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NRW will Kompromiss zur Solarstromförderung in Bundesrat einbringen

Eigenverbrauch lässt sich bis auf 40 Prozent erhöhen

Bernd Wenzel zeigt, wie Bürger mit Solartechnologie sparen können. © Allé

Die Frage, wie der Energieverbrauch mit möglichst viel Solarstrom und Solarthermie gedeckt werden kann diskutiert eine Studie des Bundesverbands Solarwirtschaft.

In Berlin wurde zum Auftakt der Woche der Sonne eine neue Studie zur Selbstversorgung mit Solarstrom und Solarwärme vorgestellt, die das Ingenieurbüro für neue Energien IfnE im Auftrag des Bundesverband Solarwirtschaft (BSW Solar) erstellt hat.

Ein zentrales Thema der Studie war die Fragestellung, wie Verbraucher einen möglichst hohen Anteil ihres Energieverbrauchs mit Solarstrom und Solarwärme decken können, und ob dies im Zuge der neuen EEG-Vergütung für Solarstrom noch einen finanziellen Vorteil bietet. Über 1,6 Millionen Häuser in Deutschland werden bereits mit Wärme aus Solarthermieanlagen versorgt - "das ist ein konkret messbarer Nutzen", sagte Jörg Mayer, Geschäftsführer des BSW Solar. Mit einem Quadratmeter Solarkollektorfläche lassen sich bereits viele Liter Heizöl einsparen.

 
Doch man stehe noch am Anfang, die Aufklärungsarbeit müsse fortgeführt und die Bevölkerung weiter für das Thema begeistert werden - gerade weil sich die gesetzlichen Vorgaben laufend änderten bestehe häufig Verunsicherung.

Die sechste "Woche der Sonne" sei nun die erste, so Udo Sieverding, Bereichsleiter Energie der Verbraucherzentrale NRW, wo man bereits Netzparität erreicht habe. Der Selbstverbrauch von Solarstrom ist nicht mehr teurer als der Kauf des Stroms vom Versorger. Die Betreiber von Fotovoltaikanlagen speisen ihren Strom bislang überwiegend ins öffentliche Netz ein.

Im Zuge der aktuellen Änderungspläne für die EEG-Solarstromförderung erhalten alle Anlagen bis 10 KW, die seit dem 1. April 2012 angeschlossen wurden, ab dem 1. Januar 2013 nur noch eine Vergütung für 80 Prozent der erzeugten Solarstrommenge. Die Betreiber von Neuanlagen sind nun also verpflichtet, mindestens 20 Prozent des selbst erzeugten Stroms entweder selbst zu verbrauchen oder zu vermarkten. Letzteres ist für private Betreiber zu aufwendig, also bleibt der Eigenverbrauch.

Die Gesetzesänderung, die von der deutschen Solarindustrie kritisch aufgenommen wurde, verteidigte die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium Ursula Heinen-Esser: "Die Energiewende ist ein Generationenprojekt." Bedauerlich seien zwar die gehäuften Insolvenzen in der deutschen Solarbranche, man befinde sich in einer schwierigen Lage. Ein jährlicher Zubau von 7.500 Megawatt Solarstrom in den letzten Jahren wäre aber aus ihrer Sicht nicht als nachhaltig zu bezeichnen.

Johannes Remmel, grüner Umweltminister Nordrhein-Westfalens, kritisierte das Vorgehen der Bundesregierung. Gerade die Solarstromanlage auf dem Dach sei eine wichtige politische Strategie zur Energiewende als auch zur wirtschaftlichen Entwicklung. Allein in Nordrhein-Westfalen seien 26.000 Menschen in der Solarbranche beschäftigt und erwirtschaften einen Umsatz von rund 8,3 Milliarden Euro. Von anfangs 99 Pfennig auf 20 Cent sei die Kilowattstunde Solarstrom mittlerweile gesunken. Der Peak sei fast erreicht, Solarstrom vom Dach bald billiger als der Strom aus der Steckdose; doch nun werden mit den neuen Regelungen Handwerk und Industrie ausgebremst.

Das Land Nordrhein-Westfalen werde auf jeden Fall eine Initiative im Bundesrat starten, um einen Konsens zu erzielen und vor allem im mittleren und unteren Segment noch geeignete Kompromisslösungen auszuhandeln - um etwa wie in Frankreich oder Italien regionale Wertschöpfungsparameter mit in das Gesetz einzubringen.

