Lange Amortisationszeiten sind Hürde für Schwarmfinanzierung

In der Gebäudesanierung ist Crowdfunding schwierig

Beim Crowdfunding geben viele Menschen kleine Beträge. EnBauSa.de/ Claudius Hoffmann

Fehlt das Eigenkapital für die energetische Sanierung könnte Crowdfunding eine Lösung sein. Erste Ansätze gibt es, doch die Übertragung auf die Gebäudesanierung ist nicht leicht.

Fehlende Finanzierungsmöglichkeiten gelten als ein wesentlicher Hemmschuh in der Gebäudesanierung. Zwar gibt es zahlreiche Förderprogramme, etwa von der KfW und den Landesbanken, insbesondere Kommunen und Unternehmen können aber oft den nötigen Eigenkapitalanteil nicht aufbringen. Innovative Finanzierungsmodelle gelten daher als wesentliche Stellschraube, um die Sanierungsquote zu erhöhen. Ein solches Modell könnte das Crowdfunding oder auch Crowdinvesting sein. Allerdings ist die Übertragung der Schwarmfinanzierung auf den Bereich der Gebäudesanierung alles andere als einfach.

Das erste Crowdfunding-Projekt im Immobiliensektor ist "Der kleine Ritter" in Frankfurt. Dort entsteht in Alt-Sachsenhausen ein gemischt genutztes Wohn- und Ateliergebäude mit drei verbundenen Baukörpern. Die Investitionssumme beträgt insgesamt 1,3 Millionen Euro. 850.000 Euro kommen aus einem Kredit, 300.000 Euro werden mit Eigenkapital der Projektentwicklungsgesellschaft finanziert und 200.000 Euro kommen aus dem Crowdfunding-Projekt. Dabei hat das Geld aus der Crowd den Status eines nachrangigen Darlehens mit festem Zins und fester Laufzeit. Der Zins beträgt 6 Prozent pro Jahr, die Laufzeit vier Jahre. Ab 250 Euro konnte man in Frankfurt mitmachen.

Inzwischen ist das Funding abgeschlossen, berichtet Michael Ullmann, Gründer des Crowdfundingportals www.kapitalfreunde.de. 2014 soll das Gebäude fertig sein. "Der kleine Ritter in Frankfurt ist unser erstes Objekt. Es ist zwar ein Neubau, aber im Prinzip kommt das Crowdfunding auch für die Altbausanierung in Frage. Hier gibt es allerdings noch einigen Erklärungsbedarf", so Ullmann. Im Gespräch mit EnBauSa.de räumt er mit einer gängigen Annahme auf: "Die Idee der Rückzahlung des von der Crowd, also von vielen Menschen gesammelten Geldes samt Zinsen alleine aus den Energieeinsparungen funktioniert in der Realität meist nicht." Wichtige Voraussetzung sei daher, dass der Investor das Darlehen aus dem Gesamt-Cashflow zurückzahlen kann, also aus dem Zahlungsmittelüberschuss, den er mit der jeweiligen Immobilie erwirtschaftet. Daher bietet sich das Crowdfunding aus Ullmann's Sicht vor allem für Immobilieneigentümer an, nicht jedoch für externe Investoren wie zum Beispiel Contracting-Anbieter.

Nicht nur, weil sie in der Regel nicht ausreichen, ist die Rückzahlung des Darlehens aus den Einsparungen allein schwierig. "Die Sanierungsmaßnahmen und damit die Einsparungen lassen sich kaum von der Immobilie isolieren. Was etwa passiert, wenn die Miete ausfällt, weil eine Wohnung leer steht. Dann sparen Sie nichts", erklärt er. Hinzu kommt, dass die tatsächlich erzielten Energieeinsparungen von vielen Faktoren abhängig sind, von denen viele vom Eigentümer selbst nicht beeinflusst werden können, etwa dem Heizverhalten der Mieter. "Es ist extrem schwierig, den Cashflow der Energieeinsparung zu isolieren und verifizieren. Daran sind schon einige Contracting-Modelle für die Gebäudesanierung gescheitert", berichtet Ullmann und betont: "Die Finanzierung der Sanierungsmaßnahmen muss aus dem Gesamt-Cashflow erfolgen und gegebenenfalls auch die gesamte Immobilie als Sicherheit dienen."

Im Gegensatz zu Contracting-Anbietern ist die Trennung von Immobilie und Einsparmaßnahme für Wohnungsunternehmen nicht erforderlich. Daher sieht Ullmann in ihnen eine wichtige Zielgruppe für sein Modell des Crowd-finanzierten Nachrangdarlehens. Bislang ist das Interesse jedoch eher verhalten. "Derzeit gibt es genügend Finanzierungsangebote für diese Unternehmen. Die Sanierungshemmnisse liegen woanders", weist der Experte auf das altbekannte Problem hin, dass viele Wohnungsunternehmen sich schwer tun, Geld zu investieren, wenn von den Maßnahmen nicht sie selbst, sondern in erster Linie die Mieter profitieren.

