Die Investitionskosten für Neubauten seien seit 1990 preisbereinigt gleich geblieben. Einen preistreibenden Einfluss durch verschärfte Effizienzanforderungen gebe es nicht. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die Ecofys in Kooperation mit dem Architekten Burkhard Schulze Darup im Auftrag der Deutschen Unternehmensinitiative Energieeffizienz Deneff durchgeführt hat.
Der GdW – Verband der Wohnungswirtschaft dagegen arbeitet mit anderen Zahlen und spricht von einer Baukostensteigerung von 30 Prozent, Die Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen (ARGE) in Kiel, die die Kostenentwicklung in Norddeutschland beobachtet, kritisiert die Methode der Studie: Bei der Preisentwicklung von Bauteilen stimme die Aussage, dass es nicht zu Preissteigerungen gekommen sei, bei den Kosten inklusive Einbau seien aber die Einflüsse der energetischen Anforderungen deutlich erkennbar.
"Studie ist nicht falsch, aber praxisfremd"
Das sieht auch Corinna Merzyn, Geschäftsführerin des Verbands Privater Bauherren (VPB) so. Die Studie der Deneff sei zwar nicht falsch, aber praxisfremd. Bauteilkosten belegen zwar, dass die Kosten für die jeweiligen Bauteile nicht gestiegen seien, aber für die eigentlichen Preise, die Bauherren für das fertige Haus zahlen müssen und die auch den höheren Aufwand für energetische Bauweise oder Haustechnik berücksichtigen, stimme das nicht. Für den Übergang von der EnEV 2007 zur EnEV 2009 hat der VPB bei einem Einfamilienhaus Mehrkosten beim Bau von 13.000 Euro ermittelt.
Studie arbeitet mit Preisbereinigung
Die Studie der Deneff arbeitet mit preisbereinigten Daten. Das bedeute, dass die Preissteigerungen ins Verhältnis gesetzt werden zur Kaufkraft, sagte Andreas Hermelink, Projektleiter von Ecofys bei der Vorstellung der Studie in Berlin: "Wir haben die vergangenen Baukosten in Preisen von 2014 ausgedrückt, um sie vergleichbar zu machen. Natürlich ist fast alles teurer geworden, entscheidend ist aber, ob es real teurer geworden ist, also über die allgemeine Preissteigerung hinaus. Das erkennt man mittels dieser Preisbereinigung."
Man hoffe mit dieser Initialstudie, die noch nicht der Wahrheit letzter Schluss sein könne, einen Beitrag zur Versachlichung der Debatte um die Baukosten zu liefern, so Christian Noll, geschäftsführender Vorstand der Deneff bei der Präsentation der Ergebnisse.
Basis für die Studie waren neben Baukosten aus Leistungsverzeichnissen des Büros Schulze Darup, Zahlen des Baukosteninformationszentrums Deutscher Architektenkammern, der Sirodas Bauhandbücher für den Neubau, die Baukostenbücher von Schmitz/Gerlach sowie Herstellerinformationen. Untersucht wurde in der Studie unter anderem die Frage, ob eine Verschärfung der energetischen Anforderungen durch Wärmeschutzverordnung und die unterschiedlichen Stufen der Energieeinsparverordnung bis zur EnEV 2014 zu einer Steigerung der Baukosten geführt haben.
Kein monokausaler Zusammenhang zwischen Energieeffizienz und Baukosten
Dieser Zusammenhang lässt sich aus den Ergebnissen der Studie nicht ableiten. Es kam zwar vor dem Inkrafttreten der Wärmeschutzverordnung 1995 zu einem Preisanstieg, aber der fällt mit dem Bauboom in Ostdeutschland nach der Wende zusammen. Die EnEV 2002 hat zu keinen Veränderungen beim Baupreisindex geführt. Ab 2006 gingen die Preise erneut deutlich nach oben. Das habe aber mit der Eigenheimzulage zu tun, so die Autoren. Die ist am 1. Januar 2006 entfallen, viele haben noch vorher Bauanträge gestellt, das habe zu höheren Preisen geführt. Das Inkrafttreten der EnEV 2009 habe keine Rolle gespielt. Die Zahlen zeigen zumindest, dass es keinen monokausalen Zusammenhang zwischen Baukosten und energetischen Anforderungen gibt, andere Faktoren spielen ebenfalls eine Rolle.
Kosten für einzelne Bauteile
Einzelne Bauteile wie eine Außenwand aus Porenbeton inklusive Innenputz und Außenputz, eine Außenwand aus Kalksandstein mit WDVS, ein Satteldach, Fenster und eine Heizungspumpe haben sich die Fachleute dann gesondert angeschaut. Bei der ersten Gruppe waren bis 1994 Wände bis zu einer maximalen Wanddicke von 30 cm und einer Wärmeleitfähigkeit von 0,13 W/mK möglich. Deren Preise sind zunächst bis 1994 gestiegen, haben bis 2004 stagniert und sind dann preisbereinigt kontinuierlich gefallen.
