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Forscher: 50 Prozent Versorgung mit Solarwärme bis 2030 machbar

Solarthermie braucht 50 Millionen Forschungsmittel

Solarthermie kann mehr als bislang realisiert. Bild: BSW

Wenn Solarthermie ihr Potential entfalten soll, dann muss in den nächsten Jahren deutlich mehr Forschungsgeld fließen. Das konstatiert ein Bericht der Deutschen Solarthermie-Technologie Plattform.

Die Deutsche Solarthermie-Technologie Plattform hat in einer umfangreichen Erhebung Vorschläge für die Weiterentwicklung der Niedertemperatur-Solarthermie erarbeitet. Die zentrale Aussage: Wenn Solarthermie bis zum Jahr 2030 50 Prozent der Wärmeversorgung übernehmen soll, dann müssen jetzt die Anstrengungen in Forschung und Entwicklung deutlich erhöht werden.

"Wir halten die Erhöhung der Forschungsmittel auf 50 Millionen Euro pro Jahr für den Bereich Solarthermie für notwendig, um die großen Ziele der Technologieplattform zu erreichen", sagt etwa Gerhard Stryi-Hipp, Leiter der Abteilung Solarthermie am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme in Freiburg im Gespräch mit dem Online-Magazin EnBauSa.de.

Ein Vergleich mit Österreich mache deutlich, dass dies eine vernünftige Größenordnung ist, wenn man das Thema Solarthermie ernst nehme. "In Österreich werden pro Kopf und Jahr zehnmal mehr Forschungsgelder für die Solarthermie ausgegeben als in Deutschland", ergänzt Stryi-Hipp. Als Ziel formuliert der Bericht ein 30-prozentiges Marktwachstum bis 2020. Dann könnte Niedertemperatur-Solarthermie 3 Prozent der in Deutschland benötigten Wärme liefern.

Zu den Schwerpunkten, bei denen Forschungsbedarf besteht gehören aus Sicht des Berichts billigere Materialien für die Kollektoren, Rationalisierung in der Fertigung sowie neue Ansätze bei Latent- und Saisonspeichern.

Eines der Materialien, auf dem Hoffnungen ruhen sind Kunststoffe. Dabei gibt es unterschiedliche Ansätze, um diese für die hohen Temperaturen auf dem Dach einsetzbar zu machen. Eine Variante sind spezielle Polymere, die mehr Hitze vertragen. Die sind aber teurer als Kupfer und Alu. Eine andere Idee ist es, mit Überhitzungsschutz zu arbeiten. Einen solchen Ansatz hat Stefan Brunold vom schweizerischen Institut für Solartechnik SPF 2010 vorgestellt.

Sein Produkt basiert auf einem Absorber, der ab einer bestimmten Temperatur nur noch wenig Hitze aufnimmt. Dazu könnten Kunststoffmischungen dienen, die bei niedrigen Temperaturen transparent sind und Wärme aufnehmen und bei hohen Temperaturen die Wärme streuen und nur noch in geringem Umfang aufnehmen. Brunold braucht aber noch einige Jahre bis zur Marktreife.

Eine andere Idee hat Enersearch in ersten Projekten erprobt. Kunststoffkollektoren dienen dort als Teile der Fassade. Erste Gebäude wurden bereits damit bestückt.

Das sind aber nur zarte erste Versuche. "Bei Kunststoffkollektoren ist die Perspektive noch unklar. Ich würde vermuten, dass es in zwei bis drei Jahren Nischenprodukte gibt, in der Breite werden Kunststoffkollektoren in den nächsten zehn Jahren jedoch vermutlich keine große Rolle spielen", schätzt Stryi-Hipp.

Ob und in welchem Umfang Kunststoffkollektoren tatsächlich langfristig konventionelle Kollektoren ersetzen werden, sei noch nicht abzusehen. Schließlich müssten sie nicht nur deutlich billiger sein, sondern auch nach 20 Jahren zuverlässig funktionieren und über diesen Zeitraum gut aussehen, um für die Kunden attraktiv zu sein. "Sie sind jedoch eine wichtige Option und müssen deshalb jetzt systematisch erforscht werden", betont der Freiburger Forscher.

