Impulse für den lahmenden Sanierungsmarkt erwartet

Neues Bündnis für optimierten Energieausweis

So soll der neue Energieausweis aussehen. © EnBauSa.de

Energieausweis: Die Gebäudesanierung soll durch eine Neufassung des Energieausweises vorankommen, so ein neues Bündnis in Berlin.

Ein Bündnis von verschiedenen Verbänden will die Energiewende bei der Gebäudesanierung voranbringen. Der Hebel ist es, den bisher bestehenden Energieausweis zu optimieren und gesetzlich zu festigen. Das Thema Energieausweis soll auf die politische Tagesordnung kommen und in den Koalitionsverhandlungen nach der Wahl zum Thema werden.

Drei Viertel des Gebäudebestandes in Deutschland sollten aus heutiger Sicht kurzfristig hinsichtlich ihrer Energieeffizienz angefasst werden. Eine derzeitige Sanierungsrate mit weniger als einem Prozent pro Jahr zeigt, dass hier weiterhin großer Nachbesserungsbedarf besteht. Dass die steuerliche Abschreibung für die energetische Gebäudesanierung erst einmal abgeschmettert wurde und die neue EnEV noch in der Überarbeitungsphase steckt, mache es auch nicht gerade besser, sagte Michael Herma, Geschäftsführer des Forum für Energieeffizienz in der Gebäudetechnik (VdZ) zum Start des Energieausweis-Bündnis, das sich heute in Berlin der Presse vorstellte.

Konkret fordert das Bündnis eine Abkehr vom Dualismus des Energie-Bedarfs- und Verbrauchsausweises hin zum reinen Bedarfsausweis mit einem einheitlichen Berechnungsverfahren. "Unter Berücksichtigung des enormen Einsparpotenzials im Gebäudebereich darf ein so vielversprechendes Instrument nicht ungenutzt bleiben", sagte Carsten Müller, Vorstandsvorsitzender DENEFF.

Jede verschwendete Kilowattstunde sei auch eine Verschwendung finanzieller Ressourcen. Im letzten Jahr lagen die Kosten für den Import von fossilen Brennstoffen bei über sieben Milliarden Euro, ganz zu schweigen von den Folgekosten für den Klimaschutz. Eine Energiewende sei nur mit Energieeinsparung, vor allem auch im Gebäudesektor möglich, so Müller.

In der Gebäudesanierung herrsche eine Abwarten, man müsse mit neuen politischen Instrumenten Bewegung in die Sache bringen. "Der Energieausweis soll für mehr Transparenz sorgen, und vergleichbare Ergebnisse zur energetischen Beschaffenheit des Gebäudes liefern sowie rechtlich belastbar sein", sagte NABU-Präsident Olaf Tschimpke - nur dann könne er als Grundlage für Rechtsgeschäfte und Fördermittel oder andere verbindliche Aussagen dienen.

"Der bisherige Energieausweis ist weit hinter seinen Erwartungen als klimapolitisches Instrument zurückgeblieben", ergänzte Herma. Die Einteilung in Bedarfs- und parallel Verbrauchsausweis sei für den Verbraucher unklar und die Ergebnisse nicht vergleichbar, zudem seien beim Bedarfsausweis verschiedene Rechenmethoden möglich. Auch die Darstellungsweise des derzeitigen Ausweises sei nicht verständlich genug und die Aussagekraft des Bandtachos sei überhaupt umstritten, auch in Fachkreisen.

Laien dürften in der Regel weder mit dem Begriff Primärenergie noch mit üblichen Größenordnungen von Energiebedarfskennwerten vertraut sein. "Der Energieausweis in der jetzigen Form bietet weder verlässliche Ergebnisse über das energetische Niveau des jeweiligen Gebäudes, noch ist er von den Verbrauchern als Instrument angenommen worden", so Herma.

Künftige Wohn- und Heizkosten sollten mit dem neuen Instrument realistischer abgeschätzt werden können. Das Bündnis für einen einheitlichen Energieausweis, dem der VdZ, NABU, ASUE, der deutsche Mieterbund (DMB), die deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz (DENEFF), das Institut für technische Gebäudeausrüstung (ITG) und weitere Institutionen und Vereine angehören, fordern nun also die Abkehr von der bisherigen Praxis hin zu einem einheitlichen Berechnungsverfahren und einem rechtlich belastbaren Ergebnis in Form eines einheitlichen Energieausweises für Wohngebäude.

Dieser sieht die getrennte Einteilung der Gebäudehülle und der Wärmeerzeugung vor. Auf einer Skala mit den Effizienzklassen A-G ließe sich auch für den Verbraucher in gewohnter Weise die Energieeffizienz wie bei einem Kühlschrank erkennen, so Müller. Die Klassifizierung des optimierten Energieausweises soll in statischen Klassen erfolgen, diese würden langfristig festgelegt, um eine spätere politische Einflussnahme, beispielsweise über die Änderung der EnEV, auszuschließen. Das sollte für Eigentümer, die investieren wollen, eine bessere Planungssicherheit schaffen, so dass man nicht immer in der Gefahr stehe "nachbessern" zu müssen und erneut zu investieren.

Nach Berechnungen des Bündnis' wäre das Klimaziel der Bundesregierung - ein "klimaneutraler Gebäudebestand" bis 2050 - dann erreicht, wenn sich nach dem neuem Energieausweis der deutsche Gebäudebestand bis 2050 im Durschnitt der Klassen A und B bewegen würde. Auf dieses Ziel könne jeder Eigentümer nun in den nächsten 30-35 Jahren hinarbeiten.

