In Wohnungseigentümergemeinschaften ist Sanierung Thema

WEG-Gesetzesreform bringt Sanierungsquote nicht voran

In WEGs sind Maßnahmen wie Sanierung auch ein juristisches Thema. © EnBauSa.de/Berres

Seit der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes kann ein einzelner Eigentümer nicht mehr das Sanierungsvorhaben einer ganzen Gemeinschaft blockieren. Gebracht hat es wenig.

6,5 Millionen Eigentumswohnungen gibt es in Deutschland. Nur ein Bruchteil von ihnen liegt in einem ausreichend gedämmten Haus. Vor sechs Jahren wurde deshalb das Wohnungseigentumsgesetz reformiert. Seitdem kann ein einzelner Eigentümer nicht mehr das Sanierungsvorhaben einer ganzen Gemeinschaft blockieren. Wirklich voran gebracht hat das neue Gesetz die Sanierungsquote bis heute nicht.

Ist das Dämmen der Fassade eine bauliche Veränderung, der alle Eigentümer einer Wohnungseigentümergemeinschaft zustimmen müssen, oder handelt es sich um eine Modernisierung, für die nicht jede Stimme gebraucht wird? Ist der Einbau einer neuen Heizung eine "modernisierende Instandsetzung", die die Eigentümergemeinschaft mit einer einfachen Mehrheit beschließen kann, oder handelt es sich um eine Modernsierung, für die die so genannte doppelt qualifizierte Mehrheit notwendig ist? Müssen Wohnungseigentümer den Austausch ihrer Fenster selbst bezahlen oder werden die Kosten auf die gesamte Gemeinschaft umgelegt?

Wenn eine Eigentümergemeinschaft eine Modernisierungsmaßnahme durchführen möchte, ist das zunächst einmal eine rechtliche Frage. Denn über alle Maßnahmen, die das Gemeinschaftseigentum betreffen, muss die Eigentümergemeinschaft entscheiden. Wie viele Eigentümer zustimmen müssen, hängt davon ab, um was für eine Maßnahme es sich handelt.

Instandsetzungsmaßnahmen kann die Eigentümergemeinschaft mit einfacher Mehrheit beschließen. Instandsetzungs- oder Instandhaltungsmaßnahmen sind reine Reparaturarbeiten, zum Beispiel wenn die Fassade neu gestrichen oder das Dach neu gedeckt werden muss.

Modernisierende Instandsetzungsmaßnahmen kann die Gemeinschaft ebenfalls mit einfacher Mehrheit beschließen. Modernisierende Instandsetzungsmaßnahmen sind Arbeiten, bei denen etwas repariert und gleichzeitig verbessert wird. Beispiele sind eine alte Heizungsanlage, die durch eine neue energieeffiziente Anlage ersetzt wird oder eine sanierungsbedürftige Fassade, die nicht nur verputzt, sondern im gleichen Zuge auch gedämmt wird. Wichtig: Die Maßnahme muss wirtschaftlich sein, das heißt sich im Zeitraum von etwa zehn Jahren amortisieren. Der Verwalter muss dafür eine Kosten-Nutzen-Analyse vorlegen.

Modernisierungen müssen mit der so genannten doppelt qualifizierten Mehrheit beschlossen werden. Das heißt, es müssen drei Viertel aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer zustimmen. Jeder hat eine Stimme, egal wie viele Wohnungen er besitzt. Um Eigentümer mehrerer Wohnungen nicht zu benachteiligen, müssen außerdem die zustimmenden Eigentümer über mehr als die Hälfte aller Wohnungen (Miteigentumsanteilen) verfügen. Als Modernsierung gelten Bestandsverbesserungen ohne Reparaturanlass, also zum Beispiel der Einbau einer neuen Heizung obwohl die alte noch voll funktionstüchtig ist.

Baulichen Veränderungen müssen alle Eigentümer zustimmen, die betroffen sind. Bauliche Veränderungen sind Maßnahmen, die den Charakter einer Wohnanlage verändern. Typisches Beispiel ist der Anbau von Balkonen. Aber auch der Einbau einer Dachluke, die zur besseren Be- und Entlüftung eines Badezimmers benötigt wird, kann eine bauliche Veränderung sein.

"Man sollte immer versuchen, eine Maßnahme als modernisierende Instandsetzung zu deklarieren", sagt Immobilienverwalter Guido Marx aus Bornheim bei Bonn. Marx hat sich das Motto "ökologisch verwalten" auf die Fahne geschrieben und schon einige ökologische Projekte in Eigentümergemeinschaften realisieren können. Seine Erfahrung ist: "Das neue Wohnungseigentumsgesetz hilft uns in der Praxis kaum. Eine doppelt qualifizierte Mehrheit für eine Modernsierung zu erreichen, ist ausgesprochen schwierig. Oft scheitert sie schon daran, dass nicht genügend Eigentümer in der Versammlung anwesend sind."

