Heizung und Warmwasser
Quelle: Pia Grund-Ludwig

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Anpassung an die Realität ist vor allem im Neubau notwendig

Bewohner wollen höhere Temperaturen als DIN-Norm

Bewohner holen sich Wohlfühltemperaturen von 23 Grad. © Buderus

Die Norm-Temperaturen für Heizungen sind zu niedrig und müssten nach oben korrigiert werden, so ein Forschungsprojekt.

Ein Forschungsprojekt des Zentralverbands für Sanitär Heizung Klima beschäftigt sich einiger Zeit mit dem Heizverhalten und den Heizwünschen von Hausbewohnern. Erste Ergebnisse wurden Mitte 2014 vorgestellt, mittlerweile finden sie auch in den Normierungsgremien ihren Niederschlag.

Das Projekt Heizen 2020 setzt sich nicht in erster Linie mit so genannten Rebound-Effekten nach der Gebäudesanierung auseinander, hat diese jedoch implizit zum Thema. Der Rebound-Effekt bedeutet, dass ein Teil der Energiegewinne durch die Gebäudesanierung durch höheren Komfort "aufgefressen" wird. Das belegen zahlreiche Studien, unter anderem ein europaweit angelegter Vergleich des Fachbereichs Architektur der Uni Cambridge aus dem Jahr 2012, aber auch Ergebnisse des bis Ende 2013 laufenden EU-Forschungsprojekts Concerto. Dieser Effekt wirkt jedoch nicht nur nach der Sanierung, sondern schon bei den Berechnungen und Auslegung von Heizungen. Die gehen derzeit von Bedürfnissen der Nutzer aus, die nicht der Realität entsprechen.

Matthias Wagnitz, Referent für Energie- und Wärmetechnik beim ZVSHK hat nämlich durch Auswertung gemessener realer Temperaturen und der Abfrage der Wunschtemperatur in Wohnungen in dem Forschungsprojekt Heizen 2020 ermittelt, dass die Wohlfühltemperatur der meisten Menschen nicht dem entspricht, was DIN-Normen ihnen derzeit zugestehen. Die genormte Standardtemperatur liegt bei 19 Grad, am wohlsten fühlen sich die Menschen aber bei 23 Grad. Diese Temperatur holen sie sich auch, wenn sie es sich leisten können und die Heizanlage es hergibt. Das kann nach einer Sanierung bedeuten, dass sie ihr Budget für Heizkosten beibehalten und mehr heizen. Im Neubau heißt es, dass Nutzer aus den Heizanlagen mehr rausholen als diese effizient zu bieten haben.

Norm setzt Wohlfühltemperatur zu niedrig an

Es gibt im wesentlichen zwei Bereiche, bei denen die Wohlfühltemperatur in Deutschland bei normierten Berechnungen zugrunde gelegt wird. Der erste ist die Auslegung der Heizungen nach der Heizlast in Sanierung und Neubau, der zweite die Berechnung der wahrscheinlichen Energieverbräuche für den Energieausweis, wenn dieser als Bedarfsausweis berechnet wird.

Wagnitz schlägt vor, bei der Auslegung der Heizung im Neubau und im voll sanierten Altbau von vorneherein eine Temperatur von 23 Grad zugrunde zu legen. Das hat Konsequenzen für das ganze System: Wird beispielsweise mit Wärmepumpen geheizt, müsste bei einer Auslegung auf 20 Grad deren Vorlauftemperatur auf zirka 50 Grad erhöht werden, um die 23 Grad Heiztemperatur zu garantieren. Würden die 23 Grad Innentemperatur durch eine geeignete Auslegung schon bei 40 Grad Vorlauftemperatur erreicht, würde dies auch verhindern, dass die Hausbesitzer durch willkürliche Veränderungen bei den Vorlauftemperaturen die Effizienz des Systems gefährden. Dieser Wert wäre für den Energieausweis ebenfalls sinnvoll. "23 Grad wären im Neubau ein Wert, bei dem wir große Sicherheit hätten", sagt Wagnitz. Alternativ schlägt er einen Mittelwert von 22 Grad vor. Wollte man bei unsanierten Altbauten den Bedarf real abbilden, müsste man von Temperaturen von 17 Grad ausgehen.

Würde aber eine Erhöhung der Normtemperaturen nicht zu höheren Energieverbräuchen führen? Nein, betont Wagnitz: "Dadurch, dass die Technik auf den höheren Wunsch ausgelegt wird, wird sie in der Realität auch wie geplant betrieben, oder von sparsamen Nutzern mit weiter abgesenkten Temperaturen noch effizienter betrieben". Ändern würde sich nur der berechnete Energiebedarf. "Die alte Auslegung orientierte sich an einem für ein neues oder energetisch saniertes Gebäude nicht repräsentativem Nutzer. In der Praxis hat er sich die gewünschte Leistung dadurch geholt, dass er die Vorlauftemperatur einfach angehoben hat", so Wagnitz weiter. Die neue Auslegung führe zu einem sinnvollen Betreiben der Technik.

Verbrauch sinkt durch korrekte Auslegung

Die zugrunde gelegte Heizlast steigt nach den von Wagnitz vorgeschlagenen Werten rechnerisch um bis zu 10 Prozent, "durch die bessere Betriebsweise sinkt der tatsächliche Verbrauch sogar zwischen 2,5 Prozent bei einer Brennwertheizung mit Gas und 10 Prozent bei einer Wärmepumpe bezogen auf die Ausgangs-Vorlauftemperatur von 50°C, wenn der Nutzer mit dem alten Wert von 20 Grad Raumtemperatur zufrieden ist. Der errechnete Bedarf im Neubau, also gewissermaßen der theoretische Verbrauch, steigt gebäudeabhängig um zirka 40 Prozent, im Altbau sinkt er um zirka 18 Prozent. Diese Werte deckten die Realität im Feld deutlich besser ab, sagt Wagnitz.

Mittlerweile ist diese Debatte auch in den Normierungsgremien angekommen. "Es gibt eine Entscheidung der Gremien für die DIN 18599, dass man sich um das Thema der zugrunde gelegten Normtemperaturen neu kümmert", berichtet Wagnitz. Die DIN 18599 ist eine der Normen, die bei der Berechnung der Energieausweise verwendet werden darf. Auch die europäischen Normen zur Heizlastberechnungen werden derzeit überarbeitet, "da könnte man das ebenfalls ändern, das sind aber Prozesse, die sich über Jahre ziehen", so Wagnitz. von Pia Grund-Ludwig

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