Allgemeine Sanierungsanlässe bleiben oft ungenutzt

Wissenschaftler legen Handlungsleitfaden vor

Hohe Einsparpotenziale gibt es bei Ein- und Zweifamilienhäusern. © Rongen Architekten

Experten aus der Wissenschaft haben in einem vom BMBF geförderten Forschungsprojekt Handlungsempfehlungen für die Politik und die Praxis entwickelt.

Experten der Hochschule Lausitz, des Instituts für ökologische Wirtschaftforschung IÖW und des Instituts für sozial-ökologische Forschung ISOE fordern eine Konkretisierung des Energiekonzepts der Bundesregierung. Nötig seien konkrete kurz- und mittelfristige Vorgaben und Maßnahmen, die die Sanierungsquote von Eigenheimen erhöhen, so die Wissenschaftler. Blieben diese aus, drohe das Energiekonzept als Papiertiger zu enden. Wie diese Vorgaben und Maßnahmen konkret aussehen könnten, haben die Wissenschaftler in einem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Forschungsprojekt untersucht. Das Ergebnis ist ein Handlungsleitfaden für Politik und Praxisakteure, der am Montag, 8. November 2010, in Berlin im Rahmen einer Konferenz vorgestellt und diskutiert wird.

"Zum Sanieren motivieren" lautet der Titel des Handlungsleitfadens, in dem von Politik und Praxis Vorschläge für innovative Politik- und Beratungsinstrumente gemacht werden. Ziel ist es, die Sanierungsquote im Ein- und Zweifamilienhausbereich zu erhöhen. "Diese stellen jede zweite Wohnung in Deutschland und wurden von der Politik bislang eher stiefmütterlich behandelt. Dabei sind die Einsparpotenziale hier besonders hoch", begründet Julika Weiß, Energieexpertin am IÖW die Zielrichtung.

Allerdings sind gerade die Eigenheimbesitzer nicht leicht von Maßnahmen zur energetischen Sanierung zu überzeugen. "Bei den Eigenheimbesitzern beziehungsweise ihren Verbänden werden unsere Vorschläge sicher auf Widerstand stoßen. Sie befürchten, dass sie zu Maßnahmen gezwungen werden, die sich nicht rechnen", so Professor Stefan Zundel von der Hochschule Lausitz im Gespräch mit EnBauSa.de.

Dabei hat sich gerade dieses Argument in den Untersuchungen der Forscher nicht bestätigt. Zundel: "Wir haben gelernt, dass sich die meisten Maßnahmen nach acht bis zehn Jahren amortisieren. Voraussetzung ist allerdings, dass sie im Sanierungszyklus durchgeführt werden." Soll heißen: Eine Fassadensanierung rechnet sich nur, wenn die Fassade ohnehin ausgebessert werden muss.

Dennoch stellt eine Maßnahme wie die Dämmung der Fassade eine enorme Investition dar und viele Eigenheimbesitzer schrecken davor zurück, einen weiteren Kredit dafür aufzunehmen. Daher müssen aus Sicht der Wissenschaftler bewährte Förderprogramme weitergeführt und innovative neue Finanzierungsmöglichkeiten entwickelt werden. "Die geringe Mittelverfügbarkeit in Zeiten knapper Kassen ist sicher der zweite Widerstand, auf den unsere Vorschläge stoßen", weiß Zundel.

Aber die Förderung ist nur eine Seite der Medaille. "Wir müssen dafür sorgen, dass die Sanierungsanlässe, die da sind, auch für eine energetische Sanierung genutzt werden", nennt Dr. Immanuel Stieß vom Institut für sozial-ökologische Forschung ein wichtiges Ziel der Handlungsempfehlungen. Das sei heute meist nicht der Fall. Erreichbar sei dieses, indem die Eigenheimbesitzer gezielt angesprochen werden. "Es reicht nicht aus, den Nutzen von Sanierungsmaßnahmen massenmedial zu verbreiten", so Stieß. Viel sinnvoller sei es dagegen, gezielt beispielsweise auf die Bewohner eines Gebietes zuzugehen, in dem es besonders viele sanierungsbedürftige Häuser gibt.

Eine andere Gruppe, die gezielt angesprochen werden kann sind die Käufer einer entsprechenden Immobilie. "Bei einer Eigentumsübertragung könnte ein ganzes Maßnahmenbündel greifen, wie zum Beispiel eine Immobilienkäufermappe mit umfassenden Informationen zur energetischen Sanierung, eine verpflichtende Energieberatung oder die verbindliche Vorgabe zentraler Modernisierungsmaßnahmen entsprechend ihrer technischen und wirtschaftlichen Realisierbarkeit", heißt es dazu in dem als Broschüre erstellten Handlungsleitfaden.

Auch bei der Förderung der energetischen Sanierung ist es aus Sicht der Wissenschaftler von der Hochschule Lausitz sowie dem IÖW und dem ISOE ratsam, sie mehr als bisher an zentrale Sanierungsanlässe wie die Eigentumsübertragung oder ohnehin durchzuführende Instandhaltungsmaßnahmen zu koppeln. 117sth

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