Quelle: DEUTSCHE ROCKWOOL

"Maßnahmen dürfen die Mieter nicht stärker belasten"

"Die Linke" stellt Ideen zur Gebäudesanierung vor

Debatte zur energetischen Sanierung. © Die Linke

Die Partei "Die Linke" hat ihre Vorstellungen zur Gebäudesanierung in einem Fachgespräch erläutert. Sie will eine Verbesserung der staatlichen Förderung, keine Belastung der Mieter und eine Berücksichtigung der wirtschaftlichen Möglichkeiten der Vermieter.

Um die angestrebten Klimaschutzziele zu erreichen, strebt die Bundesregierung im Gebäudebereich das Ziel einer Minderung des Energieeinsatzes für Raumwärme um 80 Prozent bis 2050 an. Dafür müssten laut BMU-Studie Bestandsgebäude unter Verwendung von Passivhauskomponenten saniert, und die Sanierungsrate von derzeit knapp einem Prozent verdoppelt werden. Verbände warnen vor einer Kostenexplosion. In einem Fachgespräch der Bundestagsfraktion "Die Linke" zum Thema "Klimaschutz und sozialverträgliche Gebäudesanierung" im Paul-Löbe-Haus in Berlin diskutierten Verbände und Experten über die Wirtschaftlichkeit und Sozialverträglichkeit dieser Forderungen.

"Mietexplosionen aufgrund von Klimaschutzmaßnahmen sind nicht akzeptabel. Wohnen ist schon heute eine existenziell teure Angelegenheit", beurteilte Heidrun Bluhm, wohnungspolitische Sprecherin der Fraktion "Die Linke" im Bundestag, den Gesetzesentwurf der Koalition. Von 40 Millionen Wohnungen in Deutschland sind 24 Millionen Mietwohnungen. Die Bundestagsfraktion unterstützt die Regelungen zur Gebäudesanierung, gleichzeitig sollen aber die Mieter aus sozialen Gründen nicht stärker belastet werden. Daneben müsse aber auch den berechtigten wirtschaftlichen Ansprüchen der Vermieter Rechnung getragen werden, die sich aus den strengen Sanierungsvorgaben ergeben. Um Umwelt und Soziales miteinander zu verbinden, sollte also der gesetzliche Rahmen und die Förderung verbessert werden. Zudem muss geklärt werden, bis zu welchem Sanierungsgrad Modernisierungen ökologisch und wirtschaftlich sinnvoll seien.

Auch die Autoren der BMU-Leitstudie halten die angestrebte Minderung für ein überambitioniertes Ziel. Bei Fortführung der gegenwärtigen Trends wäre lediglich eine Verbrauchsreduzierung von maximal 30 Prozent möglich. Häufig scheitern Innovationen zur Energieeinsparung im Gebäudebereich wie der verstärkte Einsatz von Blockheizkraftwerken zur Verminderung des CO2-Ausstoßes am "Mieter-Vermieter-Dilemma" oder an juristischen Fallstricken. Den Klimaschutz-Zielen der Bundesregierung steht die unzureichende finanzielle Ausstattung der einzelnen Wohnungsanbieter gegenüber. Der Staat müsse die Versorgung auf Energie gesetzlich garantieren und für Mieterschutz sorgen, sowie Mietbelastungen einkommensgerecht ausgleichen, fordert "Die Linke". Die Regierungskoalition habe darauf aber keine Antwort und kürzte sogar die KfW-Förderungen. Der Energiefonds ist nicht in der Lage, die Gebäudesanierung zu finanzieren, also müssten mindestens zwei Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt in die Rechnung einfließen.

Den Entwurf der Koalition will die Linke erweitern und stellt dazu einen Antrag, der ein ausgewogenes Verhältnis von Mieter und Vermieter garantieren soll - mit der Einführung eines qualifizierten Mietspiegels, der die Heiz- und Betriebskosten mitberücksichtigt. Die Beibehaltung der bisherigen Mieterhöhungsmöglichkeiten stößt auch auf die Kritik des Deutschen Mieterbundes. Danach dürfe der Vermieter jedes Jahr elf Prozent der Modernisierungskosten auf die Jahresmiete aufschlagen. Konsequenz daraus: Je teurer die Modernisierung, desto höher steigt die Miete. Stattdessen solle die Mieterhöhung von der Effizienz der Maßnahme abhängig gemacht werden. Dazu müsse die 11-Prozent-Regelung abgeschafft werden und Modernisierungsmieterhöhungen stattdessen im System der Vergleichsmieten eingebaut werden, so Lukas Siebenkotten, Direktor des Deutschen Mieterbundes.

Unterscheiden müsse man eine reine energetische Sanierung von einer Sowieso-Sanierung, erläuterte Harald Simons vom wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Beratungsunternehmen empirica. Das Ergebnis falle meist wirtschaftlich aus, wenn sowieso Sanierungsbedarf bestand und die Vermietbarkeit nach der Sanierung auch gewährleistet ist. Anders verhalte es sich bei einer reinen energetischen Sanierung, wo sich die vollen Kosten durch Einsparung von Energiekosten amortisieren müssen, was meist unwirtschaftlich sei, da die wahre effektiven Einsparung fast immer unter den Berechnungen bleibt. Über die Energieeinsparung sei eine energetische Sanierung also nicht finanzierbar.

