Instrumente zur Erhöhung der Sanierungsquote bleiben umstritten

Baubranche fordert Masterplan für Sanierungen

Staatssekretär Rainer Bomba berichtete über den geplanten Sanierungsfahrplan. © Holger Groß

Nach wie vor herrscht große Unsicherheit darüber, mit welchen Instrumenten eine Erhöhung der Sanierungsquote bei Gebäuden erreicht werden kann. Das wurde beim Energieeffizienzkongress 2011 der Dena deutlich.

"Verlässlichkeit, Planbarkeit und Investitionssicherheit" – mit diesen Worten fasste der Geschäftsführer des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH) Karl Sebastian Schulte auf dem Energieeffizienzkongress 2011 der Deutschen Energieagentur Dena die Anforderungen der Baubranche an einen Sanierungsfahrplan der Bundesregierung zusammen. Zuvor hatte Rainer Bomba, Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMBVS) berichtet, dass derzeit ein Sanierungsfahrplan als strategische Grundlage für die Erreichung der Energieeinsparziele im Gebäudebereich erarbeitet wird. Darin sollen Zwischenziele auf dem Weg zur angestrebten Reduktion des Primärenergieverbrauchs in Gebäuden um 80 Prozent bis zum Jahr 2050 ebenso beschrieben werden wie die Weiterentwicklung des ordnungspolitischen Rahmens und die nötigen Förderinstrumente.

Zentrales Element des Plans sei auch in Zukunft der Verzicht auf Zwangsmaßnahmen. "Niemand soll gezwungen werden. Wir setzen auf Anreize", so Bomba. Der Sanierungsfahrplan soll an die ohnehin notwendigen Investitionszyklen im Gebäudebestand anknüpfen. Wenn ohnehin saniert wird, dann soll auch der energetische Standard verbessert werden. "Den Ordnungsrahmen bilden dabei auch in Zukunft die Energieeinsparverordnungen", so der Staatssekretär auf dem Dena-Kongress in Berlin. Auch am Maßstab der wirtschaftlichen Vertretbarkeit werde festgehalten.

Inwieweit die geltenden Anforderungen in der für 2012 geplanten Novelle der EnEV erhöht werden, war auf dem Energieeffizienzkongress nicht zu erfahren. Im ersten Quartal 2012, so berichtete Peter Rathert, Referatsleiter im BMBVS, werde es einen Referentenentwurf zur EnEV-Novelle geben. Zwar hat die Bundesregierung eine "ambitionierte" Erhöhung in Aussicht gestellt, aber das Wirtschaftlichkeitsgebot mache eine genaue Festlegung schwer. 

Anders sieht das Eberhard Hinz, der sich als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Wohnen und Umwelt IWU mit der Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen im Sanierungsbereich beschäftigt hat. "Der Zusammenhang zwischen dem Sanierungskosten und der Dämmdicke ist sehr gering", sagte er und sprach sich klar für die Verschärfung der geltenden Anforderungen der EnEV 2009 um 30 Prozent aus, die seit einiger Zeit im Gespräch ist. Allerdings wurde in Berlin auch deutlich, dass die Dämmung der Gebäudehülle nur ein Element im Kanon der Sanierungsmaßnahmen ist.

Auch die konkrete Beschreibung des Standards für Niedrigstenergiehäuser, der laut der Europäischen Gebäuderichtlinie ab 2021 für alle Neubauten und bereits ab 2019 für alle neuen öffentlichen Gebäude gelten soll, scheitert Rathert zufolge derzeit noch am Wirtschaftlichkeitsgebot. "Die genaue Standardbeschreibung wird dann erfolgen, wenn sich genau sagen läßt, was unter Maßgabe der Wirtschaftlichkeit machbar ist", sagte er.

Zahlreiche Referenten und Teilnehmer äußerten sich besorgt darüber, dass Gesetze und Regelungen im Bereich der Energieeffizienz so häufig geändert werden. Es fehle eine Vereinheitlichung des Regelwerkes, das aus den zahlreichen Gesetzen resultiert – etwa aus der EnEV und dem Erneuerbare Energien Wärmegesetz EEWärmeG.

Darüber, dass der richtige Weg zu einer Verdopplung der Sanierungsquote im Gebäudebestand von einem auf zwei Prozent über Anreize und nicht über Zwangsmaßnahmen führt, herrschte in Berlin weitgehend Einigkeit. Die Erfahrungen mit dem Erneuerbare-Wärme-Gesetz für Altbauten in Baden-Württemberg hätten deutlich gemacht, dass Zwangsmaßnahmen nicht zum Ziel führen, so der Tenor der Referenten. Umso größer war die Hoffnung darauf, dass der Vermittlungsausschuss grünes Licht für die steuerliche Abschreibung von Sanierungsmaßnahmen gibt.

Daraus ist jedoch nichts geworden: Der Vermittlungsausschuss hat sich am Dienstag abend nicht darauf einigen können, welchen Anteil der mit der Regelung verbundenen Steuerausfälle von 1,5 Milliarden Euro die Länder zu tragen haben. Die Entscheidung wurde einmal mehr vertagt. "Diese Entscheidung ist katastorophal. Wir haben zahlreiche Mitglieder, die zu Maßnahmen bereit sind, aber untätig bleiben, weil sie auf eine Entscheidung warten", kommentiert Corinna Merzyn, Geschäftsführerin des Verbandes Privater Bauherren

Weiteres großes Thema auf dem Energieeffizienzkongress war neben dem Energieausweis die Energieberatung.

Nötig sei eine Beratungsoffensive, machte ZDH-Geschäftsführer Schulte deutlich. "Das bedeutet auch, dass wir mehr qualifizierte Energieberater brauchen", sagte er und zeigte sich nicht glücklich darüber, dass die qualifizierten Energieberater des Gebäudehandwerks teilweise aus Beraterlisten wie der geplanten Dena-Liste ausgeschlossen werden. Mit der Liste will die Dena sicherstellen, dass qualifizierte Energieberater schneller gefunden werden können. Zudem soll sie zur Qualitätssicherung im Beratungsbereich beitragen.

Von unserer Redakteurin Silke Thole

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