IT-Konzerne arbeiten an gemeinsamen Plattformen

Internet der Dinge soll Smart Home simpler machen

Einfache Gebäudeautomation verspricht das Internet der Dinge. © Messe Frankfurt / Sutera

Das Internet der Dinge soll dafür sorgen, dass Smart-Home-Lösungen größere Verbreitung finden. Die großen IT-Konzerne sind längst aus den Startlöchern.

Die intelligente Vernetzung des Smart Home kommt in Deutschland nur schleppend voran. Die Technik mit der Hausgeräte, Heizungen und Unterhaltungselektronik miteinander vernetzt werden können, ist nicht nur teuer, sondern auch schwer zu installieren. Es fehlen vor allem Standards für die Kommunikation der Geräte untereinander.

Konzerne wie ABB, Bosch, Cisco und LG wollen das ändern. Sie planen das Haus mit Hilfe von Internettechnik zu vernetzen und eine Software-Plattform für Smart Homes bereitzustellen, über die alle Geräte miteinander kommunizieren und unterschiedlichste Unternehmen Dienste für das intelligente Haus anbieten können.

Bislang fehlt solch eine gemeinsame Plattform. Deshalb können Geräte vom Lichtschalter über den Rollladenmotor bis hin zu Waschmaschine, Multimedia-Anlage, Smartphone und Tablet-PC bisher in der Regel weder untereinander noch über das Internet einfach Informationen auf standardisierte Art und Weise austauschen. Die gemeinsame Plattform soll ein erster Schritt in Richtung Internet der Dinge für Wohngebäude sein, erklärten die Unternehmen bei der Vorstellung ihrer Idee.

Mit dem neuen Internetstandard IPv6, der vor knapp zwei Jahren den IPv4 abgelöst hat, ist die Zahl der IP-Adressen ins Unendliche gewachsen. Dadurch kann nicht nur jeder Computer, jedes Tablet, jedes Smartphone mit einer solchen individuellen Adresse ausgestattet werden, sondern theoretisch jeder Gegenstand – vom Toaster bis zum Sensor am Fenstergriff. "Wir denken, dass in naher Zukunft jedes neue Gerät im Haushalt mit anderen kommunizieren kann", prognostiziert Michael Schidlack, Bereichsleiter Consumer Electronics beim Branchenverband Bitkom.

Geräte im Haus werden dazu beispielsweise mit einem Chip oder Sensor mit eigener IP-Adresse ausgerüstet, wodurch jedes einzelne Element eindeutig identifizierbar und ansteuerbar wird. Die Geräte sind teilweise auch getagged, was bedeutet, dass zu den Geräten im Smart Home Informationen zum Beispiel über Hersteller, Produktnamen und Leistung hinterlegt sind. Dabei besitzt das Smart Home eine eigene Programmierschnittstelle, die auch via Internet angesprochen und über erweiterbare Apps gesteuert werden kann.

Eine zentrale Voraussetzung für den Erfolg des Internets der Dinge ist die Steuerung über mobile Endgeräte. Knapp zwei Drittel der Deutschen besitzen ein Smartphone, ein Tablet-Computer ist in knapp 30 Prozent der Haushalte vorhanden. "Insbesondere jene Anbieter werden künftig eine dominierende Stellung am Markt einnehmen, die möglichst viele Geräte möglichst einfach für Smart-Home-Lösungen nutzbar machen", schreibt Andreas Gentner von der Beratungsfirma Deloitte in einer Studie.

Kein Wunder, dass sich inzwischen auch IT-Größen wie Microsoft oder Google verstärkt für die Vernetzung von Gebäuden interessieren. So entwickelt der Softwarekonzern aus Redmond ebenfalls eine Softwarelösung, die die Steuerung des Smart Home erleichtern soll. Das Werkzeug namens "Lab of Things" soll nicht nur die Hardware per Rechner steuern, sondern Entwickler dabei unterstützen, neue Apps für das vernetzte Heim zu programmieren, um noch mehr aus dem Konzept herauszuholen. Und Mitte Januar 2014 kaufte der Internetkonzern Google für 3,2 Milliarden Dollar das US-Start-up Nest Lab. Das Unternehmen wurde von Tony Fadell gegründet, der bei Apple den iPod maßgeblich entwickelt hat. Nest Lab stellt smarte Thermostate und Rauchmelder her.

Mit dem Kauf hat sich der Suchmaschinenkonzern das technische Know-how für den Einstieg in das Internet der Dinge gesichert. Denn das Thermostat des Start-ups kann viel mehr, als nur eine eingestellte Temperatur steuern. In dem schlichten Gehäuse von "Nest" steckt jede Menge Know-how und Technik: So lernt das Thermostat, wann und wie es eingestellt wird und passt sich so dem Verhalten seines Nutzers automatisch immer besser an. Anhand eines Bewegungssensors kann es zusätzlich erkennen, ob sich noch jemand in der Wohnung befindet. Und via Internet schaut es nach, wie sich das Wetter entwickelt und reagiert entsprechend darauf.

