Quelle: DEUTSCHE ROCKWOOL

Nicht nur Dämmung, sondern Zustand der Gebäudehülle wichtig

Blower-Door-Test ist gutes Indiz für Bauqualität

Zwei Mal sollte ein Blower-Door-test gemacht werden. © FLIB

Ein Blower-Door-Test ist ein wichtiges Instrument um die Qualität einer Sanierung zu überprüfen.

"Bauherren sehen den Blower-Door-Test erst einmal immer nur als zusätzlichen Kostenfaktor. Dabei sparen sie am falschen Ende, wenn sie bei einer Sanierung darauf verzichten" betont Bauingenieur Wolf-Dieter Dötterer vom GIH, dem Verband unabhängiger Energieberater. Wer mit günstigen Krediten der KfW-Bank bauen oder sanieren will, für den ist diese Kontrolle verpflichtend. Doch auch wer keine Förderung in Anspruch nimmt, sollte auf ein Luftdichtheitskonzept und dessen Überprüfung nicht verzichten.

Damit der Energiebedarf eines sanierten oder neu gebauten Hauses niedrig bleibt, muss die Gebäudehülle nicht nur gut gedämmt sondern auch komplett dicht sein. Eine rundum dichte Bauweise verhindert nicht nur, dass warme Heizungsluft nach außen strömt und so den Energiebedarf nach oben treibt, sondern durch Lecks in der Hülle kann auch feuchte Innenraumluft in die Konstruktion gelangen und dort schwere Bauschäden auslösen.

Ein Blower-Door-Test dient dazu, Leckagen in der Gebäudehülle aufzuspüren und die tatsächliche Luftwechselrate zu bestimmen. Dazu wird ein besonders leistungsstarker Ventilator dicht in eine Tür oder ein Fenster eingebaut. Während alle anderen Türen und Fenster verschlossen bleiben, wird Luft in das Haus geblasen oder heraus gesogen. Dadurch entsteht ein Über- oder Unterdruck im Haus.

Zweimaliger Blower-Door-Test macht Sinn

Um den Druckunterschied von 50 Pascal aufrechtzuerhalten, muss der Ventilator eine bestimmte Luftmenge fördern. Wieviel, hängt von der Dichtigkeit in der Gebäudehülle ab: Je mehr Luft er fördert, desto größer sind die Leckagen, durch die Außenluft ins Gebäude strömt. Die Luftwechselrate n50 gibt die vom Gesetzgeber aufgestellten Anforderungen vor: In Häusern mit Lüftungsanlage darf sich laut Energieeinsparverordnung (EnEV) das Luftvolumen unter Standardmessbedingungen höchstens 1,5 Mal innerhalb einer Stunde austauschen, für Gebäude mit freier Lüftung erhöht sich der Kennwert auf maximal 3 Mal.

Der Fachverband Luftdichtheit im Bauwesen (FLiB) empfiehlt angehenden Hausbesitzern, die Gebäudehülle am besten zweimal per Blower-Door-Test überprüfen zu lassen: einmal vor dem Start des Innenausbaus, ein zweites Mal im bezugsfertigen Haus. "Frühzeitig entdeckt lassen sich Fehlstellen in der Regel rasch und kostengünstig nachbessern", so der FLiB.

Energieberater sieht "großen Nachholbedarf"

Auch der GIH appelliert, diesen Blower-Door-Test durchzuführen. "Er ist Qualitätssicherung für den Endverbraucher", sagt der Bausachverständige Wolf-Dieter Dötterer, der sich über falsche Beschreibungen über die Auswirkungen von Sanierungen ärgert. "Oft wird es so dargestellt, dass ein Haus energetisch saniert und gedämmt wurde - und deshalb fängt es dann an zu schimmeln. Das stimmt aber so nicht und hat damit gar nichts zu tun! Sondern ein Haus schimmelt, weil Wärmebrücken entstanden sind und Anschlussarbeiten unsauber ausgeführt wurden."

