Heizung und Warmwasser
Quelle: Pia Grund-Ludwig

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Heizsolar-Projekt mit spannenden Ergebnissen

Kosten für Solarthermie teilweise geringer als für Gas

Solarthermie schlägt teilweise Gasheizung bei den Kosten. © SHI

Das Heizsolar-Projekt hat seit 2011 Häuser vermessen, die zu mehr als 50 Prozent über Solarthermie versorgt werden.

Saniert man ein Gebäude auf den KfW-55-Standard, dann seien die Jahreskosten einer Solarthermieanlage, die 60 Prozent der Heizwärme liefert, niedriger als bei einer reinen Erdgasheizung. Mit der neuen Förderung durch das Marktanreizprogramm (MAP) sei es sogar billiger, die solare Deckung von 60 Prozent weiter auf 70 oder 80 Prozent zu erhöhen, als eine kleine Solaranlage zu wählen, die nur 30 Prozent schafft.

Wer bei diesen Worten von Axel Oliva vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) bei der Abschlusstagung des Projekts "Heizsolar" in Berlin geglaubt hatte, sich zu verhören, kann sich inzwischen die Vortragsfolien herunterladen (TOP 09).

Dass Oliva darin den Vermerk ergänzt hat, die Zahlen seien vorläufig, ist jedoch nicht der Hauptgrund, warum man die Aussagen mir Vorsicht genießen sollte. Auf eine Frage aus dem Publikum, mit welchem Zinssatz für die Berechnung der Jahreskosten gerechnet worden sei, kam Axel Oliva kurz ins Straucheln, sagte aber dann, man sei von "2 Prozent" ausgegangen.

Der Zinssatz ist ein Schlüsselwert jeder Wirtschaftlichkeitsberechnung. Durch die aktuelle Zinspolitik der Europäischen Zentralbank mögen 2 Prozent kurzfristig zutreffend sein, erscheinen bei einer längerfristigen Betrachtung jedoch sehr niedrig. Beim Futuresolar-Projekt der TU Braunschweig war zum Beispiel mit 3 Prozent gerechnet worden. Wer allerdings einen Kredit mit langer Laufzeit abschließt, für den trifft die Einschätzung von Architekt Georg Dasch, erster Vorsitzender des Sonnenhaus-Instituts, sicherlich zu. Er sprach am Rande der Tagung von einer "Riesenchance für Bauherren".

Hintergrund ist, dass im Marktanreizprogramm seit April für Bestandsgebäude, die zu mindest 50 Prozent solar beheizt werden, ein Zuschuss von bis zu 300 Euro/m² Kollektorfläche oder 0,45 Euro pro kWh/m²a Wärmelieferung der Solaranlage vorgesehen ist.

Mehrfamilienhaus braucht mehr warmes Wasser

Sven Kobelt vom Institut für Thermodynamik und Wärmetechnik (ITW) Stuttgart machte darauf aufmerksam, dass die Wirtschaftlichkeitsberechnungen für ein Einfamilienhaus gelten. Noch günstiger funktioniere das alles bei Mehrfamilienhäusern: "Das Verhältnis verschiebt sich vom Heizwärmebedarf zum Trinkwarmwasserbedarf, und ich komme viel einfacher auf hohe solarthermische Deckungsanteile." In der Podiumsdiskussion ergänzte Helmut Jäger vom Braunschweiger Solarthermiehersteller Solvis, dass es im Mehrfamilienhaus "spezifisch geringere Kosten und eine deutlich bessere Lastverteilung zwischen Sommer und Winter" gebe.

In der Regel wird argumentiert, dass bei Mehrfamilienhäusern die Erreichung eines hohen Deckungsgrades schwieriger ist, weil bei Mehrgeschossern die Dachfläche im Vergleich zur Wohnfläche geringer wird. Es gibt aber eine Grenze, bis zu der kein Mangel an Dachfläche besteht. Die Mehrfamilienhäuser  im Projekt sind eher klein. Die Kubatur, mit der sie simuliert wurde, hat drei Geschosse plus Dachstuhl und ein asymmetrisches Dach, auf dem sich mehr Kollektoren unterbringen lassen als auf einem normalen.