Vor dem Hintergrund der aktuellen Gesetzesvorlage beleuchtet die Studie nun die Möglichkeiten zum Eigenverbrauch von Solarstrom. Energiebedarf und Solarstromproduktion passen nicht immer optimal zusammen. Privathaushalte müssen in der Regel mehr dafür tun, um ihren Stromverbrauch den Sonnenstunden anzupassen als etwa Gewerbebetriebe, Supermärkte oder öffentliche Einrichtungen wie Schulen, wo die Auslastung aufgrund der Tagesnutzung optimal ist.

Doch die solare Selbstversorgung habe auch Vorteile, berichtet Studienleiter Bernd Wenzel vom Ingenieurbüro IfnE. Einmal könnten das, bei optimaler Nutzung, finanzielle Vorteile sein wie auch eine größere Energieunabhängigkeit für Verbraucher - denn schon heute könne man mit Solarenergie einen erheblichen Teil des Energieverbrauchs selbst produzieren. Ein Vier-Personen-Haushalt kann laut Studie auf das Jahr gesehen bis zu 40 Prozent seines Strombedarfs mithilfe der eigenen Solaranlage decken. Solarthermieanlagen können je nach Gebäudetyp und Anlagengröße zwischen 8 und 60 Prozent der benötigten Wärme für Warmwasser und Heizung liefern. Im Vergleich zur fossilen Energieerzeugung vermeiden Bewohner von Einfamilienhäusern mit Neubau nach EnEV 2009 nach Aussagen der Studie mit Solartechnik rund vier Tonnen CO2 im Jahr.

Nicht zu unterschätzen sei das Sparpotenzial von selbst genutzter Solarenergie für die Verbraucher. Dieser Vorteil würde sich bei steigenden Energiepreisen für fossile Energien bis 2020 ganz deutlich erhöhen. Wer heute noch ohne Haustechnik auf Basis erneuerbarer Energien baue, so Umweltminister Remmel, schaffe sich eine Immobilie mit eingebauter Wertminderung. Sieverding betonte, dass sich die Investition in eine PV-Anlage mit der neuen Gesetzeslage weiterhin für die Verbraucher lohne. Doch mit der neuen Regelung werde es komplizierter, räumte er ein.

Durch das neue Einspeisemanagement komme eine neue Dynamik ins Spiel. Der Konsument wird plötzlich auch zum Produzenten, zum Prosumer. Das mache die Sache nicht einfacher und werfe neue Fragen auf. Die IfnE- Studie erläutert konkrete Maßnahmen, wie die Verbraucher einen möglichst hohen Anteil ihres Energiebedarfs mit Solarstrom decken können: etwa durch Anpassung der Betriebszeiten von elektrischen Haushaltsgeräten wie Waschmaschine und Trockner an die Sonnenzeiten. Allerdings werden dann auch ein elektronisches Steuerungssystem oder ein intelligenter Zähler für eine passgenaue Abstimmung notwendig. Bei der solarthermischen Energienutzung können etwa Komponenten wie Gebäudedämmung, Wärmespeicher oder eine Anpassung des Heizsystems den Wärmebedarf reduzieren.

Das Entwicklungspotenzial bis 2020 sei hoch, so Wenzel. Mit einem KfW70-Haus und einer groß dimensionierten Solarwärmeanlage könne bereits heute der von der EU vorgeschriebene Gebäudestandard 2020 eingehalten werden. In Deutschland lieferten Solaranlagen im Jahr 2011 rund 4,6 TWh Solarwärme und 18,5 TWh Solarstrom, das entspricht der Energiemenge von 396.000 Tonnen Rohöl für den solaren Wärmeanteil und der Jahresleistung von 2,5 Atomkraftwerken für die Solarstrommenge.

Ein Problem bleibt der in Deutschland relativ geringe Anteil an Eigenheimbesitzern, für die eine Solaranlage überhaupt in Frage kommt - denn auf Mietshäusern ist der Betrieb einer Solaranlage immer noch kompliziert und juristisch oft nur schwer zu regeln. Private Anlagenbetreiber, so Wenzel, würden in der Regel nicht auf den Cent genau die Amortisation ihrer Anlage berechnen - denn auf lange Sicht gesehen sei das eine sichere Investition in Hinsicht auf steigende Energiepreise und ein Beitrag für Klimaschutz und eine dezentrale Energieversorgung.

von unserer Mitarbeiterin Nicole Allé

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