An technischen Voraussetzungen und gut geeigneten Materialen mangele es jedenfalls nicht, um hohe Luftdichtheitswerte zu erzielen. "Es gibt viele Möglichkeiten, wie Handwerker sach- und fachgerecht Anschlussarbeiten durchführen können und Leckagen vermeiden", so der GIH-Sprecher. Vor allem bei Handwerkern der Gewerke Fensterbau und Elektrik sieht der Bausachverständige noch "großen Nachholbedarf", um für das Thema zu sensibilisieren.

Test kostet bis zu zirka 500 Euro

Doch auch bei den Bauherren selbst müsse man ansetzen: "Wer nicht bereit ist, 300 bis 500 Euro für den Test zu investieren, spart am falschen Ende", sagt Dötterer. "Wenn ich eine Sanierung durchführe, die mindestens 50.000 Euro kostet, darf das kein Thema sein. Denn wenn Fehler gemacht wurden und im Umkehrschluss Schimmel entsteht, sind die Folgewirkungen ungleich schlimmer."

Großes energetisches Potenzial sieht der Oliver Solcher, Geschäftsführer Fachverband Luftdichtheit im Bauwesen (FLiB) in den nächsten 20, 30 Jahren vor allem bei den Ein- und Zweifamilienhäusern. Doch das Problem besteht aktuell noch darin, die hohe Bedeutung des luftdichten Bauens auch bei den privaten, individuellen Bauherren bekannt zu machen.

Endkunden sind für das Thema Luftdichtheit schwer zu gewinnen

"Das Thema Dämmung ist gesetzt, jedem ist klar, dass er es warm haben will", so Solcher. "Aber warum er eine Folie braucht und dann auch noch prüfen lassen soll, dass diese Verklebung sachgerecht ist, das verstehen viele noch nicht." Hinzu kommt ein weiteres Problem, so der FLiB-Geschäftsführer. "Wir wissen, wie wir Planer, Architekten und Wohnungsbaugesellschaften ansprechen, aber viele Endkunden erreichen wir noch nicht. Und das Dilemma ist: Viele sprechen vom 'atmenden' Haus und wissen nicht, dass das Quatsch ist."

Der Verband hat Leitfäden erarbeitet zu Luftdichtheitskonzepten. Sie greifen potenziell kritische Themenfelder auf vom Innenputz der Außenwände bis zum Einbau von Dachflächen- und Gaubenfenstern. Das soll insbesondere Bauherren helfen, sich selbst einen ersten Eindruck von der Qualität der Bauausführung zu verschaffen. Beispielhafte Prinzipskizzen zeigen luftdichtheitsrelevante Details, ein Begleittext gibt Hinweise, worauf es bei deren fachgerechter Umsetzung ankommt.

Die meisten Tests für die EnEV

Um zu wissen, wie dicht in Deutschland gebaut wird und wann Blower-Door-Tests durchgeführt werden, hat der Fachverband Luftdichtheit im Bauwesen im vergangenen Jahr seine Mitglieder nach ihren Erfahrungen befragt. Die beiden wichtigsten Erkenntnisse: Blower-Door-Tests im Rahmen der Energieeinsparverordnung  machen mit 60 Prozent den Großteil aller Luftdurchlässigkeitsmessungen an Gebäuden aus. Und die von den Messteams durchschnittlich ermittelte Luftwechselrate lag deutlich unter dem von der Energieeinsparverordnung vorgegebenen Maximalwert.

Die Mitgliedsunternehmen des FLiB gaben über alle Lüftungsverfahren hinweg für neu errichtete Einfamilienhäuser einen durchschnittlich ermittelten n50-Wert (Luftwechselrate) von lediglich 1,1 und für neue Mehrfamilienhäuser sogar von nur 0,9 an. Bei Gebäudemodernisierungen lag die im Schnitt gemessene Luftwechselrate bei 1,6 im Einfamilienhaus bzw. 1,5 im Mehrfamilienhaus. "Daran wird deutlich, dass sich eine luftdichte Gebäudehülle heutzutage ohne Schwierigkeiten erreichen lässt", so FLiB-Geschäftsführer Oliver Solcher. "Und das nicht nur bei Neubauten, sondernauch im Bestand. von Katja Sponholz

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