Die Fertigbauweise eignet sich auch für die Errichtung von Passivhäusern. Doch in der Branche ist umstritten, ob man sich sklavisch an die Vorgaben des Passivhaus-Instituts halten oder eher am Effizienzhaus 55 orientieren soll.
Die Anbieter von Fertighäusern setzen zunehmend auf Energieeffizienz. Viele haben die Produktion der vorgefertigten Bauteile umgestellt, um den entsprechenden Anforderungen nachzukommen. Dabei wurden keine vollkommen neuen Konzepte entwickelt, um Gebäude auch im Passivhausstandard bereitstellen zu können.
Das ist zumindest im Holzfertigbau auch nicht unbedingt nötig, wenn man dem Bundesverband Deutscher Fertigbau (BDF) glaubt. So stehe bei dieser Bauweise die Minimierung von Wärmeverlusten stärker im Vordergrund als die Heiztechnik, meint BDF-Experte Bastian Herzig. "Bei der Holz-Fertigbauweise wird automatisch eingeplant, dass auf der Sonnenseite des Hauses große Fenster zwecks thermischer Erwärmung angebracht sind", so Herzig weiter. Auf der entgegen gesetzten Hausseite gebe es dagegen nur kleine Fenster, um möglichst wenige Wärmebrücken entstehen zu lassen.
Um den Wärmeverlust zu reduzieren, verwenden die meisten Hersteller Holzrahmenkonstruktionen für die Außenwände, die mit Dämm-Material ausgefacht und mit Beplankungen versehen werden. So arbeitet etwa Schwörer-Haus mit Mineralfaser zur Wärmedämmung. Zum Schutz nach außen kommt unter anderem Cospan zum Einsatz – ein von Schwörer selbst entwickelter Holz-Zement-Massivbaustoff.
Ein anderes mögliches Dämmmaterial ist Hartschaum. Damit arbeitet etwa der Hersteller Wochner. Dieser ist auch ein Beispiel dafür, dass nicht nur die Holzfertigbauer das Thema Passivhaus in Angriff nehmen. Denn Wochner stellt Fertighäuser aus Blähtonelementen her. Der Anbieter will sich laut Gesellschafter Markus Wochner künftig bei allen neuen Gebäuden am Passivhausstandard orientieren. Dabei wählt er bewusst den Begriff "orientieren". Denn wie sinnvoll es ist, sich genau an die strengen Vorgaben des Passivhaus-Instituts zu halten, ist in der Branche umstritten.
So kritisiert zum Beispiel Dietmar Spitz, Marketingleiter beim Fertighaus-Anbieter Baufritz, dass sich die Mehrausgaben für ein Gebäude im Passivhausstandard im Vergleich zu einem KfW-Effizienzhaus 55 kaum rechnen würden. "Für ein Passivhaus mit einer Standardgröße von 130 Quadratmetern müssen etwa 30.000 bis 50.000 Euro mehr investiert werden", rechnet Spitz vor. Für ein Passivhaus mit einer Fläche von 148 Quadratmetern verlangt Konkurrent Schwörer-Haus zum Beispiel 257.000 Euro, während der durchschnittliche Verkaufspreis bei diesem Anbieter sonst bei 220.000 Euro liegt.
Die jährlichen Einsparungen bei einem Passivhaus gegenüber dem Effizienzhaus 55 liegen laut Spitz dagegen nur bei rund 400 Euro. Das rechne sich nicht, so Spitz, wenn man bedenke, dass mindestens alle 20 Jahre wieder größere Investitionen in die Haustechnik nötig seien. Außerdem bemängelt er, dass in der neuen Energieeinsparverordnung die Bewertung der Lüftungssysteme deutlich an Gewicht gewonnen hätte, während die der Dämmung reduziert worden sei. Das sei sehr nachteilig für den Fertigbau, da dort die Wände generell über sehr gute U-Werte verfügten und schließlich inklusive der Decken 80 Prozent des Hauses ausmachten.
Obwohl Baufritz das Thema Passivhaus also eher skeptisch sieht, hat aber auch der schwäbische Hersteller Passivhäuser im Angebot. Ein bezugsfertiges Gebäude mit einer Wohnfläche von 140 Quadratmetern ist hier für 244.000 Euro zu haben. Carola Kochner, Sprecherin von Schwörer-Haus, ist allerdings anderer Meinung als ihr Kollege: "Die Haustechnik eines Passivhauses ist weniger anfällig als konventionelle Technik." Daher sei es nicht notwendig, die Anlage wie in einem herkömmlichen Gebäude alle 15 oder 20 Jahre auf den neuesten Stand zu bringen. "Man investiert einmal und hat dann Ruhe", so Kochner. Sie räumt allerdings ein, dass die Unterschiede zwischen einem Effizienzhaus 55 und einem Passivhaus in Bezug auf die Energiewerte marginal seien. Ein Effizienzhaus 55 hat einen Primärenergiebedarf von 40 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr, beim Passivhaus sind es 15.
Laut Kochner hat Schwörer-Haus bisher schon weit über 100 Passivhäuser gebaut. Jeden Monat kämen zwei bis drei hinzu. Andere Anbieter wie Wochner verspüren dagegen eine stärkere Nachfrage nach KfW-55-Gebäuden. Für diesen Sektor berichtet Wochner von dreistelligen Stückzahlen. Passivhäuser mit entsprechender Zertifizierung bewegten sich dagegen im zweistelligen Bereich. "Das macht etwa 10 Prozent unserer Projekte aus", erklärt Wochner.
Auch bei der Heiztechnik gibt es Unterschiede zwischen den Herstellern. So folgt Schwörer-Haus den Vorgaben des Passivhaus-Instituts und vertraut ausschließlich auf die Lüftungsanlage, um den Restwärmebedarf des Gebäudes zu decken. So sorgt ein Wärmetauscher für eine Wärmerückgewinnung aus der Abluft von 90 Prozent. Zusätzlich kommt eine Kleinstwärmepumpe mit Nachheizregister und Erdwärmetauscher zum Einsatz. Für die Warmwasserversorgung ist hauptsächlich eine Solarthermieanlage auf dem Dach verantwortlich. Bei Bedarf lässt sich auch die Pumpe von Luft- auf Wassererwärmung umschalten.
Markus Wochner hat dagegen Bedenken gegen eine reine Beheizung des Hauses über die Lüftungsanlage. Wie andere Experten auch weist er darauf hin, dass die Luft in einem solchen Fall sehr trocken werden kann. Er empfiehlt daher zusätzliche Heiztechnik. Die Passivhäuser seines Unternehmens arbeiten mit Flächenheizungen, die die Masse der Wände als Wärmespeicher nutzen. 117mst