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Experten: Solarthermiepotenzial noch lange nicht ausgeschöpft

Sonnenhäuser arbeiten zunehmend mit aktiven Bauteilen

Sonnenhäuser arbeiten künftig mehr mit aktiven Bauteilen. © Sonnenhaus Institu

Gesamtsysteme für Solarthermie und die optimale Kombination mit einem zweiten Wärmeerzeuger sollen für Aufschwung bei Solarwärme sorgen.

Die Solarwärme-Forschung wandelt sich. Galt es in der Vergangenheit einzelne Komponenten wie den Sonnenkollektor oder den Wärmespeicher zu verbessern, liegt das Augenmerk der Forscher nun viel stärker auf der Gesamtanlage. Sonnenkollektoren brauchen immer mindestens eine zweite Wärmequelle, damit genug warmes Wasser und Heizwärme auch dann zur Verfügung steht, wenn der Sonnenschein nicht ausreicht. Und nur im Zusammenspiel entsteht ein effizientes Gesamtsystem. Dabei wird bei Sonnenhäusern mit hohen Solarwärmeanteil die Bauteilaktivierung wichtiger.

Ein Thema, an dem noch getüftelt wird sind Speicher. Ein Beispiel: Ein Schichtspeicher funktioniert perfekt mit Sonnenkollektoren und Gasbrennwertkessel. Oben ist er heiß genug für Duschwasser, in der Mitte wohl temperiert für die Heizung und unten ist er kalt, damit die Kollektoren auch dann Sonnenenergie tanken können, wenn die Einstrahlung nur mau ist. Derselbe Schichtspeicher geht mit einer Wärmepumpe überhaupt nicht. Denn Wärmepumpen schieben die Wärme mit so viel Schwung in den Behälter, dass jede Temperaturschichtung sofort verloren geht.

Dieses Beispiel nannte Michael Haller von Schweizer Solarforschungsinstitut SPF aus Rapperswil haben auf dem Otti-Symposium Thermische Solarenergie. Er und sein Team haben dort ein Prüfverfahren vorgestellt, mit dem sie feststellen können, ob ein Schichtspeicher für Wärmepumpen taugt oder nicht.

Betondecken speichern Wärme und heizen das Haus

Schon das effiziente Erzeugen der Wärme ist nicht einfach. Noch komplizierter ist es, weil die Verteilung im Haus genauso stimmen muss. Habe ich eine Fußbodenheizung oder normale Heizkörper? Die Feinabstimmung des ganzen Heizsystems muss das berücksichtigen.

Ein neuer Trend zeigt sich momentan gerade in Österreich. Dort fördert der Staat seit dem Jahr 2014 Sonnenhäuser und fordert, dass diese Häuser mindestens 70 Prozent ihrer Wärme für Heizung und Warmwasser von der Sonne ernten müssen. Das klassische Sonnenhauskonzept beruht auf großen Wärmespeichern, die im Sommer eingesammelte Sonnenwärme bis in den Winter retten. Im österreichischen Förderprogramm, berichtet Walther Becke auf dem Symposium. Er arbeitet für das Institut für nachhaltige Technologien (AEE INTEC) aus Gleisdorf bei Graz. Immer mehr Sonnenhauskonzepte arbeiten mit Bauteilaktivierung.

Für Bauteilaktivierung reichen geringe Temperaturen

Geschossdecken und Bodenplatte sind hier wie bei einer Fußbodenheizung mit feinen Rohren durchzogen. Das erlaubt es, die Sonnenergie direkt in die Betonplatte zu leiten. Speichern von Wärme und das Verteilen im Haus fallen hier zusammen, denn die Betondecke speichert die Wärme und heizt zugleich die Räume darüber und darunter. Für die Bauteilaktivierung reicht eine Heiztemperatur von 25 bis 27 °C. Das ist weniger als bei einer Fußbodenheizung mit 35 °C oder gar bei Heizkörpern mit bis zu 70 °C.

Nun kann das Haus im Winter die Sonnenenergie optimal nutzen, selbst dann, wenn die Einstrahlung nicht reicht um genug Temperatur für den Wärmespeicher zu erzeugen. Der Wärmespeicher kann nun viel kleiner ausfallen, weil er weniger Sonnenenergie vom Sommer in den Winter zwischenlagern muss. Das spart Platz und macht das Sonnenhaus auch billiger.

