Die Sanierung eines Dachs bietet viele Vorteile. Das gilt auch für den Sommer. Unter einem gut gedämmten Dach ist es weniger heiß, die Wohnbehaglichkeit steigt. Im Winter sind die Argumente sowieso einleuchtend: ein nicht gedämmtes Dach ist wie ein Loch im Geldbeutel. Wärme entweicht, das kostet auf Dauer viel Geld. Es gibt also gute Argumente, sich der Sanierung und Dämmung des Dachs anzunehmen. Aber: Einen Zwang, dies auf jeden Fall bis Ende 2011 zu erledigen gibt es nicht.
Zunächst gilt: Für Eigentümer von Ein- oder Zweifamilienhäusern, die eine der dortigen Wohnungen seit vor dem 1. Februar 2002 selbst bewohnen, gibt es 2011 keine Nachrüstpflicht für die Dämmung der obersten Geschossdecke oder des Dachs. Diese besteht erst bei einem Eigentümerwechsel und ist dann vom neuen Eigentümer zu erfüllen. Er hat zwei Jahre Zeit dazu. War der Eigentümerwechsels vor dem 1. Januar 2010 und es sind noch keine zwei Jahre verstrichen, muss er die oberste Geschossdecke so dämmen, dass der Wärmedurchgangskoeffizient der Geschossdecke 0,30 Watt/(m²K) nicht überschreitet. Bei einem späteren Eigentümerwechsel muss ein Wert von 0,24 Watt/(m²K) erreicht werden. Nachgerüstet werden muss aber bei größeren Wohneinheiten. Darauf sollten auch Mieter achten.
Wichtig ist der Zusatz in der derzeit geltenden Energieeinsparverordnung, dass keine nachträgliche Dämmung notwendig ist, "soweit die für die Nachrüstung erforderlichen Aufwendungen durch die eintretenden Einsparungen nicht innerhalb angemessener Frist erwirtschaftet werden können." Das betrifft insbesondere die Häuser, bei denen an Dach oder oberster Geschossdecke schon gedämmt wurde, aber nicht ausreichend.
Wie in solchen Fällen zu verfahren ist, erklärt das Deutsche Institut für Bautechnik in seiner jüngsten Staffel zur EnEV-Auslegung. Diese Publikation soll die Rechtssicherheit für Architekten, Bauherren und Handwerker erhöhen. Die Tatsache, dass es bereits 15 Staffeln von Veröffentlichungen mit jeweils mehrseitigen Hinweisen zur Auslegung der EnEV gibt zeigt wie komplex die Materie ist. Es bestehe keine Pflicht zur nachträglichen Dämmung, wenn die oberste Geschossdecke oder das Dach bereits "über eine durchgehende, allenfalls durch Balken oder Sparren unterbrochene Schicht eines Dämmstoffs verfügt", heißt es dort.
Die oberste Geschossdecke gelte auch dann als gedämmt, wenn sie dem Mindestwärmeschutz nach DIN 4108-2:2003-07 entspreche, geht es in bestem Amtsdeutsch weiter. Die Norm definiert Mindestanforderungen an den Wärmeschutz.
Gleichzeitig gilt aber: Bei 10 Prozent Änderungen der Bauteilfläche greift die EnEV 2009. Wer dämmt, muss das vernünftig tun. Werden größere bauliche Maßnahmen an der Gebäudehülle durchgeführt - wie das Dämmen der Wände oder der Austausch von Fenstern - müssen diese neuen Bauteile einen 30 Prozent besseren energetischen Wert erreichen als bisher gefordert. Alternativ kann der Jahresprimärenergiebedarf des gesamten Gebäudes um 30 Prozent sinken.
Besondere Regelungen gelten in Baden-Württemberg durch das Erneuerbare Wärmegesetz des Landes. Dort ist bei einem Austausch der Heizung vorgeschrieben, dass diese 10 Prozent des Wärmeenergiebedarfs aus Erneuerbaren deckt. Der Eigentümer kann sich aber auch dazu entscheiden, statt dessen besonders gute Wärmedämmung am Dach zu realisieren. Die Dämmwerte müssen dann die EnEV deutlich übertreffen. Bereits bestehende Dämmung kann nachträglich angerechnet werden.
Auch ohne Zwang gibt es gute Gründe, sich für eine Sanierung des Dachs zu entscheiden. Neben dem höheren Wohnkomfort ist ein gewichtiges Argument, dass es derzeit zinsvergünstigte Darlehen der KfW gibt, seit März diesen Jahres auch wieder für einzelne Maßnahmen wie für die Sanierung eines Dachs oder die Dämmung der obersten Geschossdecke.
Wenn das Dach des Hauses noch gut in Schuss und kein Ausbau des Dachbodens geplant ist, ist die Dämmung der obersten Geschossdecke in der Regel die kostengünstigste und sinnvollste Maßnahme. Eigenleistungen sind bei einer reinen Dämmung der obersten Geschossdecke durchaus möglich, man sollte aber auf jeden Fall Experten zu rate ziehen, um Kältebrücken an den Kanten zu vermeiden. Dort besteht sonst die Gefahr, dass sich unentdeckt Schimmel bildet.
Hausherren sollten sich auch bei der Wahl der Dämmstoffe gut informieren. Wie gut ein Dämmstoff seine Aufgabe erfüllt, lässt sich an der Wärmeleitfähigkeitsgruppe (WLG) erkenne. Je kleiner der Wert, desto besser dämmt das Material. Das muss aber nicht bedeuten, dass es am besten und vor allem kostenoptimal ist. Sehr gut dämmende Materialien sind teurer als weniger gut dämmende. Einen Überblick über alle Dämmstoffe, deren Dämmwirkung und die Kosten pro Quadratmeter stellt das Online-Magazin EnBauSa.de zur Verfügung. Die Daten hat das Institut für preisoptimierte energetische Gebäudemodernisierung erarbeitet. Die Materialien, die für die Dämmung der Geschossdecke geeignet sind reichen von Einblasdämmung über Rollfilz bis zu Dämmplatten.
Für das Dach bieten zahlreiche Hersteller mittlerweile komplette aufeinander abgestimmte Systeme an. Das sorgt für die Bindung an einen Anbieter, es gibt aber auch Gründe, die dafür sprechen. Komplette Systeme können die Arbeit beschleunigen, aber auch verhindern, dass miteinander unverträgliche Materialien kombiniert werden. Was zum Einsatz kommt hängt natürlich auch von den Vorlieben und den finanziellen Möglichkeiten des Hausbesitzers ab.
Wenn das Dach angefasst wird, sollte man es zukunftsfähig sanieren. Da sich mit einigen Verfahren auch große Dämmdicken sehr günstig realisieren lassen, empfehlen wir immer die Ausführung im Passivhausstandard, wo immer das möglich ist. Da mit Zellulose der günstigste Dämmstoff für dieses Bauteil überhaupt zur Verfügung steht, seien Dämmdicken zwischen 30 und 40 Zentimetern die wirtschaftlichste Lösung, so das Institut.
von unserer Redakteurin Pia Grund-Ludwig