Nach der Klassifizierung bildet das Plusenergiehaus (+) die Spitze der Klassen, zum Bereich der Klasse A gehören Niedrigenergiegebäude, die nach der EU-Gebäuderichtlinie (EPBD) ab 2020 den Standard beim Wohnungsbau neu setzen sollen, sowie Passivhäuser und Energieeffizienzhäuser 40. Die weitere Klasseneinteilung solle "in angemessenen, praktikablen Stufen" erfolgen.

Auf A+ Klassen, wie sie bei Haushaltgroßgeräten üblich sind, wurde indes verzichtet, da die oberen Klassen aufgrund ihres Null- oder geringen Energieverbrauchs unabhängig von technischen Neurungen aktuell bleiben sollen. Damit orientiert sich die Einteilung am Vorbild etwa Frankreichs, wo die Klasse A mit einem Verbrauch von unter 50 kWh/m2a die Spitzenklasse bildet.

Die Zuordnung eines Gebäudes in die jeweilige Klasse soll ohne Berücksichtigung von Baualtersklassen oder Denkmalschutz erfolgen; denkbare Folgemaßnahmen, zum Beispiel bei einer steuerlichen Begünstigung, würden im Verhältnis zur Baualtersklasse berücksichtigt. Für denkmalgeschützte Gebäude müsste ein Hinweis auf "schützenswerte Bausubstanz" in den Energieausweis aufgenommen werden.

"Vermieter machen in den Anzeigen zur Wohnungsvermietung nur äußerst selten auf den spezifischen Energieverbrauch einer Wohnung aufmerksam", berichtete Lukas Siebenkotten, Direktor des Deutschen Mieterbundes. Frage ein Mietinteressent nach dem Energieausweis, falle er häufig einfach aus dem Auswahlverfahren heraus. Denn anders als bei Kühlschränken sind bei der Wohnungssuche Angebot und Nachfrage gerade in den Ballungszentren in einer Schieflage, das heißt die Nachfrage ist wesentlich höher, so dass hier die Pflicht zur Vorlegung eines Bedarfsausweises auch wenig Bewegung bringen dürfte. Doch Siebenkotten ist überzeugt, dass sich die Kriterien für die Suche einer Wohnung von bislang "Lage, Lage und Lage" hin zu der am besten energetisch ertüchtigen Wohnung hin verlagern werde.

Die Vorteile für die Eigentümer und Vermieter sieht das Bündnis darin, dass Energiesparpotenziale aufgezeigt und bereits vorgenommene Effizienzmaßnahmen entsprechend bewertet werden. Auf die Eigentümer kommen aber erst mal wieder neue Kosten zu. Der neue Energieausweis sollte allerdings "keine 1.000 Euro kosten", sagte Herma.

Nicht beachtet wird bei der neuen Variante der wahre Energieverbrauch, der weicht aber von dem nach Softwareprogrammen berechneten Bedarfszahlen zum Teil erheblich ab - er soll nach Vorstellungen des Bündnis extra ausgewiesen werden. "Der Energieausweis gibt dem Nutzer auf einen Blick Auskunft über den energetischen Ist-Zustand des Gebäudes", erläuterte Herma, "dargestellt wird die energetische Qualität des Gesamtgebäudes und nicht der individuelle Verbrauch des Bewohners." Dieser sollte laut Vorstellung des Bündnis Energieausweis in einem separaten Dokument, etwa als erweiterte Abrechnung des Energieversorgers, transparent dargestellt werden. Der Verbraucher habe so die Möglichkeit, seinen Verbrauch mit dem berechneten Bedarf des Gebäudes zu vergleichen.

Hier stellt sich die Frage, ob eine Optimierung des Energieausweises nicht Bedarf und Verbrauch in eine Rechnung bringen könnte, wenn es denn um Transparenz, reale Werte und einfache Ablesbarkeit gehen soll.

Vom neuen Energieausweis verspricht sich das Bündnis entscheidende Impulse für den lahmenden Sanierungsmarkt. An der Realität eines riesigen Bestandes von energetisch als katastrophal zu bewertenden 50er- bis 70er Jahre-Bauten kommt man aber auch damit nicht vorbei. Das Problem der Finanzierung dieser enormen energetischen Aufwertung bleibt bestehen. Das ist keine neue Nachricht, es stellt sich aber die Frage, inwieweit das neue Instrument hier eine wirkliche Veränderung herbeiführen könnte. Wer es sich nicht leisten kann zu sanieren, wird es auch nach Ausstellung eines optimierten Ausweises nicht tun können.

Der deutsche Mieterbund fordert zudem, die Mieter bei der Umlagebeteiligung einer energetischen Sanierung weiter zu entlasten - denn die zusätzlichen Kosten für eine erhöhte Kaltmiete könnten in der Regel über die Einsparungen der Heizkosten nach einer energetischen Sanierung in der Regel nicht amortisiert werden. Wenn aber der Vermieter noch weniger Umlagen machen kann, wird eine energetische Sanierung für ihn ebenfalls noch unrentabler.

"Der steuerliche Anreiz für Eigentümer muss daher dringend her", forderte Lukas Siebenkotten, da würde der Mieterbund in diesem Fall eine Lanze für den Vermieter brechen. Parallel zum Energieausweis-Bündnis setzen sich daher ASUE und NABU gemeinsam in einer weiteren Aktion dafür ein, über steuerliche Anreize, Marktanreizprogramme und höhere Transparenz die Umsetzung der Sanierungsstandards in Richtung Energieeffizienz zu beschleunigen. Hierzu fanden bereits gemeinsame Gespräche bei den politischen Parteien und Landesvertretungen in Berlin statt. Nicole Allé

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