Neun Sonnenhäuser auf dem Prüfstand

Im Projekt Heizsolar wurden seit 2011 neun Sonnenhäuser mit einem Aufwand von 1,5 Millionen Euro wärmetechnisch vermessen und mittels Computersimulation optimiert. Die meisten stehen in Süddeutschland, aber auch in Braunschweig und in der Nähe von Dresden gibt es je ein untersuchtes Objekt. Die sechs Einfamilienhäuser sind alle relativ groß (Nutzfläche 202 bis 403 m²), die drei Mehrfamilienhäuser eher klein (549 bis 1.062 m²). Das größte Mehrfamilienhaus steht in Gomaringen bei Tübingen und hat einen 47-Kubikmeter-Wärmespeicher. Das andere Extrem bildet ein Einfamilienhaus in der gleichen Region (in Rottenburg), das mit einem Speicher von nur 1,9 m³ - das entspricht rund 63 Liter pro Quadratmeter der 30 m² Fassadenkollektoren - je nach Heizperiode eine solare Deckung von 43 bis 69 Prozent erreicht hat.

Das Verhältnis zwischen solarer Nutzwärme und der zu ihrer Gewinnung eingesetzten elektrischen Energie ("Arbeitszahl") liegt auch in ungünstigen Jahren über 50 und erreicht bei einem zu 100-Prozent über Solarthermie versorgten Haus in Kappelrodeck bei Freiburg bis zu 186 kWhth/kWhel.

Ein weiteres Ergebnis der HeizSolar-Studie: Um in einem Bestandsgebäude einen solarthermischen Deckungsgrad von 50 Prozent zu erreichen, kann man oft die alten Heizkörper behalten. Allerdings nur dann, wenn man es schafft, auf einen KfW-55-Standard zu dämmen - was in vielen Fällen nicht mit verhältnismäßigen Mitteln gelingen dürfte. Aber sogar wenn man nur auf KfW-70 dämmt, ist wenigstens nicht immer eine Fußbodenheizung nötig. Es kann genügen, effiziente Radiatoren (Vorlauf 55 Grad, Rücklauf 45 Grad) einzubauen. Eine weitere Voraussetzung ist die Verwendung der besonders leistungsfähigen Vakuum-Röhrenkollektoren.

Leistungsfähige Kolletoren erlauben kleinere Speicher

Ist das Verlegen einer Fußbodenheizung unproblematisch, kann man den Leistungsvorsprung der Vakuum-Röhrenkollektoren aber auch nutzen, um in einem Einfamilienhaus 50 Prozent solare Deckung mit nur 2 Kubikmeter Speichervolumen zu erreichen, wie die mit den Messungen kalibrierten Simulationsrechnungen zeigen. Ein Wärmespeicher dieser Größe passt auch nachträglich in ein vorhandenes Gebäude - und dort nicht nur in den Keller.

Das ist deswegen interessant, weil die Forscher eine alte Vermutung der Solarthermie-Praktiker bestätigen konnten: Findet man für den Speicher irgendwo im Wohnbereich einen Platz, dann liefert dessen nutzbare Abwärme 20 bis 30 Prozent der Raumheizungswärme. Mit dem vom Bundeswirtschaftsministerium finanzierten Projekt liegen zum ersten Mal vergleichbare Messergebnisse für überwiegend solar beheizte Häuser über mehrere Heizperioden hinweg vor. In einigen Gebäuden wird das Monitoring auch nach Projektende fortgeführt. Für den September ist eine Broschüre mit den wichtigsten Ergebnissen des Projekts angekündigt. Von Alexander Morhart

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