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Speedcoll-Forschungsprojekt nutzte bisher nur Normung und Image

Zeitraffer-Alterung für Solarkollektoren erst 2019

Im indischen Kochi war einer der Teststände. © ITW /ISE

In einem Forschungsprojekt sollte ein Zeitraffer-Test für Solarthermie entwickelt werden. Das funktioniert noch nicht.

"Wir finden draußen Effekte; die stellen wir im Labor nach, bilden ein Modell, und dann schätzen wir die Gebrauchsdauer ab." So hatte sich das Projektkoordinator Karl-Anders Weiß (Fraunhofer ISE) am Beginn von "Speedcoll" vorgestellt. Eine Art weltweit gültiger Alterungstest im Zeitraffer für solare Flachkollektoren war das Ziel. Gut vier Jahre später musste er nun bei der Abschlussveranstaltung in Berlin einräumen, dass es so einfach nicht geht - jedenfalls nicht wie geplant bis zum Dezember 2015. Die beteiligten Industriefirmen würden weitere vier Jahre mitfinanzieren. Ob nach dem Projekt vor dem Projekt sein wird, hängt jetzt am Wirtschaftsministerium, das bisher zwei Drittel der Kosten von 4 Millionen Euro beigesteuert hat.

Letztlich, so Weiß, erwies sich eine wichtige Grundannahme als falsch: die Vermutung, dass Kollektoren, Bauteile und Materialproben, die für Mitteleuropa entwickelt worden sind, beim Betrieb in extremen Umgebungen wie Trockenwüste, feuchte Tropen, Küstenregionen mit Salz in der Luft schnell stark an Leistung verlieren würden. Wären diese Effekte eingetreten, dann hätte das Konzept funktionieren können: Die Forscher stellen die Prüfmodelle ein paar Jahre ins Freie, dokumentieren Beschaffenheit und Leistung am Anfang und am Ende dieser Bewitterung und zerlegen die Kollektoren schließlich.

Bis zu diesem Punkt verlief es auch noch einigermaßen nach Plan: 89 Schadensfälle konnten die Techniker auflisten und viele davon sogar erschöpfend erklären. Die Idee für die Zeitrafferwirkung war, dies im Testlabor künstlich, aber doch möglichst ähnlich wie im Freien, nachzustellen, und zwar durch je nach Zielregion genau festgelegte Kombinationen von Bestrahlen (UV und Gesamtleistung), extremes Abkühlen, definiertes Verschmutzen, Salznebel und so weiter.

Damit sollte es schließlich möglich sein, ein beliebiges Kollektormodell in wenigen Monaten den so entwickelten Labor-Simulationsprüfungen zu unterziehen und aus den Messungen im Labor zu schließen, wie sich das Produkt voraussichtlich in extremer Umgebung verhalten wird. Die Basis für ein Prüfsiegel wäre geschaffen, das Kollektorkäufern in Nahost, Nordafrika, Indien und anderen Regionen die Leistungsfähigkeit so getesteter Modelle verlässlich signalisieren könnte.

Doch die Grundannahme war im Wesentlichen falsch. Zum einen ist es mit den Witterungsextremen so eine Sache. So richtig heiß wird ein Absorberblech nicht, weder in der Wüste Negev (Israel), und auch nicht im indischen Kochi - unter anderem, weil es dort keine zusätzliche reflektierte Einstrahlung von Schneeoberflächen gibt. Schon eher könnte ein negativer Effekt von Sand und Staub ausgehen (Negev) oder von anhaltenden Umgebungsfeuchte (Kochi), die sich innen auf der Abdeckscheibe niederschlägt. Schließlich haben gängige Flachkollektoren Öffnungen, damit sie sich bei Luftdruckunterschieden nicht verformen.

Sand, Staub und Beschlag haben die Forscher festgestellt und akribisch dokumentiert sowie im Rechnermodell simuliert. Doch beeinträchtigt hat der ganze Schmutz das Funktionieren der Kollektoren kaum. Nur um wenige Prozentpunkte war optische Wirkungsgrad auch nach vielen Monaten gesunken. Bestimmte Kollektormodelle ließen sogar um weniger als 1 Prozent nach, zum Teil ohne erkennbare Ursache.

Derart geringe und nicht einmal vollständig erklärbare Veränderungen aber wären nicht ausreichend, um wissenschaftlich korrekt von sechs Wochen Labortest auf 25 Jahre Stress im Freiland hochzurechnen. Diese Aussage ist zwar auch ein interessantes Projektergebnis und  sogar, was die Robustheit der Fabrikate angeht, mit einem gewissen Werbeeffekt für die drei Hersteller, aber es ist eben nicht das letztlich erhoffte Ergebnis.

Zwei weitere indirekt nützliche Resultate hat Speedcoll gebracht: Zum einen Anhaltspunkte für die Weiterentwicklung bestimmter Normungsverfahren, zum Beispiel zur Prüfung von Absorbern nach DIN ISO 22975-3. Und zum anderen eine fachliche Argumentationshilfe im Dauerstreit der Branche mit dem Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt), was die Stabilität von Abdeckscheiben betrifft, die mit Silikonkleber am Kollektorrahmen befestigt sind.

Ob es aber ein Anschlussprojekt "Speedcoll 2" geben wird, wie Koordinator Karl-Anders Weiß vorschlägt, wird demnächst im Wirtschaftsministerium entschieden. Weiß will in weiteren vier Jahren das Hauptziel doch noch erreichen. Unter anderem setzt er auf Billig-Kollektoren als zusätzliche Testmodelle, die dann schnell genug im Wirkungsgrad nachlassen sollen. Außerdem gibt es mit der gleichen Stoßrichtung die Idee, Werkstoffproben kontrolliert mit einem Vorschaden zu versehen. von Alexander Morhart

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