Heizung und Warmwasser
Quelle: Pia Grund-Ludwig

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Effizienzziel geht nicht in Koalitionsvertrag ein

Simons hält Zeit reif für Kostensenkungskommission

Mahnt Kostensenkungen bei der energetischen Sanierung an: Professor Simons. © HEA/Groß

Die Senkung des Wärmeenergiebedarfs bis Ende des Jahrzehnts um 20 % gilt als illusorisch. Harald Simons von Empirica fordert sinkende Sanierungskosten.

Das Ziel, den Wärmeenergiebedarf bis zum Ende dieses Jahrzehnts um 20 Prozent zu senken, wird sich im derzeit zwischen Union und SPD verhandelten Koalitionsvertrag höchstwahrscheinlich nicht wiederfinden. Das sagte vergangene Woche Peter Rathert, Ministerialrat im Bundesbauministerium, auf einem Kongress in Düsseldorf. Begründung: Das Effizienzziel zu erreichen sei illusorisch. Angesichts dieser Erkenntnis sieht Professor Harald Simons vom Berliner Forschungsinstitut Empirica die Zeit für eine neue Standortbestimmung der Industrie gekommen. "Die Sanierungskosten müssen sinken", formulierte er auf der Jahrestagung der HEA - Fachgemeinschaft für effiziente Energieanwendung in Berlin seine zentrale Forderung. Die Zeit sei reif für die Bildung einer energetischen Sanierungskostensenkungskommission.

Simons hat bereits zu Beginn des Jahres mit einer Empirica-Studie zur Gebäudesanierung Aufsehen erregt. Tenor der Studie: Gebäudesanierungen sind in der Regel unwirtschaftlich. In Berlin wiederholte er diese These und übertrug sie auf den Fall der Heizungserneuerung, der für die in der HEA organisierten Wirtschafts- und Handwerksorganisationen von besonderem Interesse ist.

81,3 Prozent der bis 1978 errichteten Ein- und Zweifamilienhäuser in Deutschland setzen bereits heute Niedertemperaturkessel ein oder nutzen erneuerbare Energien, so Simons. Zwar seien Brennwertkessel energetisch besser, doch ob ein Effizienzgewinn von 9 bis 11 Prozent den Austausch eines funktionierenden Niedertemperaturkessels ökonomisch rechtfertige, sei fraglich. "Wirklich lohnen wird sich der Heizungstausch nur dann, wenn die alte Heizung ihren Geist aufgibt. Dann freilich sollte der Hauseigentümer sie durch das effizienteste Modell ersetzen", so Simons. Eine Erhöhung der Sanierungsrate sei bei einem solchen Vorgehen allerdings kaum zu bewerkstelligen.

Fördermittel würden ebenfalls nicht zu einer dauerhaft höheren Sanierungsrate im Heizungskeller führen, sondern allenfalls Vorzieheffekte auslösen. Das Mittel seiner Wahl, um die Sanierungsquote zu erhöhen, wäre eine Ökosteuer. "Aber die ist unrealistisch", so Simons in Berlin. 

Einen weiteren Lösungsansatz sieht der Empirica-Forscher in der Senkung der Sanierungskosten. "Eigentlich sollte man erwarten, dass Größendegressionseffekte und ähnliches zu sinkenden Kosten führen, aber das Gegenteil ist der Fall: die Kosten steigen", sagte er auf der HEA-Jahrestagung und nannte als Beispiel eine Preissteigerung bei Wärmepumpen um 45 Prozent seit dem Jahr 2000 und um 40 Prozent bei Brennwertkesseln. "Wir brauchen nicht das Beste vom Besten, sodern massentaugliche, von normalen Handwerkern einbaubare Produkte", appellierte Simons an die Industrievertreter. Notwendig sei außerdem eine allgemeine Standardisierung, öffentliche Bauforschung gehöre gestoppt. Um all dies umzusetzen regte Simons eine Kommission zur Senkung der Kosten der energetischen Sanierung analog zur Baukostensenkungskommission 1994 an. 

Hildegard Müller, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft, forderte in ihrem Vortrag ein entschiedeneres Handeln der Politik in energiepolitischen Fragen. Die Koalitionsarbeitsgruppe Energie wolle die KFW-Programme zur energetischen Gebäudesanierung und das Marktanreizprogramm zwar aufstocken. "Diese Punkte stehen aber nach dem momentanen Stand der Dinge noch unter einem Finanzierungsvorbehalt", sagte Müller.

Unverständlich ist aus Sicht des BDEW, dass das enorme Potenzial insbesondere von Erdgas im Wärmemarkt im Koalitionspapier nicht erwähnt wird. Erdgassystemlösungen im Wärmebereich hätten erhebliches Potenzial zur Reduktion von CO2-Emissionen. Vage seien die Koalitionsaussagen auch bei der Umsetzung der EU-Energieeffizienz-Richtlinie in deutsches Recht. Der BDEW plädiert dabei für marktwirtschaftliche Instrumente. Das Instrument der Einsparverpflichtungen für Energieversorgungsunternehmen, das die Effizienzrichtlinie grundsätzlich vorsieht, um Energieeinsparungen zu erzielen, sei in den Koalitionsverhandlungen derzeit glücklicherweise kein Thema, so Müller. von Silke Thole

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