirtschaftslichkeitsnachweis in der Sanierung, das ist zunehmend zu beobachten." Die Bundesarchitektenkammer hat deshalb gemeinsam mit der Wohnungswirtschaft, Baustoffherstellern und Bauherrenverbänden eine Studie in Auftrag gegeben, die die Wirtschaftlichkeit der EnEV 2009 prüfen soll. "Das Grummeln geht hier quer durch alle Gruppen", beobachtet Schlesinger. "Auf Bundesebene muss aufgrund der immer schnelleren Intervalle der gesetzlichen Anforderungen für energetische Standards eine Evaluierung der Effekte und der unterschiedlichen wirtschaftlichen und technischen Aspekte für Neubauten und Sanierungen erfolgen", sagt auch Walberg.
Die in der Erhebung der Arbeitsgemeinschaft zu Tage geförderten Mehrkosten hätten sie erstaunt, sagt Schlesinger. "500 Euro mehr pro Quadratmeter ist eine Menge. Der Vergleich der Bruttobaukosten der Kostengruppen 3 und 4 ist aber üblich und lässt einen Kostenvergleich zu." Für Walberg ist auch die Höhe der Zuschüsse für Passivhausbauweise ein Indiz für die realen Mehrkosten: "Hamburg erkennt Mehrkosten von bis zu 600 Euro pro Quadratmeter für die Passivhausbauweise an. Das ist eine sinnvolle Begründung für eine sehr gute und effektive Förderung, die die Unwirtschaftlichkeit ausgleichen soll." "Wir sagen, Passivhäuser sind machbar, und Passivhaus-Bauer sollten sich selbstbewusst der Frage stellen können, ob die Wirtschaftlichkeit gegeben ist", ergänzt Schlesinger.
Insgesamt stellt sie bei den Bauherren eine stärkere Kostensensibilität bei Sanierungsvorhaben fest: "Die Bauherren verlangen von den Architekten einen Wirtschaftlichkeitsnachweis in der Sanierung." Das sei angesichts der verschärften Einsparverordnungen schwierig, deshalb habe die Architektenkammer gemeinsam mit der Wohnungswirtschaft, Herstellern und Bauherrenverbänden eine Studie in Auftrag gegeben, die die Wirtschaftlichkeit der EnEV 2009 prüfen soll. "Das Grummeln geht hier quer durch alle Gruppen", beobachtet Schlesinger.
Die Politik gehe in Richtung Passivhaus. Ob damit allein die ehrgeizigen Klimaschutzziele zu erreichen sind, sei unklar, sagt Schlesinger. Für Walberg ist zudem der Blick über den Tellerrand der Energieeffizienz wichtig: "Das Passivhaus ist aus meiner Sicht nur eine Antwort auf einen Teil der Zukunftsfragen des Bauens. Und es wird schon aufgrund der dogmatischen Festlegung auf den Heizwärmebedarf von 15 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr im Mietwohnungsbau weiter ein Nischendasein führen." Eine solch starre rechnerische Grenze und eine Fixierung auf die Luftheizung als Lüftung mit Wärmerückgewinnung zur Massenverwendung sei für die allgemeine Anwendung eher untauglich. Der Stand der Technik dürfe nicht mit den anerkannten Regeln der Technik verwechselt werden, sagt Walberg.
Zudem sei die Energieeffizienz nur ein Teilbereich des Nachhaltigen Bauens. "Ich bin mir nicht sicher, ob die Herausforderungen des demografischen Wandels, des altengerechten und barrierefreien Wohnens und der dauerhaften Nutzungsfähigkeit der Gebäude nicht sogar die größeren Zukunftsaufgaben sind", so Walberg. pgl