Analystin Elizabeth Mead vom Marktforscher IHS geht davon aus, dass Google künftig zusammen mit Nest Labs eine wichtige Position einnehmen könnte. Entscheidend sei, wie es dem Internet-Konzern gelinge, Sensoren und Geräte im Haus intelligent mit bestehenden Google-Services zu verknüpfen. Ein Thermostat regelt dann eben nicht nur die Temperatur, sondern sucht auch zugleich den günstigsten Energieanbieter.

Auch Bosch hat gute Chancen, zu einem entscheidenden Player bei der Vernetzung des Smart Homes zu werden. Der Konzern hat Ende vergangenen Jahres eine Tochterfirma gegründet, die winzige Sensoren entwickelt, welche die Basisinformationen für das Internet der Dinge und Dienste liefern könnten. In entsprechender Stückzahl hergestellt, soll solch ein Sensor nach Unternehmensangaben gerade mal einen Dollar kosten und dazu beitragen, den Massenmarkt zu erreichen.

Anfang 2014 hat der Elektronik-Konzern aus Baden-Württemberg auf der Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas diese winzige Bausteine für die vernetzte Welt erstmals der Öffentlichkeit präsentiert und mögliche Anwendungen gezeigt. Diese sogenannten MEMS-Sensoren (Micro Electro Mechanical Systems) sind nur wenige Millimeter groß und ihr Potenzial scheint riesig. Mikroskopisch feine Strukturen im Inneren messen Beschleunigung, Luftdruck, Erdmagnetfeld, Geräusche, Drehraten oder Temperatur. Ausgestattet mit Miniaturbatterie und winziger Funk-Schnittstelle, können sie die Messdaten via Internet nicht nur zum Home-Server, sondern direkt aufs Smartphone des Nutzers schicken. Die vernetzten Sensoren ermöglichen es, die Umgebung zu erkennen und mit ihr zu interagieren.

"Es wird viele neue Lösungen für mehr Komfort, Sicherheit und Energieeffizienz geben, die den Nutzern Zeit und Kosten sparen", ist sich Volkmar Denner, Vorsitzender der Bosch-Geschäftsführung, sicher. Es sei heute noch gar nicht absehbar, welche neuen Anwendungen, Funktionen und Geschäftsmodelle die neuen Sensoren ermöglichen werden. "Wir sehen hier ein riesiges Potenzial", so der Bosch-Manager.

Während der Elektronik-Konzern bei der Vernetzung des Hauses noch am Anfang steht, ist das Schweizerische Unternehmen Digitalstrom schon ein ganzes Stück weiter. Nach einer siebenjährigen Entwicklungsphase und konzeptioneller Zusammenarbeit mit der ETH Zürich sind die Schweizer mit ihrer Technik für die Hausvernetzung bereits seit 2011 am Markt. Um die einzelnen Komponenten des Smart Home mit einer Steuereinheit zu vernetzen, stattet Digitalstrom die elektrischen Geräte im Haus mit einer intelligenten Lüsterklemme aus, die durch einen eingebauten Hochvoltchip nicht nur Schalten und Dimmen, sondern auch Strom messen, über die Stromleitung kommunizieren und kleine Programme ablaufen lassen kann. "So entsteht ohne Eingriffe in die Bausubstanz eine digitale Infrastruktur, die sich designneutral installieren lässt und sowohl für Neubauten als auch zur Nachrüstung in Miet- oder Altbauwohnungen geeignet ist", erläutert Martin Vesper, CEO der Digitalstrom AG, das Konzept.

Schnittstellen zu anderen Systemen sollenden Kunden die Möglichkeit bieten, ihr Haus um beliebige Anwendungen und Dienstleistungen zu erweitern und später sogar verschiedene Services zu nutzen, die von Dienstleistern angeboten werden. "Beim Smartphone haben wir uns daran gewöhnt, zu geringen Kosten neue Funktionalitäten und Programme herunterzuladen. Beim Smart Home wird das nicht anders sein", so Vesper.

Um zu demonstrieren, wie solche Dienste von Externen aussehen können, kooperiert das Unternehmen mit dem Wetterdienst der MeteoGroup. Kunden können beispielsweise ihre Haussteuerung mit dem Warndienst der MeteoGroup verknüpfen, der vor Hagelschlag warnt. "Dann sorgt die Steuerung dafür, dass Jalousien und Markisen automatisch hochfahren und so vor Schäden geschützt werden", erklärt der Digitalstromchef.

von Hans Schürmann

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