Marx lässt Maßnahmen daher lieber mit einfacher Mehrheit beschließen und nimmt das Risiko in Kauf, dass ein Eigentümer den Beschluss vor Gericht anficht. Selbst die Installation einer thermischen Solaranlage hat er als modernisierende Instandsetzung beschließen lassen. "Tatsächlich gab es in diesem Fall eine Beschlussanfechtung. Sie wurde aber zurückgezogen, als der Kläger einen Gerichtskostenvorschuss leisten sollte." Damit war der Weg frei für die Installation der Solaranlage. Denn: Wird ein Beschluss innerhalb einer Monatsfrist nicht angefochten, wird er bestandkräftig. Damit ist der Beschluss für jeden Eigentümer verbindlich, egal ob er damit einverstanden ist oder nicht.

Schon einige energetische Modernisierungen konnte Marx auf diese Weise realisieren. So wurden in einigen von ihm betreuten Eigentümergemeinschaften Blockheizkraftwerke installiert, eine Gemeinschaft nutzt den von ihr produzierten Strom sogar selbst. Eine andere Eigentümergemeinschaft betreibt eine 29,7 kWp-Fotovoltaikanlage und will mit der erzielten Einspeisevergütung in Höhe von etwa 10.000 Euro im Jahr die Instandhaltungskosten für die Immobilie decken.

Rechtsanwältin Sandra Weeger-Elsner, auf Wohnungseigentumsrecht spezialisierte Rechtsanwältin und Beraterin beim Verbraucherschutzverein "wohnen im eigentum", bekommt selten Fälle auf den Tisch, bei denen sich die Eigentümer über mangelnde Mehrheiten für einen Modernisierungsbeschluss streiten. Stattdessen suchen bei ihr viele Eigentümer Rat zum Thema Finanzierung. "Es geht fast immer nur um die Frage, wer die Kosten für eine Modernisierung tragen soll", sagt Weeger-Elsner. Denn das reformierte Wohnungseigentumsgesetz sieht vor, dass die Gemeinschaft die Kosten für Instandhaltungen und bauliche Veränderungen anders verteilen kann, als vorgeschrieben oder in der Teilungserklärung vereinbart. So kann die Gemeinschaft nur diejenigen Eigentümer zur Kasse bitten, die von einer Modernisierungsmaßnahme profitieren.

Beispiel: Auf einer Seite des Hauses werden die Fenster ausgetauscht. Früher hätten alle Eigentümer entsprechend ihren Anteilen dafür bezahlen müssen. Heute kann die Gemeinschaft bestimmen, dass nur die Eigentümer, die ein neues Fenster bekommen, die Kosten tragen müssen. Allerdings: Der veränderten Kostenverteilung muss die doppelt qualifizierte Mehrheit zustimmen – und die ist auch in diesen Fällen sicher oft nicht einfach zu erreichen.

Aber nicht nur um die Kostenverteilung, auch um die Finanzierung kann es Diskussionen geben. Denn für größere Sanierungsvorhaben reicht die Instandhaltungsrücklage vieler Gemeinschaften nicht aus, und auch über zusätzliche Sonderumlagen ist die Finanzierung oft nicht zu stemmen. Bleibt eine Finanzierung über Kredit – wo möglich über einen zinsvergünstigten KfW-Kredit. Lange gab es über die Frage, ob eine Eigentümergemeinschaft überhaupt ein Darlehen aufnehmen darf, rechtliche Unsicherheiten. Inzwischen hat der Bundesgerichtshof entschieden: "Es liegt in der Kompetenz der Wohnungseigentümer, die Aufnahme eines Kredits zur Deckung des Finanzbedarfs der Wohnungseigentümergemeinschaft zu beschließen" (Az.: V ZR 251/11).

Das Urteil gilt jedoch nur für bestandkräftige Beschlüsse. Nach wie vor kann ein Beschluss über die Darlehensaufnahme angefochten werden. Beispielsweise muss die Kreditaufnahme den "Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung" entsprechen. Dazu gehört, dass die Sanierung so dringend ist, dass keine Zeit mehr ist, das Geld dafür anzusparen. Klar, dass sich über so etwas trefflich streiten lässt. "Die energetische Sanierung einer Wohneigentumsanlage ist viel Überzeugungsarbeit", sagt Verwalter Guido Marx. "Der Verwalter muss das selber leben und richtig rüberbringen. Dann machen die Eigentümer auch mit."

In der Regel gehe der Impuls für eine Modernisierung daher auch von ihm aus, sagt Marx. Seine neueste Projektidee stammt allerdings von einem seiner Eigentümer: Ein Parkplatz für Fahrräder mit Ladestation für Elektrofahrräder. Wie er diese Maßnahme als modernisierende Instandsetzung mit einfacher Mehrheit durchbringen will, verrät er allerdings noch nicht. Tipp: Einen Wegweiser durch das Rechtslabyrinth bei Instandsetzungen, Modernisierungen und bauliche Veränderungen bietet "Der Modernisierungsknigge für Wohnungseigentümer", herausgegeben vom Verein wohnen im eigentum. Besonders hilfreich ist der Katalog der Maßnahmen von A bis Z mit den für ihren Beschluss jeweils erforderlichen Mehrheiten. von Alrun Jappe

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