Mindestluftwechsel ist durch Stoßlüften nicht erreichbar

Moderne Fenster integrieren Lüftung

Am Fenster montiert bleiben Lüftungsgeräte unscheinbar. © Schüco

Lüftung lässt sich auch in Fenster integrieren. Die Alternative sind dezentrale Lüftungsgeräte.

Moderne Fenster sparen Energie, verhindern aber auch die wichtige Frischluftzufuhr. "Durch den Austausch alter, undichter Fenster gegen moderne, hochwärmegedämmte Fenster entfällt in einem Gebäude an jedem Fenster ein Luftwechsel in der Größenordnung eines tennisballgroßen Loches", betont Ulrich Tschorn, Geschäftsführer des Verbandes der Fenster- und Fassadenhersteller VFF. In die Fenster integrierte Lüftungsvorrichtungen sorgen dafür, dass eine minimale nutzerunabhängige Lüftung zum Feuchteschutz erhalten bleibt. Eine Alternative sind dezentrale Lüftungsgeräte, die an den Außenwänden angebracht werden.
 
Gemäß der DIN-Norm 1946-6 muss in einem Gebäude das Luftvolumen aller beheizten Räume innerhalb von zwei Stunden komplett ausgetauscht werden, um Problemen wie Schimmelbefall vorzubeugen. Dieser Mindestluftwechsel von 0,5 lässt sich über das aus energetischer Sicht optimale Stoßlüften – Fenster weit auf, Heizung aus – kaum erzielen. Daher sieht die DIN auch eine nutzerunabhängige Mindestlüftung vor.

Im Zuge einer Fassadensanierung mit Austausch der Fenster lässt sich eine nutzerunabhängige Lüftung am einfachsten durch eine Integration in die Fenster realisieren. So baut die Kreisbaugesellschaft Tübingen bereits seit Jahren nur Fenster mit Falzlüftern in ihre Gebäude ein. Das sind einfache Zuluft-Einrichtungen in den Fensterrahmen, durch die frische Luft nachströmen kann, während in der Wohnung über die Lüfter im Bad oder in der Küche verbrauchte Luft abgesaugt wird. "Diese Einheiten schließen bei bestimmten Windgeschwindigkeiten, stellen also keine unkontrollierte, ständige Zuluft dar und sind damit deutlich energieeffizienter als ein undichtes Fenster", betont VFF-Geschäftsführer Tschorn. Nachteil der Lösung: Mit der Abluft wird auch Wärme abtransportiert.

Eine andere Möglichkeit sind im Fenster integrierte Lüftungsanlagen. Ein Beispiel dafür ist das System VentoTherm des Anbieters Schüco, das auch nachgerüstet werden kann. Das Lüftungsgerät wird am Fenster in den oberen Blendrahmen montiert. Es saugt die verbrauchte Luft ab und führt sie einer Wärmerückgewinnung zu. Immerhin 45 Prozent der Wärme aus der Abluft werden laut Hersteller im Wärmetauscher auf die Frischluft übertragen und damit Schüco zufolge die Lüftungsenergieverluste um bis zu 35 Prozent gesenkt. Weiterer Vorteil dieser Lüftungsvariante: Die angesaugte Frischluft wird mit einem Taschenfilter der Filterklasse F7 gefiltert, so dass Pollen und Feinstaub nicht in die Wohnungen eindringen können.

Schüco-Sprecherin Ulrike Krüger berichtet von Wohnungsbaugesellschaften, die gute Erfahrungen mit dem System gemacht haben. Auf der fensterbau -frontale im März 2010 in Nürnberg zeigt der Hersteller in einer Studie, wie das Lüftungsgerät unabhängig vom Stromnetz betrieben werden könnte. Dazu versorgen mehrere Photovoltaik-Module, in eine als Vordach konzipierte Glaslamelle über dem Fenster integriert, das Gerät mit Energie.

Nicht völlig nutzerunabhängig, aber dafür für geschickte Wohnungseigentümer auch ohne Hilfe vom Fachmann nachrüstbar ist das automatische Fenster-Schließsystem Winflip des österreichischen Unternehmens Win Products, das ebenfalls auf der Nürnberger Messe zu sehen sein wird. Mit dem System lassen sich nahezu alle gängigen Fenster mit Kippfunktion nachrüsten. Es kostet 100 Euro pro Fenster.

Fenster können damit mit einer Zugleine entriegelt und geöffnet werden. Nach Ablauf der eingestellten Lüftungszeit, zwischen fünf Minuten und über fünf Stunden, schließt sich das gekippte Fenster von alleine und wird mittels einer eigenen, vom Beschlag unabhängigen Verriegelung verschlossen. Winflip arbeitet mechanisch, es werden weder Strom noch Batterie benötigt.

Energetisch betrachtet stellt Winflip keine optimale Lüftungs-Lösung dar, besteht doch die Gefahr, dass die Wohnung bei lange in Kippstellung stehenden Fenstern auskühlt. Der Hersteller wirbt jedoch damit, dass das System Schluss mit vergessenen gekippten Fenstern macht und damit sehr wohl hilft Energie zu sparen. sth

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