"Die genaue Auslegung und die Regelung der Bauteilaktivierung sind nur wenigen Planern bekannt", sagt Becke. Hier setzt die Begleitforschung des AEE INTEC an, die unter den geförderten Sonnenhäusern die besten herausfinden und deren Konzepte dann optimieren soll. Das Ziel: Wenn im Jahr 2021 nach den Vorgaben der EU europaweit nur noch "nahezu Nullenergiehäuser" gebaut werden dürfen, sollen Sonnenhäuser diese Anforderungen erfüllen.

In alten Häusern sind große Speicher schwer unterzubringen

Häuser mit Betonteilaktivierung muss man neu bauen. Um aus einem in die Jahre gekommenen Altbau ein strahlendes Sonnenhaus zu machen, braucht man andere Konzepte. Hier muss die Solarforschung noch Antworten finden. Ein Problem sind die großen Speicher, für die man erst einmal einen Platz finden muss und die sowieso nicht durch Türen passen.

Wärmespeicher aus Kunststoff, die Spezialisten im Keller aus einzelnen Segmenten zusammenkleben, könnten eine Lösung sein. Diese Idee verfolgt das Unternehmen Sinoi aus Nordhausen, das bisher Rotorblätter für Windräder aus diesem Kunststoff fertigt. Stahlsegmente, im Keller mit Dichtungen zum Großspeicher verbunden, sind die Antwort des Solarspeicherherstellers Consolar aus Lörrach.

Nur Dämmen reicht nicht

Doch brauchen wir überhaupt Sonnenhäuser für die Energiewende? Brauchen wir überhaupt erneuerbare Energie oder reicht es aus, die Häuser gut zu dämmen? Hans-Martin Henning vom Solarforschungsinstitut Fraunhofer ISE aus Freiburg sagt ganz eindeutig: "Nur Dämmung reicht nicht." Deutschland will wegen des Klimaschutzes bis zum Jahr 2050 den durch die Gebäude verursachten Kohlendioxidausstoß um 80 Prozent senken

Henning sieht es als realistisch an, dass Deutschland mit Dämmung den Wärmebedarf für das Heizen halbieren kann. Mehr ist nicht möglich, denn es gibt viele denkmalgeschützte Gebäude, erhaltenswerte Fassaden von Altbauten und nicht zuletzt den Warmwasserbedarf, den man generell nicht wergdämmen kann. Das bedeutet aber in der Summe, das zwei Drittel der Wärme für Warmwasser und Heizung im Jahr 2050 aus erneuerbaren Energien kommen muss. Nur dann erreicht Deutschland das 80-Prozent-Ziel.

"15 Prozent Solarwärme sind volkswirtschaftlich optimal"

Henning sagt auch, dass Windstrom und Sonnenstrom für die Energiewende unbedingt nötig sind. Auf die Gewinnung von Solarwärme mit Kollektoren kann man verzichten. Er hat aber ausgerechnet, dass ein Anteil von 10 bis 15 Prozent Solarwärme im Mix der gesamten Wärmeerzeugung volkswirtschaftlich am besten ist.

Der Besitzer eines Sonnenhauses muss steigende Preise für Strom, Gas und Öl nicht fürchten. Aber nur dann, wenn die Solarwärmeanlage auch gut funktioniert. "Die Sonne schickt keine Rechnung, aber auch keine Bestätigung, dass die Anlage optimal arbeitet", sagt Hans Peter Wirth von der Hochschule Düsseldorf. Er hat in einem Forschungsprojekt solarthermische Großanlagen überprüft, die mehr als 10 Jahre in Betrieb sind. Einige davon sind in einem schlechten Zustand.

Wirths Erfahrungen lassen sich gut auf kleine Solarwärme anlagen übertragen: Eine regelmäßige Wartung ist ganz wichtig für das Funktionieren. Jede Anlage sollte eine automatische Funktionskontrolle haben und gut dokumentiert sein. Denn ohne Unterlagen ist eine Reparatur später unnötig schwierig. Jens-Peter Meyer

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