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Gutachten: Bei hohem Eigenverbrauch lohnt Netzeinspeisung nicht

Finanzministerium regelt Umsatzsteuer auf PV-Eigenverbrauch

Der Eigenverbrauch von Solarstrom lohnt sich laut Rechtsgutachten nur ohne gleichzeitige Netzeinspeisung. © Grund-Ludwig

Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer auf Eigenverbrauch von Solarstrom ist der Preis, zu dem Strom aus dem Netz bezogen wird. Das hat das Bundesfinanzministerium jetzt klargestellt.

Wer Solarstrom selbst verbraucht und sich gegen eine Befreiung von der Umsatzsteuer entschieden hat, zahlt die 19 Prozent Umsatzsteuer künftig auf den Preis, den er für Strom aus dem Netz bezahlt. Das geht aus dem neuesten Anwendungserlass des Bundesfinanzministeriums hervor, der seit langem erwartet worden war. Bislang war unklar, welche Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Umsatzsteuer anzuwenden ist. Meist wurden die deutlich unter dem Preis für Netzstrom liegenden Herstellungskosten angesetzt.

Der PV- und Speicher-Großhändler Fenecon hat den Erlass zum Anlass genommen, die auf die Energiebranche spezialisierte Kanzlei Becker, Büttner, Held (BBH) mit einem Rechtsgutachten zu beauftragen. "Wer seine Fotovoltaikanlage zur Einspeisung ins öffentliche Stromnetz anmeldet, zahlt am Ende beim Finanzamt drauf", heißt es in einer Pressemitteilung zu den Ergebnissen des Rechtsgutachtens.

Der Anwendungserlass führe in der Praxis dazu, dass die Abgabelast um 150 Prozent steige: Anstatt zwei Cent je Kilowattstunde Eigenverbrauch bei Herstellungskosten von rund 10 Cent müssten künftig rund fünf Cent an den Staat abgeführt werden. Das gelte für alle Anlagen, die Überschüsse in das Netz einspeisen und für die die Vorsteuer beim Anlagenkauf erstattet wurde – Stichwort "gewerblicher Betrieb".

Rechtsgutachten belegt auch Nachteile bei Einkommensteuer

Das Rechtsgutachten zeigt einen weiteren und noch größeren Nachteil für neue PV-Anlagen mit Eigenverbrauch, die Überschüsse in das Netz einspeisen: Da der Eigenverbrauch einer Privatentnahme gemäß Einkommensteuergesetz entspricht, entsteht ein sogenannter geldwerter Vorteil. Diesen müssen die Anlageneigentümer abzüglich der Abschreibung mit der jeweils gültigen Einkommensteuer versteuern. Ein individueller Einkommensteuersatz von zum Beispiel 30 Prozent bringt damit dem Fiskus pro selbst genutzter Kilowattstunde im Eigenverbrauch weitere vier bis acht Cent.

Hinzu kommt der Effekt der kalten Progression, also ein höherer allgemeiner Steuersatz durch die virtuelle Erhöhung des Einkommens. Mit weiteren Abgaben für Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer gehen pro selbstverbrauchter Kilowattstunde insgesamt zehn bis 15 Cent an den Staat. Sollten die Strompreise steigen, nehmen die Abgaben entsprechend zu.

Die Kosten für Umsatzsteuer und Einkommensteuer während der Lebensdauer einer Fotovoltaikanlage fallen damit dem Gutachten zufolge höher aus als die gesparte Mehrwertsteuer beim Anlagenkauf und die Einnahmen aus der Einspeisung. "Eine privat betriebene Anlage mit Stromspeicher ohne Überschusseinspeisung ist in den meisten Fällen wirtschaftlicher als eine PV-Anlage mit oder ohne Speicher und Einspeisung von Überschüssen und dem damit einhergehenden gewerblichen Betrieb", so die Schlussfolgerung. Wer nichts ins Netz einspeise, betreibe seine PV-Anlage auch nicht als Unternehmer.

