Erstes Passivhaus-Zertifikat für dezentrale Anlage

Feuchterückgewinnung gewinnt bei Lüftung Relevanz

Lüftungsgeräte beherrschen zunehmend die Feuchterückgewinnung. © Zehnder

Feuchterückgewinnung bei Lüftung sorgt dafür, dass trotz Wärmerückgewinnung die Luft im Haus nicht zu trocken wird.

Hersteller von Lüftungssystemen nehmen zunehmend das Thema Feuchteregelung in den Fokus. Das verhindert in gut gedämmten Häusern die Schimmelbildung. Zu trockene Luft ist aber der Gesundheit auch nicht zuträglich, eine ausreichende Raumfeuchte erhöht das Komfortgefühl. Für eine gute Balance sorgt die Möglichkeit der Feuchterückgewinnung.

Feuchtesteuerung bei Lüftungsanlagen gehört bereits seit längerer Zeit zum Standard. Sensoren messen den Feuchtegehalt der Luft und regeln die Leistung der Anlagen so, dass kein Schimmelproblem entsteht. Ist die Luft zu feucht, wird die Luftwechselrate erhöht. Das funktioniert bei Lüftungsanlagen, mittlerweile aber auch bei simpleren Lösungen wie der integrierten Fensterlüftung. Auch da bieten die Hersteller Optionen zur Feuchtesteuerung. Die aktuellen Anlagen werden auf der Fachmesse IFH/Intherm zu sehen sein.

Zu Problemen kann die Steuerung der Feuchte über die Luftwechselrate bei Lüftungsanlagen vor allem dann führen, wenn mit vorgewärmter Luft geheizt wird. Dies ist ein Heizkonzept für Passivhäuser. Wärme wird der Abluft entzogen und der Zuluft zugeführt. Eine bloße Erhöhung der Luftwechselrate kann aber dazu führen, dass dem Haus mit der Warmluft zu viel Feuchte entzogen wird. Eine Lösung sind Wärmetauscher mit Feuchterückgewinnung, die der Luft nicht allein die Wärme, sondern zusätzlich die Feuchtigkeit entziehen und diese mit der Zuluft in die Räume zurückführen.

Bei den Kunden wachse das Interesse an Feuchterückgewinnung bei Lüftungsanlagen, berichtet etwa Burkhard Stolz von der Paul Wärmerückgewinnung GmbH. Auch Taner Özbiyik, Prüfstellenleiter beim Europäischen Testzentrum für Wohnungslüftungsgeräte, das ein Bulletin mit geprüften Anlagen herausgibt, konstatiert ein wachsendes Interesse. Bislang seien unter den bereits getesteten Anlagen ungefähr 5 Prozent mit Feuchterückgewinnung. 2014 habe man zirka 10 Prozent Geräte mit Feuchterückgewinnung im Labor.

In Passivhaus-Zertifikaten für solche Anlagen schlägt sich das höhere Kundeninteresse noch nicht nieder. Bislang gibt es überhaupt erst drei Geräte, die mit Feuchterückgewinnung zertifiziert sind. Möglicherweise sparen sich die Hersteller aber auch einfach die teure Zertifizierung, auch wenn ihre Geräte passivhaus-tauglich sind. Eine Reihe zertifizierter Lüftungsgeräte lassen sich aber mit Feuchtegewinnung nachrüsten, so bietet unter anderem Pluggit entsprechende Optionen.

Für sein überarbeitetes dezentrales Lüftungssystem Freeair 100s mit Feuchtesensor hat Blumartin die Passivhaus-Zertifizierung erhalten. Dezentrale Geräte eignen sich besonders für die Sanierung, es müssen keine Rohre zu einer zentralen Anlage verlegt werden. Allerdings ist ein Durchbruch der Außenwand notwendig.

Das System von Blumartin, das als erstes dezentrales Gerät die Passivhaus-Zertifizierung erhalten hat, verfügt über eine Sensorsteuerung, die für jeden Raum CO², Feuchte und Temperatur messen kann. Mit einem Gerät lassen sich bis zu vier Räume ansteuern. Die intelligente Luftstromregelung gilt als besonderes Plus des Systems. Was die Benutzer auch freuen wird: Die Filter lassen sich bei Amazon bestellen, eine Order über einen speziellen Vertrieb oder lange Recherche entfällt damit. Bei anderen Herstellern ist in der Regel auch eine Onlinebestellung möglich, dann aber über Händler oder Hersteller-Shops.

Paul hat für den Novus F 300 als erstes Wärmerückgewinnungsgerät mit Feuchte-Wärmetauscher bereits vor zwei Jahren eine Passivhaus-Zertifizierung erhalten. In ersten Versionen setzte das Unternehmen auf die Feuchterückgewinnung mit einem Vlies und Salzionen. In der neuesten Variante wurde das Vlies durch eine Polymer-Membran ersetzt. Deren Vorteil: Sie lässt sich besser mit Wasser reinigen.

Ein Passivhaus-Zertifikat hat auch Zehnder für sein ComfoAir 160. Es ist ein kompaktes zentrales Lüftungsgerät, speziell geeignet für den Platz sparenden Einbau im Wohnungsbau. Damit kann eine Wohnfläche von bis zu 90 m² bei einem 0,5-fachen Luftwechsel bedarfsgerecht mit Frischluft versorgt werden. Die Installation erfolgt wahlweise liegend unter der abgehängten Decke parallel oder hinter einer kaschierten Wand hängend. Das dritte Gerät mit Feuchterückgewinnung, das auch in dieser Kombination ein Zertifikat hat, kommt vom finnischen Hersteller Ensto Enervent.

Auch außerhalb der Liga der zertifizierten Passivhaus-Anlagen setzt sich die Feuchterückgewinnung durch. Vaillant hat auf der SHK in Essen eine Erweiterung des Lüftungsprogramms Recovair um das Aquacare-System zur Feuchteregulierung angekündigt. Es bietet optional auch einen Enthalpie-Wärmetauscher zur Vermeidung zu trockener Luft.

Helios Ventilatoren hat bereits fünf Geräte mit Enthalpietauscher im Programm: drei kompakte Wandgeräte für die Be- und Entlüftung von Wohnhäusern und Etagenwohnungen mit Luftleistungen von 200, 300 und 500 Kubikmetern pro Stunde sowie zwei Geräte mit Konstantvolumenstrom mit Luftleistungen von 270 und 370 Kubikmetern je Stunde. Der Enthalpiewärmetauscher arbeitet mit einer speziellen Membran als Wärmetauscher.

Lunos hat sein e²-System ergänzt. Bei dieser Lösung werden Lüfter immer paarweise verwendet. Ein Speicherelement je Lüfter lädt sich mit Wärme auf und gibt diese an die Zuluft ab. Es muss also immer eine gerade Anzahl von Lüftungsgeräten verbaut werden. Funktionsräume wie Bäder und Küchen können nun auch vom ego be- und entlüftet werden. Der ist kompakter, es sind zwei e²-System integriert. Zusätzlich kann das System in einen Abluftmodus geschaltet werden. Für das e²-System gibt Lunos den Feuchterückgewinnungsgrad mit zwischen 20 und 30 Prozent an. von Pia Grund-Ludwig

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