Für vielversprechend hält er auch die Kombination von Fotovoltaik und Solarthermie in gemeinsamen Systemen. Sein Institut arbeitet derzeit an einem Kollektor, der nicht nur beide Formen der Nutzung von Sonnenenergie kombiniert, sondern einen guten Solarwärme- als auch einen guten Solarstromertrag mit einem System erzielen soll.

Auch die bessere Anpassung an unterschiedliche klimatische Bedingungen verschiedener Regionen oder einzelner Anwendungsgebiete ist noch eine Herausforderung. Bislang wird mit wenigen Kollektortypen das ganze Spektrum abgedeckt. Das werde sich ändern, ist Stryi-Hipp sicher: "Wir gehen für die Zukunft von anwenderspezifischen Solarkollektoren aus, die stärker an die jeweiligen Anforderungstypen angepasst sind."

Damit die Differenzierung der Produkte in der Summe für Hersteller und Kunden möglich wird, muss der Markt aber größer werden. Bislang sind 9 Gigawatt thermische Leistung installiert. Am Ende dieses Jahrzehnts sollen es nach den Vorstellungen der Solarforscher 56 Gigawatt sein.

Stryi-Hipp sieht die Sanierung als größte Herausforderung im Wärmebereich liegt in der Sanierung. Solaraktive Fassaden für Mehrfamilienhäuser seien ein vielversprechender Ansatz. Es könnten in einem Schritt die Wärmedämmung, Heizflächen, eine Lüftungsanlage, Solarkollektoren und Fotovoltaikmodule sowie neue Fenster installiert werden. Entsprechende Konzepte seien in der Pilotphase, berichtet er.

Die Solarthermieexperten bleiben trotz zweier kritischer Jahre optimistisch. 2009 und 2010 hatte es deutliche Einbrüche gegeben. In der Konkurrenz vor allem zu Wärmepumpen als Ergänzung bestehender Heizungsanlagen bei der Sanierung konnte sich Solarthermie nicht wirklich behaupten. Stryi-Hipp ist aber sicher, dass sich das wieder ändern wird: "Der Marktrückgang 2009 und 2010 in Deutschland von jeweils zirka 25 Prozent ist vorübergehend. Wir erwarten, dass der Solarthermiemarkt in den kommenden Jahren wieder auf ein Volumen von drei bis fünf Millionen Quadratmetern pro Jahr wächst."

Er sieht viele Gründe für die Einbußen. Ein wesentlicher sei der Ölpreis, der 2009 eingebrochen ist. "Auch die starke Nachfrage bei der Fotovoltaik spielt eine Rolle, da sie aktuell für viele Investoren eine attraktivere Investition darstellt", ergänzt er. Ein Hemmnis sei aber vor allem auch die Verunsicherung der Hausbesitzer durch Hin und Her bei der Förderpolitik. Diese wüssten nicht, was sie tun sollen, und warteten ab mit ihren Investitionen, solange kein Handlungsdruck da ist, beobachtet Stryi-Hipp.

Ein weiteres Handicap für Solarthermie ist die Tatsache, dass es sehr viele Möglichkeiten gibt, den Primärenergieverbrauch zu reduzieren, etwa auch durch bessere Dämmung. Im Forschungsprojekt Heizsolar will der Freiburger Forscher Alternativen untersuchen und die Grundlagen für eine wissenschaftliche Bewertung von Gebäuden schaffen, die zu mehr als 50 Prozent solar beheizt werden. Projektpartner sind das Fraunhofer ISE, das Institut für Thermodynamik und Wärmetechnik ITW der Uni Stuttgart, die TU Ilmenau und das Sonnenhaus-Institut.lick

Das Projekt läuft seit September 2010 bis zum November 2012 und untersucht die Energiebilanzen unterschiedlicher energieoptimierter Baukonzepte wie Nullenergiehaus, Passivhaus, Drei-Liter-Haus, Sonnenhaus oder Solaraktivhaus. Man werde diese Häuser klassifizieren und sie dann auf Basis von Modellierungen vergleichen, sagt Stryi-Hipp.

von unserer Redakteurin Pia Grund-Ludwig

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