Planer drohen Haftungsrisiken

Lüftungskonzept fehlt oft bei Neubau und Sanierung

Lüftungskonzepte bringen Rechtssicherheit für Planer. © Internorm

Die EnEV schreibt vor, dass nach den Regeln der Technik luftdicht gebaut wird, verlangt aber explizit kein Lüftungskonzept. Ein Verzicht auf ein solches Konzept birgt aber für Planer Haftungsrisiken.

Laut Energieeinsparverordnung müssen Gebäude nach den Regeln der Technik luftdicht gebaut werden. Gleichzeitig soll der für die Hygiene erforderliche Mindestluftwechsel sichergestellt sein. Vorschriften, wie das zu erfolgen hat, finden sich in der EnEV nicht. Ergo ist auch die Erstellung eines Lüftungskonzepts nicht zwingend vorgeschrieben, denkt sich so mancher Planer und verzichtet darauf. Ein Fehler, der teuer werden kann.

"Die DIN 1946-6 ist nicht als Rechenregel in der EnEV verankert, aber sie ist eine allgemein anerkannte Regel der Technik", argumentiert Peter Paul Thoma, Geschäftsführer des Bundesverbands für Wohnungslüftung (VfW). Als solche geht sie auch in die Rechtsprechung ein, was im Klartext bedeutet: Wer sich nicht darum kümmert, riskiert erhebliche Haftungsrisiken. Ist der Mindestluftwechsel zum Feuchteschutz nicht gewährleistet, drohen Schimmel und eine Gefährdung der Bausubstanz.

Planer sollten sich an die DIN 1946-6 halten

Energieberater, Architekten und andere Planer tun also gut daran, sich an die DIN 1946-6 zu halten. Diese schreibt vor, dass für Altbauten ein Lüftungskonzept erstellt werden muss, wenn ein Drittel der vorhandenen Fensterflächen erneuert werden, bei Einfamilienhäusern außerdem, wenn die Dachfläche abgedichtet wird. Bei Neubauten kann nur dann auf das Lüftungskonzept verzichtet werden, wenn der Einbau einer Lüftungsanlage ohnehin geplant ist.

Thoma zufolge ist ein Lüftungskonzept die Ermittlung des notwendigen Luftwechsels und der Nachweis darüber, wie dieser im konkreten Fall sichergestellt werden kann. "Im Kern geht es um die Frage, ob der Luftvolumenstrom durch Infiltration, also durch die Gebäudehülle, ausreicht, um den Mindestluftwechsel für den Feuchteschutz sicherzustellen", so Thoma. Ist das nicht der Fall ist eine lüftungstechnische Maßnahme erforderlich.

Blower-Door-Test zeigt Luftströme

Eine Möglichkeit festzustellen, wie hoch der Außenluftvolumenstrom über die Gebäudehülle ist, ist der Blower-Door-Test. Er ermittelt, welche Luftmenge ein Ventilator fördern muss, um zwischen innen und außen eine bestimmte Druckdifferenz aufrecht zu erhalten. Üblicherweise wird in dem Verfahren der n50-Wert ermittelt. Er gibt an, wie oft bei einer Druckdifferenz von 50 Pascal in einer Stunde das gesamte Gebäudeinnenvolumen an Luft ausgetauscht wird. "Eigentlich läßt sich nur mit einem solchen Test eine realistische Größe für die Infiltration bestimmen", sagt Thoma.

Auch Claus Händel, Technischer Referent beim Fachverband Gebäude-Klima, sieht es als Idealfall, wenn der Erstellung des Lüftungskonzeptes ein Blower-Door-Test vorausgeht. Pflicht sei dieser aber nur beim Einbau einer Lüftungsanlage, und genau dann müsse ja kein Lüftungskonzept mehr erstellt werden. Und so erfolgt die Berechnung im Rahmen des Lüftungskonzepts meist mit Default-Werten, die die durchschnittliche Praxis wiederspiegeln.

"Manuelle Fentserlüftung ist keine lüftungstechnische Maßnahme"

Tatsächlich wird in der Praxis vor allem im Sanierungsfall oft kein Lüftungskonzept erstellt, auch wenn es nach DIN 1946-6 erforderlich wäre. Händel zufolge kann aber immerhin festgestellt werden, dass zumindest fast alle schon mal etwas darüber gehört haben. Das Thema sei angekommen, werde aber vermieden, "weil manchmal unbequeme Wahrheiten zutage kommen".

"Bei einem Gebäude, das entsprechend der EnEV 2014 gebaut oder saniert wird, führt das Lüftungskonzept in der Regel zu dem Ergebnis, dass lüftungstechnische Maßnahmen erforderlich sind", nennt Experte Thoma eine solche Wahrheit. Schließlich sind heutzutage n50-Werte von 1,5 in der Sanierung und 1,0 im Neubau die Regel. "Ohne große Anstrengung werden im Neubau sogar schon Werte um 0,7 erreicht", so der VfW-Geschäftsführer. "Manuelle Fensterlüftung ist keine lüftungstechnische Maßnahme, da sie nicht nutzerunabhängig ist", stellt er klar.

Das heißt: Es reicht nicht aus, den Besitzer eines Altbaus nach dem Austausch sämtlicher Fenster darauf hinzuweisen, dass er nun regelmäßig lüften muss, um Schimmelbildung zu vermeiden. Vielmehr muss der Architekt oder, wenn die Maßnahme ohne einen solchen umgesetzt wird, der ausführende Handwerker ein Lüftungskonzept erstellen oder erstellen lassen. Daraus muss hervorgehen, mit welchen technischen Maßnahmen der nutzerunabhängige Mindestluftwechsel sichergestellt werden kann. Mit einem solchen Konzept ist der Handwerker dann weitgehend auf der sicheren Seite.

Freilich ist der Bauherr nicht verplichtet, diese Maßnahmen auch umzusetzen. Doch setzt er sich, tut er es nicht, ebenfalls einem hohen Haftungsrisiko aus - etwa wenn er den Wohnraum nicht selbst nutzt und es zu Schimmel oder zu gesundheitlichen Schäden aufgrund des Lüftungsmangels kommt. von Silke Thole

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