Quelle: DEUTSCHE ROCKWOOL

Natureplus-Tagung nimmt Nachhaltigkeit von Beton ins Visier

Beton - es kommt drauf wie man ihn macht

Uwe Welteke-Fabricius: Herstellung von Beton zieht 500 Hektar in Mitleidenschaft. © Morhart

Die CO2-Bilanz von Beton hängt unter anderem davon ab, wie viel Zement verwendet wird und welche Brennstoffe bei der Zementherstellung zum Einsatz kommen.

"Zement ist der billigste Klebstoff, den es weltweit gibt", kam Peter Lieblang bei der Fachkonferenz in Berlin schon fast ins Schwärmen. Für Lieblang, im Architekturbüro Konrad & Lieblang und an der TH Köln tätig, ist Zement vor allem als Bindemittel für Beton unverzichtbar. Beton wiederum sei beliebig formbar, schnell erhärtend und dann ein robuster, wartungsarmer Baustoff.

Uwe Welteke-Fabricius vom BUND, der für den Konferenzveranstalter Natureplus die Diskussionsrunde in Berlin leitete, räumte ein, Beton sei unter anderem ideal für Fundamente. Auf der anderen Seite ziehe der Abbau von Kalkstein, Sand und Kies sowie der bei der Herstellung eingesetzten Braunkohle allein in Deutschland jährlich eine Fläche von fast 500 Hektar in Mitleidenschaft. Hinzu kämen Treibhausgase, die für eine Tonne Beton je nach Zusammensetzung einem CO2-Äquivalent von rund 190 Kilogramm entsprächen, sagte Markus Brunner, Berater beim Informationszentrum Beton der deutschen Zementindustrie. Da jedoch der Großteil des CO2 beim Brennen des Zementklinkers anfällt, wird bei Beton mit geringem Zementanteil weniger davon freigesetzt.

Seit der Emissionshandel ab den 90er Jahren Betonsorten mit hohem Zementanteil ("CEM I") verteuert habe, sagte Brunner, sei CEM I "ganz massiv aus dem Markt rausgedrückt" worden - zugunsten von Sorten mit geringerem Zementanteil (CEM II und CEM III).

Ökobeton ist weniger leistungsfähig und haltbar

Doch es gebe Grenzen, erläuterte Michael Haist, der zurzeit in den USA am MIT forscht. Weniger Zement bedeute weniger Druckfestigkeit. Außerdem führe ein geringer Zementanteil indirekt dazu, dass die Stahlbewehrung früher roste. Das kann - so zeigte es ein Diagramm - schon 35 Jahre nach der Errichtung des Gebäudes beginnen.

Außerdem könne es sein, dass zum Beispiel wegen des langsameren Erstarrens auf der Baustelle die Planung nicht durchgehalten werde: "Der Polier entscheidet sich: Ich gebe dann doch 20 oder 30 Kilo mehr Zement drauf, damit ich im Endeffekt die Erhärtung wieder bekomme." Dann habe man gar nichts gewonnen. Oder es leide eben die Bauausführung darunter, so Peter Lieblang: Bei CEM I dauere es bei moderaten Außentemperaturen maximal zwei Tage, bis er genügend fest geworden sei. Bei CEM III und kühlem Wetter könne das zehn Tage dauern. Durch eine derart verlängerte Ausschalfrist könne es sein, dass man auf der Baustelle den Wochentag nicht mehr halten könne. "Diese Änderung zieht einen ganzen Rattenschwanz in den baubetrieblichen Bedingungen nach sich."

Klärschlamm statt Kohle als Brennstoff

Markus Brunner verwies auf einen Ausweg, der nicht mit solchen Problemen behaftet ist. Man könne bei der Zementherstellung statt Kohle oder Erdgas ebenso gut Hausmüll, Kunststoffabfall oder Altreifen einsetzen, um die CO2-Bilanz zu verbessern; "also Dinge, die sonst entweder deponiert oder anderweitig entsorgt würden". Brunner verwies auf das Unternehmen, in dem er früher gearbeitet habe. Dort seien zu 95 Prozent solche alternativen Brennstoffe verwendet worden. Bei einem Projekt in der chinesischen Stadt Guangzhou werde sogar getrockneter Klärschlamm verwendet: Der Klärschlamm von 4 Millionen Einwohnern ersetze jährlich 25.000 Tonnen Kohle und vermeide die Freisetzung von 50.000 Tonnen CO2.

Ebenso könne die Ökobilanz durch das Recycling von Beton verbessert werden, sagte Brunner. Schon heute sei Betonbruch ein Handelsgut und werde meist als Frostschutzschicht beim Straßenbau verwendet. Ziel eines laufenden Forschungsverbundprojekts "R-Beton" sei es, mehr als bisher Betonbruch in neuen Beton einzuarbeiten.

Doch woran erkennt man ökologisch korrekten Beton? Eine Tabelle mit Öko-Eckdaten enthalten die Umwelt-Produktdeklarationen ("EPD") des unter anderem vom Umweltbundesamt anerkannten Instituts Bauen und Umwelt in Berlin. Wer es einfacher mag, muss noch etwas warten: Brunner berichtete von einem Bewertungssystem mit vier Stufen eines "Concrete Sustainability Council" der Bauindustrie, das aber derzeit erst im Entstehen sei.

Datenbanken sind nicht verknüpft

Es bleibt abzuwarten, ob diese System auch ein Informationsproblem entschärft, das Peter Lieblang ansprach: "Diejenigen, die was zu Produkten und Leistungsfähigkeit sagen, sagen typischerweise nichts oder nur verklausuliert etwas zu Umwelteigenschaften. Diejenigen, die was zu Umwelteigenschaften sagen, sagen in der Regel wenig oder auch gar nichts zur technischen Leistungsfähigkeit."

Die EPD zum Beispiel sagten nichts über die Konsistenz und Druckfestigkeitsklasse einer Betonsorte aus. Die Sortenverzeichnisse von Fertigbeton wiederum gäben solche technischen, nicht aber ökologische Daten an - manchmal nicht einmal die Zementart. "Das müsste man in irgendeiner Weise verknüpfen."

Doch sogar dann heißt das noch lange nicht, dass man auf jeder Baustelle nachhaltigen Beton oder Zement verfügbar hat. Der große Vorteil - der billige Preis - zieht hier indirekt einen Nachteil nach sich: Es lohnt sich nicht, spezielle Sorten bundesweit anzubieten. Ein Zementtransporter, sagte Lieblang, habe "2000 Euro Fracht - wenn es hochkommt. Der Transportradius von Zement endet, von wenigen Ausnahmen abgesehen, 100 Kilometer hinter dem Werkstor." Andererseits könne aber auch nicht jedes Zementwerk "ein ganzes Potpourri von Zementen vorhalten. Typischerweise stehen da vier Silos; vielleicht ist da mal ein Doppelkammersilo dabei."

Sogar wenn ein Anbieter bereit sei, abseits der Standardrezepturen etwas nach Kundenwunsch herzustellen, könne man nicht mit einer Woche Vorlauf anrufen und Ökobeton bestellen. Allein die Festigkeits-Erstprüfung einer neuen Mischung dauere 28 Tage. Von Alexander Morhart

Eine Verwendung dieses Textes ist kostenpflichtig. Eine Lizenzierung ist möglich.
Bitte nehmen Sie bei Fragen Kontakt auf.