"Für anderen Eigentümer, etwa Industrieunternehmen haben wir Modelle entwickelt, die ihnen das Crowdfunding leichter machen." Als Beispiel nennt der Finanzierungsexperte ein "Sale red - lease back green"-Modell, das derzeit für einen großen Dax-Konzern entwickelt wird. "Wir wollen Immobilien des Konzerns mit Geldern aus der Crowd kaufen und energetisch sanieren, um sie dann als Green Buildings an den Konzern zurückzuvermieten."

Anders als Ullmann setzt bettervest, eine Crowdinvesting-Plattform zur Finanzierung von Energieeffizienz-Projekten, auf die Beteiligung der Investoren am Gewinn einer Effizienzmaßnahme. Der Kapitalnehmer verpflichtet sich, einen bestimmten Prozentsatz der durch sein Effizienzprojekt erzielten Kosteneinsparungen für die Crowd zur Verfügung zu stellen. Jeder Investor – bei bettervest können sich Bürger schon ab 50 Euro beteiligen – erhält mindestens 2 Prozent Zinsen auf das eingesetzte Kapital.

"Diese zwei Prozent werden garantiert, die tatsächliche Verzinsung richtet sich jedoch nach den tatsächlich erzielten Energieeinsparungen", berichtet Marilyn Heib von bettervest. Das Interessante an diesem offenen Modell sei, dass die tatsächliche Rendite auch höher ausfallen kann als die auf der Online-Plattform für ein Projekt angegebene. Damit bediene bettervest neben den Gutmenschen, die aus Überzeugung in Effizienzprojekte investieren, auch die Spieler.

Voraussetzung für dieses Modell ist, das sich der nötige finanzielle Einsatz sowie die Rückflüsse aus einem Projekt mit hoher Sicherheit bestimmen lassen. Mindestens 5 Prozent Rendite sollte es bringen und das Geld aus der Crowd spätestens nach 10 Jahren zurückgezahlt sein. Das trifft etwa bei der Umrüstung der Beleuchtung auf LED-Technik zu. Um eine solche Umrüstung geht es bei dem ersten Projekt, das derzeit online steht. 

Schon wenn es darum geht, eine neue Heizung zu finanzieren, wird es schwierig. "Bei einer neuen Heizung müssen wir die erzielten Einsparungen durch aufwändige Messtechnik ermitteln. Außerdem sind die Amortisationszeiten oft länger als 10 Jahre", erläutert Heib. Das Modell werde also komplexer. "Wenn es zu komplex wird, müssen wir ebenfalls einen Festzins nehmen." Dann würde zwar der Spiel- und Chancefaktor wegfallen, auf der anderen Seite aber auch ein Risikofaktor.

"Wir würden uns sehr wünschen, dass unser Modell auch in der Gebäudesanierung zum tragen kommt, aber die Amortisationszeiten sind zu lang", berichtet Heib. Dennoch: von fünf Projekten, die derzeit geprüft werden, geht es bei einem um die Heizungserneuerung und Gebäudedämmung. Bei einem solchen Projekt könne eine emotionale Komponente weiterhelfen, um Investoren zu finden, die trotz der langen Amortisationszeit Geld in das Projekt stecken.

Eine solche emotionale Komponente gab es auch bei dem Frankfurter Projekt. Denn im "Kleinen Ritter" entstehen auch ein Atelier und ein Ausstellungscafé. Künstler und kunstnahe Berufe sollen das Viertel nach vorne bringen.

Sowohl bettervest als auch kapitalfreunde zielen mit ihren Crowdfunding- beziehungsweise -investing-Plattformen auf Projekte von Unternehmen, Kommunen oder Vereinen. "Diese haben das nötige Geld nicht oder wollen es als Sicherheit im Unternehmen belassen", erklärt Heib. Uneinig sind sich Ullmann und Heib jedoch darüber, wie die Sanierungsquote im Ein- und Zweifamilienhaussektor angehoben werden könnte. "Wir bräuchten einen viel größeren Fördertopf. Mindestens 30 bis 50 Prozent einer Maßnahme müsste über Zuschüsse finanziert werden, dann ginge es voran", sagt Heib.

Ullmann dagegen hält mehr davon, mit der Förderung nicht auf der Finanzierungsseite, sondern auf der Produktseite anzusetzen – ähnlich wie bei den erneuerbaren Energien. Ein Beispiel wäre, dass Bauherren planungsrechtliche Zugeständnisse erhalten, wenn sie energetisch sanieren. Ullmann spricht in diesem Zusammenhang davon, zusätzliches Baurecht zu schaffen. Ein Beispiel wäre, dass ein Gebäude ein Stockwerk höher errichtet werden darf als vorgesehen oder ähnliches. "Das Baurecht sollte die energetische Sanierung unterstützen und nicht behindern, wie zum Beispiel gelegentlich beim Denkmalschutz", sagt Ullmann und ergänzt: "Die günstigen KfW-Kredite behindern die Entwicklung neuer Finanzierungsmodelle."

von Silke Thole

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