Preisbereinigt sei eine Wand, die die Anforderungen der EnEV 2014 erfüllt, unter den Kosten für die Gegenstücke von 1990 (U-Wert 0,48 W/m2K) und 2004 (0,38 W/m2K) zu haben. Als Preis für das Bauteil nennen die Autoren derzeit zirka 135 Euro inklusive Mehrwertsteuer pro Quadratmeter bei einem U-Wert von 0,28 W/m2K.
"Der Kunde bekommt mehr Wärmeschutz"
Bei der zweiten Gruppe, den Kalksandsteinwänden mit WDVS, zeichnet sich ein ähnliches Bild ab. Preisbereinigt seien die Kosten für Außenwände gleicher Qualität gesunken. "Der Endkunde bekommt heute einen höheren Wärmeschutz für das gleiche Geld als noch vor zehn oder 20 Jahren", so die Studie weiter. Die Mehrkosten pro Quadratmeter und Zentimeter Dämmung liegen mittlerweile bei zirka einem Euro, teilweise auch darunter. Das hänge freilich auch von der Qualität der Planer und Ausführenden ab, da energiesparende Bauweise mehr Sorgfalt und Planung erfordere. "Es gibt hunderte Planer, die das können", betonte Schulze Darup, räumte jedoch auch noch hohen Bedarf bei der kontinuierlichen Qualitätssicherung ein, um die Kostenvorteile zu erreichen.
Als vierte Gruppe wurden Fenster mit einem Fokus auf die im Wohnungsneubau üblichen Kunststoff-Fenster untersucht. Seit 2006 kam es, so die Studie, zu einem deutlichen Preisverfall, vor allem durch sinkende Preise für Dreischeibenverglasungen, die aktuell nur noch zwischen 20 und 35 Euro pro Quadratmeter über denen für Zweischeibenverglasung liegen. Außerdem wurden bei Kunststoff-Fenstern die Stahleinlagen reduziert, Geometrien verändert und auf Faser-Verstärkung gesetzt. Das ermögliche sehr gut dämmende Rahmen zu günstigen Kosten. "Der Endkunde bekommt heute preisbereinigt fürs gleiche Geld Fenster, die einen erheblich besseren Wärmeschutz und eine viel höhere Behaglichkeit haben", so die Studie.
Bei Heizungspumpen, dem einzigen Bestandteil der Gebäudetechnik sieht Schulze Darup noch Spielraum nach unten, das gelte aber für die komplette Gebäudetechnik, die sei noch viel zu hoch in den Kosten.
Kritik an der Betrachtung der reinen Bauteilkosten
Die Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen erhebt methodische Vorwürfe gegen diese Art der Berechnung. Veränderte Qualitäts- und Anforderungsveränderungen würden nicht berücksichtigt. "Bei der Bauteilbetrachtung wurden die reinen Bauteilkosten angesetzt, Zusatzkosten und erforderliche Nebenarbeiten wie besonderes Vorgehen bei der Montage schwerer Fenster mit 3-fach-Verglasung werden vernachlässigt." Außerdem sei mit einer Sole-Wärmepumpe keine charakteristische Anlagentechnik zugrunde gelegt worden sowie der Kostenansatz für Heizung bei allen energetischen Standards weitestgehend gleich mit 30.000 Euro. Das führe zu einer verzerrten Darstellung.
An einer Doppelhaushälfte wurde in der Studie ermittelt, wie sich die Veränderung der energetischen Anforderungen auf die Investitionen und die monatliche Belastung auswirken. Als Rechenbeispiel wird dazu angeführt, zu welchen monatlichen Belastungen es führen würde, eine Doppelhaushälfte zu Zinskonditionen und mit KfW-Förderung auf Basis unterschiedlicher energetischer Anforderungen zu bauen.
Das Ergebnis: Bei einem Haus, das nach EnEV 2014 gebaut wird, sind die monatlichen Kosten geringer als bei den Häusern nach vorherigen Anforderungen wie EnEV 2002 und Wärmeschutzverordnung 1984. Ein Effizienzhaus 40 und ein Passivhaus ließe sich sogar inklusive Fördermittel so bauen, dass die monatlichen Belastungen geringer ausfallen als bei einem Bauen nach EnEV. "Diese Standards führen bei guter Planung bereits heute zu den niedrigsten monatlichen Kosten", so die Studie.
Bedarfswerte sind nicht realistisch
Auch hier kommt Widerspruch von der ARGE: Grundlage der Kostenberechnungen seien errechnete Bedarfswerte beim Energieverbrauch, es gebe aber einen deutlichen Unterschied zur den in der Praxis festgestellten Verbrauchswerten bei Wohngebäuden in Deutschland.
Auch befasst sich die Studie in erster Linie mit dem Neubau. "Vor allem in der Sanierung bemerken wir, dass der Aufwand für viele potentielle Bauherren, die einen Altbau nach EnEV sanieren sollen zu hoch ist", beobachtet Merzyn. Häufig komme es dann eher zum Neubau auf der grünen Wiese. "Das kann nicht gewollt sein, eigentlich geht es ja darum, den Flächenverbrauch zu verringern", so Merzyn. von Pia Grund-Ludwig