Susanne Jung vom Solarenergie-Förderverein Deutschland sieht diese Aussage kritisch: "Es ist schwierig, dazu eine pauschale Aussage zu treffen, da man das immer im Kontext aller steuerlichen Aspekte sehen muss." Zum Beispiel verzichtet, wer die Anlage nicht als Unternehmer betreibt, auf die Möglichkeit, sich die für die Erstellung gezahlte Umsatzsteuer vom Finanzamt zurückzuholen. Zudem entfällt die steuermindernde Abschreibung der Anlagekosten über die Nutzungsdauer.

Es muss stets der Einzelfall betrachtet werden

"Tatsächlich lohnt sich der Verzicht auf die Einspeisung nur, wenn ein gewisser Grad an Eigenversorgung erreicht wird", räumt auch Franz-Josef Feilmeier, Gründer und Eigentümer von Fenecon ein. Gleichzeitig müsse man aber auch den steigenden Strompreis im Auge haben. Im Rechtsgutachten wurde eine Strompreissteigerung von drei Prozent pro Jahr angenommen. "Bei 55 bis 60 Prozent Eigenversorgung über ein PV-System mit Speicher und dieser angenommenen Strompreissteigerung lohnt es sich in der Regel nicht, ins Netz einzuspeisen", so Feilmeier. Allerdings müsse man bei der Beurteilung auch die persönliche Situation im Blick haben. Bei einem Rentner etwa, der nicht mehr so viel Steuern zahlt, könne das anders aussehen. "Im Einzelfall empfiehlt sich immer der Gang zum Steuerberater, der genau hinschaut."

Soll auf die Netzeinspeisung verzichtet werden, empfiehlt Fenecon die Anschaffung eines Speichersystems, das auf der Gleichstromseite mit der PV-Anlage verbunden ist und eines speziell dazu passenden DC-Wechselrichters. Bei PV-Anlagen mit einem herkömmlichen Wechselrichter kann die Netzeinspeisung und daraus entstehende Netzbelastung bei einem Ausfall der Regeleinheit nicht verhindert werden, so das Großhandelsunternehmen, das als Generaldistributor für den chinesischen Technologiekonzern BYD - Build Your Dreams agiert. Solche Systeme gelten als nicht prozesstabil, weshalb die Netzbetreiber die Leitungskapazität dennoch prüfen, freihalten und regelmäßig vor Ort einen Zweirichtungszähler installieren.

Eigentümer von PV-Anlagen mit Wechselstrom-seitig gekoppelten Speichern müssten so den Eigenverbrauch versteuern. Ebenfalls nicht ideal seien Inselanlagen mit Netzumschaltung, trotz des damit möglichen steuerfreien Eigenverbrauchs: Sie sind nicht förderfähig gemäß den KfW-Vorgaben. Außerdem bringe die Umschaltung zwischen Speicher und Netz für den Kunden Nachteile mit sich, weil während der Umschaltung auf das Netz kein eigener Sonnenstrom mehr genutzt werden kann.

Gleichstrom-Wechselrichter verhindert Netzeinspeisung zuverlässig

Technisch zulässig für steuerfreien Eigenverbrauch sei hingegen der Betrieb der PV-Anlage in Verbindung mit einem 3-phasigen, netzparallel-nichteinspeisenden DC-Speicher. Die PV-Anlage ist hier über Laderegler an die Batterie und den Wechselrichter gekoppelt. "Die Wechselrichter sind zwar mit dem Netz verbunden, versorgen aber nur die Verbraucher aktiv und speisen prozessstabil nicht in das Netz ein. Statt ins Wechselstromnetz zu drücken, ziehen die Wechselrichter nur den Strom, der in dem Moment tatsächlich von den Verbrauchern angefordert wird", erklärt Franz-Josef Feilmeier. "Wichtig ist dabei, dass Stromproduktion und Stromlieferung in zwei separaten Prozessen stattfinden."

Solche Anlagen müssen Fenecon zufolge dem Netzbetreiber nur gemeldet werden – ein Zählertausch findet nicht statt, die Anlage wird vollständig privat betrieben. "Diese Erkenntnis wird eine radikale Änderung des Marktes in Gang setzen", ist sich Feilmeier sicher, der als BYD-Entwicklungspartner ein solches System aus Gleichstromwechselrichter und Speicher entworfen hat. "BYD baut die Wechselrichter nach unseren Vorgaben", so Feilmeier. von Silke Thole

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