Bei Fenstern bleibt der jetzt vorliegende Entwurf der EnEV hinter dem zurück, was die Branche heute schon kann. "Technisch ist mehr möglich, Dreifach-Glas ist schon fast Standard", so Jürgen Benitz-Wildenburg vom Institut für Fenstertechnik (IFT) Rosenheim.
Man könnte aus seiner Sicht für Fenster bereits jetzt einen U-Wert von 0,95 W/(m²K) nehmen, insbesondere beim Neubau oder einer Sanierung der gesamten Gebäudehülle. Das gelte insbesondere vor dem Hintergrund der EU-Gebäudeeffizienzrichtlinie, die Niedrigstenergiehäuser bis 2020 vorsieht.
Richte man sich bei der Auswahl der Fenster nach der jetzigen Novelle, dann habe man bereits mit der nächsten Novellierung der EnEV wieder veraltete Fenster. "Mit den jetzigen Anforderungen wird die Energiewende schwierig", ist Benitz-Wildenburg sicher.
Ohnehin müsse bei Fenstern die Entwicklung weg von einer reinen Betrachtung der U-Werte gehen, weil die solaren Energiegewinne und die Tageslichtversorgung nicht dem Fenster zugerechnet werden. Weitere Novellierungen müssten dies berücksichtigen.
Aufgrund der europäischen Gebäuderichtlinie (EPBD 2010) müsste die neue EnEV bis spätestens 9. Januar 2013 in Kraft treten. Das ist bereits jetzt nicht mehr zu schaffen, ein Inkrafttreten zum Sommer 2013 gilt als wahrscheinlich. Aus Wirtschaftlichkeitsgründen wird die Primärenergiereduktion deutlich unter den 2009 angekündigten 30 Prozent bleiben. Die Berechnungen zur Wirtschaftlichkeit sind allerdings umstritten.
Der Naturschutzbund wirft der Bundesregierung vor, dass die Grundlagen falsch gewählt wurden und hat eigene Vorschläge für eine Novelle der EnEV vorgelegt. Dessen Gutachter, der Energieberater und Prüfsachverständige Hans-Stefan Müller, regt insbesondere Verbesserungen bei den Rahmen an. Die seien billiger als Dreifachverglasung. Einen U-Wert von 0,95 hält er aber schon für ambitioniert und zu streng, wenn es um Wirtschaftlichkeit gehe.
Ein vereinfachtes Modellgebäudeverfahren, EnEV-easy für nicht gekühlte Wohngebäude, wird eingeführt. Es ist aber umstritten. Es sieht vor, dass die Gebäudehüllle um so schlechter sein darf, je besser und regenerativer die Haustechnik ist. "In vielen Einfamilienhäusern wird das Modellgebäudeverfahren kaum zum Zug kommen, da der Fensterflächenanteil bei diesem Verfahren pro Fassadenseite auf zirka 30 Prozent beschränkt ist, beispielsweise in der Süd- oder Westfassade", so das IFT Rosenheim.
Dessen Experten fürchten außerdem, dass Bauherren die Fensterflächenanteile reduzieren, um aufwändigere Berechnungen zu umgehen. Damit würden Vorteile großer Fensterflächen wie solare Gewinne in der Übergangszeit und weniger Beleuchtung durch gute Tageslichtausnutzung nicht ausgenutzt.
Spannend ist bei Fenstern auch der Trend zu Passivhauszertifikaten und Energy-Labels. "Wir haben im Bereich Fenster und Fassaden insgesamt 37 Passivhaus-Zertifikate erstellt und noch etliche in der Pipeline", berichtet Benitz-Wildenburg. Eine Online-Listung und Auswahl ist für 2013 geplant. Anders als beim Zertifikat des Passivhaus Instituts werden beim IFT Rahmen und Glas gemeinsam gemessen. Als weitere Alternative gibt es das Energy Label. Das gibt die Energieeffizienz des Bauteils Fenster in einer Farbskala an, ähnlich wie bei Elektrogeräten. Es gebe rasantes Interesse, so Benitz-Wildenburg. Mittlerweile sind knapp 900 Produkte deklariert. von Pia Grund-Ludwig