Wärmedämmung soll Heizenergie einsparen. Doch die Herstellung von Dämmstoff erfordert ihrerseits Energie. Und unter dem Strich? Auch bei expandiertem Polystyrol (EPS, bekannt unter der Handelsbezeichnung Styropor), das relativ energieintensiv in der Herstellung ist, werde netto nach spätestens 2,5 Jahren Energie eingespart, sagt Claus Asam vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) in Berlin. Bei Mineralwolle wäre demnach die Herstellungsenergie schon nach höchstens 2 Jahren wieder eingespielt, legt man die Daten des BBSR-Baustoffinformationssystems Wecobis zugrunde.
Asam plädiert dafür, diese Frage auch im Verhältnis zum Bauaufwand insgesamt zu betrachten. Ordnet man den Primärenergieaufwand für Baustoffe (2004 insgesamt 337.000 Gigawattstunden) den jeweiligen Materialgruppen zu, so entfallen auf Dämmstoffe nur 2,9 Prozent.
Für eine Lebenszyklusbetrachtung teilt Claus Asam die Menge an Primärenergie, die ein typisches Mehrfamilienhaus im Laufe von 50 Jahren benötigt, nach Betrieb und Erstellung auf. Während noch in den 90er Jahren der weitaus größte Teil der Energie während des Betriebs, also vor allem für die Beheizung, eingesetzt wurde, hat sich das Verhältnis beim Passivhaus umgekehrt. Die letztlich entscheidende Summe aus der Energie für den Betrieb und derjenigen für die Erstellung (Herstellung und Instandsetzung) ist dabei von mehr als 200 kWh/m²a auf rund 50 kWh/m²a gesunken. Das zeigt, dass sich die Investition in eine starke Dämmung an Ende energetisch gesehen lohnt.
Der BBSR-Experte führt diesen Gedanken weiter und beruft sich dabei auf eine Arbeit von Frank Vogdt und Julia Piesker von der TU Berlin. Demnach lasse sich aus den beschriebenen Energiedaten der optimale U-Wert für die Außenwand bestimmen - "optimal" in dem Sinne, bei welchem Wärmedurchgangswert der Primärenergiebedarf im Laufe des Lebenszyklus am kleinsten ist. Überraschenderweise liege dieser U-Wert sogar noch um die Hälfte unter den 0,15 W/m²K des klassischen Passivhauses, also bei 0,075 W/m²K.
Trotzdem wird auch ein Bauherr mit ökologischem Anspruch nicht doppelt so stark dämmen wie es dem Passivhausstandard entspricht. Denn "lohnen" soll sich das nicht nur für die Umweltbilanz, sondern auch für den eigenen Geldbeutel. Wo da genau die Grenze liegt, kann Nils Thamling von der Prognos AG allerdings so allgemein nicht sagen: "Wirtschaftlichkeit entscheidet sich am Einzelfall. Wir haben 18 Millionen Wohngebäude in Deutschland, die (...) in sehr, sehr unterschiedlichen Zuständen sind."
Prognos gehe aber nach entsprechenden Erhebungen davon aus, dass bei kaum oder nicht energetisch sanierten Gebäuden - das seien in Deutschland 75 Prozent - sich bei einer Vollsanierung der Anteil der energiebedingten Mehrkosten allein aus der Energieeinsparung refinanzieren lasse. Dieser Anteil liege lediglich bei einem Drittel der Gesamtkosten - das sei wichtig für eine faire Wirtschaftlichkeitsrechnung. Dann dauere es je nach Fall etwa 15 bis 25 Jahre, bis die energiebedingten Mehrkosten durch geringere Ausgaben für Heizung und Warmwasserbereitung wieder eingespart würden (energetische Amortisationszeit).
Anders könne es aussehen, wenn ein erheblicher Teil des Hauses schon saniert sei und eine weitere energetische Maßnahme nicht "nebenher" mit einer allgemeinen Sanierung abgewickelt werden könne. Kosten für ein Gerüst zum Beispiel müssten dann voll als energiebedingte Mehrkosten veranschlagt werden, und dann sehe es mit der Wirtschaftlichkeit schlechter aus. Thamling empfiehlt deshalb: "Wenn schon sanieren, dann lieber richtig!"
Auch der Prognos-Experte legt Wert auf eine angemessene Einordnung der Kostendimensionen. Im langjährigen Mittel seit dem Jahr 2000 hätten die Gesamtinvestitionen für Baumaßnahmen im Bestand jährlich jeweils über 100 Milliarden Euro betragen. Darunter fallen Dinge wie ein neuer Putz, zusätzliche Fenster, eine neue Terrasse, Reparaturen, aber auch damit zusammenhängende Abbrucharbeiten, Kosten fürs Gerüst und Planungskosten. Und auch energiebedingten Mehrkosten seien darin enthalten - aber eben nur 4 Milliarden Euro pro Jahr. Man dürfe nicht den Fehler machen, das mit den "energetisch relevanten" Maßnahmen zu verwechseln (etwa 20 Milliarden Euro jährlich).
Mit der Ökobilanz von Dämmstoffen setzt sich auch ein neues Papier der Deutschen Umwelthilfe (DUH) auseinander, das am 10. September herauskommen soll - mit ähnlichen Ergebnissen. Zusätzlich wird das DUH-Papier unter anderem auch Tipps zum Problem der Algenbildung an gedämmten Außenwänden enthalten. Weil nach dem Dämmen weniger Heizwärme durch die Wand dringt, bleibt eine Außenwand dann länger feucht, wenn es geregnet hat oder sich Tau absetzt. Die DUH empfiehlt gegen Algenwachstum unter anderem, auf einen ausreichenden Dachüberstand auch nach dem Anbringen einer Außendämmung zu achten. Und der Fassadenputz - am besten auf mineralischer Basis - solle nicht zu dünn sein. Dann sei die Wärmespeicherkapazität höher, und es bilde sich weniger Kondenswasser. von Alexander Morhart