Auch die folgende Wohnwerterhöhung und günstige Kredite reichten meist für die Wirtschaftlichkeitsberechnung nicht aus. Für Vermieter müssten daher bessere Investitionsangebote geschaffen werden. Gerade bei kleineren Vermietern sei die Akzeptanz einer aufwändigen energetischen Sanierung schwer vermittelbar, wenn noch funktionstüchtige Bauteile erneuert werden sollen, nur um etwas bessere U-Werte zu erzielen. Die vom Staat angebotenen zinsgünstigen Kredite reichten bei Weitem nicht aus - direkte Zulagen hält Simons für die realistischere Lösung. Das jedoch birgt wiederum die Gefahr von hohen Mitnahmeeffekten, da eine Sowieso-Sanierung von einer rein energetischen rechtlich nicht zu trennen ist. Der zusätzliche Klimaschutz werde fiskalisch gesehen teuer, so Simons. Daher sollte statt verschärfter Vorgaben vielmehr die natürliche Sanierungsquote ausgenutzt werden, flankiert von Kostensenkungen, die durch eine Standardisierung von Maßnahmen und Bauteilen zur energetischen Modernisierung und auch einer Pauschalisierung von Subventionen ermöglicht werden sollten. Das würde die Einbeziehung von Eigenleistung ermöglichen.

Dieses Modell der "Nachbarschaftshilfe" sei nicht vertretbar, konterte Heike Marcinek, Projektleiterin "Niedrigenergiehaus" bei der Deutschen Energie-Agentur (dena). In jedem Fall sei eine Qualitätssicherung durch Fachplaner notwendig. Für den inhomogenen Gebäudebereich gebe es zudem keine einheitlichen Lösungen. Die Rahmenbedingungen müssten demnach alle Lösungen integrieren. Der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen GdW fordert zusätzliche Anreize, damit Eigentümer in die Gebäudesubstanz investieren. "Wärme- und Stromverluste im Gebäudebereiche müssen vermindert werden", so Christian Gebhardt vom GdW. "Dezentrale Systeme wie etwa Plus-Energie-Gebäude könnten dazu einen Beitrag leisten. Auch der weitere Ausbau von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen wäre ein guter Weg zu mehr Energieeffizienz." Weder für den Mieter noch für den Vermieter könnten Mehrbelastungen durch höhere Mieten oder eingesparte Energiekosten refinanziert werden, so Gebhardt weiter.

Das gegenwärtige Zusammenspiel der Rahmenbedingungen sei sachlich nicht zufriedenstellend und politisch zielführend. Die Politik müsse Instrumente für Energieeffizienz deutlich vom Klimaschutz trennen. Um sozial schwächer gestellten Haushalten das Wohnen in energetisch sanierten Gebäuden zu ermöglichen und Verdrängungseffekte zu vermeiden, sind aus der Sicht der GdW neue Konzepte notwendig. Das Klimaschutz-Problem sei nicht über eine weitere Verschärfung der Energieeffizienzanforderungen im Gebäudebestand zu lösen: Die Beibehaltung der derzeitigen Mindestanforderungen an die Energieeffizienz und eine verstetigte und ausreichende KfW-Förderung für energetische Sanierung könnten jedoch dazu beitragen, die Sanierung im Gebäudebestand voranzutreiben.

Aus Sicht der degewo AG Berlin, des größten landeseigenen Wohnungsunternehmens in Berlin, ist eine Warmmietenneutralität nur durch zusätzliche politische Stellschrauben zu erreichen. Der Fokus bei der energetischen Sanierung des Gebäudebestands sollte nicht auf dem Erreichen der Klimaschutzziele liegen, sondern vielmehr auf den betriebswirtschaftlichen Vorteilen die sich daraus ergeben können, wie die Senkung der Betriebskosten, einer Vorsorge gegen steigende Energiepreise, und der Immobilienaufwertung durch eine effiziente Gebäudetechnik. Die Forderungen der degewo an die Politik beziehen sich dabei auf eine Duldungspflicht für energiesparende Modernisierungen und ein vereinfachtes Ankündigungsverfahren, ein rechtssicheres Contracting für die Bestände, die Beseitigung steuerlicher Nachteile für Wohnungsunternehmen bei der Nutzung erneuerbarer Energieanlagen, und ermäßigte Mehrwertsteuersätze für energiesparendes Modernisieren. Die Förderung müsse auf hohem Niveau verstetigt werden und die Fördermittel an verschärfte gesetzliche Anforderungen angepasst werden, so Volker Ries, Projektleiter "Technisches Projektmanagement" bei der degewo. Auch müssten Standards für Bau und Instandhaltung geschaffen und Wärmeversorgungskonzepte für Quartiere erstellt werden.

Soweit es städtebaulich möglich ist, sollten verstärkt erneuerbare Energien eingesetzt werden. Michael Neizel von der inWIS Forschung und Beratung GmbH stellte dabei zur Diskussion, dass die EnEV keine guten Lösungen, sondern einfach immer mehr Dämmung fördere: Anstatt immer noch energieeffizientere Gebäude zu erstellen, sollte vielmehr untersucht werden, inwieweit der Ausbau und die Nutzung der Erneuerbaren Energien im Gebäudebereich die bessere Lösung sei. Mit dem aktuellen Gesetzesentwurf der Regierungskoalition zur Gebäudesanierung sind die Klimaschutzziele aus Sicht der Experten kaum erreichbar. Die Finanzierung soll aus der Energieeinsparung kommen, doch Klimaschutz ist ein öffentliches Gut und müsse daher aus öffentlichen Fördertöpfen finanziert werden, waren sich die Teilnehmer am Fachgespräch einig. von Nicole Allé

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