Wohnungsbau ist der Lackmustest für Städte

Klimagipfel in Quito 2016 ist für Kommunen wichtig

Joan Clos, United Nations Settlement Program, stellt Thesen zum Wohnungsbau vor. © Susanne Ehlerding

Nach dem Pariser Klimagipfel wird 2016 im ecuadorianischen Quito Über Leitlinien der Stadtentwicklung verhandelt.

Kaum ist der Klimagipfel in Paris zu Ende gegangen, steht mit der UN-Habitat III im kommenden Jahr eine nicht weniger wichtige Konferenz bevor. Im Oktober 2016 soll sie in Quito (Ecuador) die Leitlinien der Stadtentwicklung für die nächsten 20 Jahren verabschieden.

70 Prozent der Treibhausgasemissionen werden in Städten verursacht, deshalb sind sie wichtige Akteure im Kampf gegen den Klimawandel. Außerdem werden bis 2050 voraussichtlich zwei Drittel der Weltbevölkerung in Städten leben. Um eine Transformation im Sinne der neuen Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen zu schaffen, brauchen die Bürgermeister einen guten Vertrag in Quito.

Inklusiv, sicher, widerstandsfähig und nachhaltig sollen Städte bis 2030 werden, lautet das Ziel Nummer 11 für nachhaltige Entwicklung. Eng verbunden ist es mit Ziel Nummer 9, die Infrastruktur auszubauen, Straßen, Kommunikationswege, Elektrizität, Wasser- und Abwasserversorgung verfügbar zu machen. In Paris formierten sich starke Bündnisse, in denen die Akteure ihren Platz in der neuen urbanen Welt beanspruchten. Symbolträchtig sammelten sich 700 Bürgermeister im Hôtel de Ville zum Climate Summit for Local Leaders.

Der Compact of Mayors, das Städtebündnis C40, ICLEI – Local Governments for Sustainability (ICLEI) und die United Cities and Local Governments (UCLG) – alle waren in Paris und stellten nicht nur Forderungen, sondern machten zahlreiche konkrete Zusagen zu Emissionsreduktionen.

Städten allerdings sind oft noch die Hände gebunden. Die Entscheidungsgewalt liegt in vielen Fragen auf der Ebene der Nationalstaaten. Städte haben auch nicht die gleichen Mittel und nicht die Kreditwürdigkeit von Staaten. Wegen dieser Risiken kommen sie erst recht nicht an Finanzierungen. Andererseits brauchen sie viel Geld für ihre Transformation.

Um die legislativen und finanziellen Fragen dürften sich die zentralen Konflikte bei den Verhandlungen um den Habitat-III-Vertrag, die "New Urban Agenda" gruppieren. Ein erster Entwurf soll im April 2016 vorliegen, fünf thematische regionale Konferenzen bereiten die Verhandlungen vor. Die europäische Plattform mit Schwerpunkt auf nachhaltigen Wohnungsbau findet vom 16. bis 18. März 2016 in Prag statt.

Um den Prozess bis Quito zu strukturieren, hat das Sekretariat von UN Habitat 22 Themenpapiere zu zehn politischen Aufgaben der Konferenz vorgelegt. Es ist eine gewaltige Agenda. Informelle Siedlungen, smart Cities, urbane Ökosysteme, Verkehr, wirtschaftliche Entwicklung und der urbane Raum – Habitat III will all diese Themen anpacken.

Den Wohnungsbau bezeichnet Themenpapier 20 als den Lackmustest für Städte. Das Recht auf angemessenen Wohnraum sei zwingend erforderlich für sozioökonomische Entwicklung und Inklusion. Hier klingt an, wofür der Habitat-Generalsekretär Joan Clos, der frühere Bürgermeister von Barcelona, bei der Klimakonferenz warb: "Städte werden noch nicht ausreichend als Quellen für Entwicklung gesehen. 80 Prozent des Bruttoinlandsprodukt werden dort geschaffen. Darum gehen die Leute ja in die Städte. Wenn die Politiker das verstehen, werden sie den Städten vielleicht auch die Mittel geben, die sie brauchen."

Ein Hindernis auf dem Weg zu einer guten "New Urban Agenda" ist allerdings ein ganz objektives. Es gibt zu wenige Daten über Städte und zu wenig Möglichkeiten, sie vergleichbar zu machen. Darauf machte Eugenie Birch vom Penn Institut für Urban Planning bei der Klimakonferenz aufmerksam.

Das ist mehr als ein statistisches Problem. Die Anstrengungen der Städte müssen vergleichbar sein, damit der angestrebte Prozess von Habitat III auch überprüfbar gemacht werden kann. Nicht umsonst machten die Regeln zu Transparenz und Messung von Treibhausgasemissionen einen großen Teil der Verhandlungen in Paris aus.

Für den Städtebau hat sich dort eine Global Alliance on Buildings & Construction gebildet. Gestartet wurde sie von 20 Ländern und 60 Organisationen. Mitglied sind unter anderem die International Union of Architects mit 1,3 Mitgliedern weltweit, das World Green Building Council und die Prince of Wales's Corporative Leaders Group. Die Allianz will nach eigenen Worten die strategische Ausrichtung der bestehenden globalen, regionalen und lokalen Anstrengungen verbessern und den Zugang zu Finanzierungen erleichtern, um den Gebäudesektor bis 2050 klimaneutral zu machen.

Doch schon bei der Klimakonferenz wurde die Bedeutung der Gebäude gesehen und gewürdigt. Zum ersten Mal fand ein Tag der Gebäude statt, an dessen Ende die Gewinner des Green Building Solutions Awards geehrt wurden. Im Bereich erneuerbare Energien gewann ein Gebäude von Solarwind in Luxemburg. Philosophie der Planer war, so viele erneuerbare Energien wie möglich darin zu vernetzen. Gewinner im Bereich energetische Sanierung war Aconcagua aus Andorra. Das Unternehmen sanierte ein Apartmenthaus mit 27 Wohneinheiten. Trotz des rauen Klimas in Andorra mit Wintertemperaturen bis minus zwölf Grad sank der Energieverbrauch fürs Heizen um 85 Prozent. Klimaneutralität und gute Stadtentwicklung gehen Hand in Hand. Das Thema wird nun von der Klimakonferenz in Paris an die UN Habitat Konferenz in Quito weitergereicht. von Susanne Ehlerding

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