Wärmekonzept muss nachjustiert werden / Steuerung ist komplex

Heiztechnik macht im Energieplus-Mehrfamilienhaus Probleme

Laubengänge erschließen die Wohnungen bei Lavidaverde. © Lavidaverde

Ein Energie-Plus-Gebäude mit flexiblen Grundrissen ist Lavidaverde in Berlin. Probleme hat nach dem Einzug die Wärmepumpe bereitet.

Auf dem Papier ist das Energie-Plus schon da - ob es die Messung bestätigt, muss sich zeigen. Das Baugruppenprojekt "Lavidaverde" hat in Berlin-Lichtenberg ein zeitgemäßes Energiekonzept mit KfW-40-Standard, Photovoltaik, Wärmepumpe und Pelletkessel verwirklicht - und ist auch sonst etwas ganz Besonderes: Laubengangerschließung, 18 schlanke und flexible Grundrisse sowie eine Teilfinanzierung mit Direktkrediten sind die Stichworte.

Um den KfW-40-Standard zu erreichen, sind die Außenwände des schlicht kubischen Gebäudes aus porosierten Ziegeln gebaut, die mit 20 Zentimetern Mineralwolle und Wärmedämmputz einen U-Wert von 0,12 W/m²K erreichen. Günstig wirkt der direkte seitliche Anschluss an die beiden Nachbarhäuser. 40 Zentimeter Zellulosedämmung sorgen am mit Solarmodulen vollgepflasterten Pultdach - der Sonne wegen um 16° nach Südsüdwest geneigt - für U = 0,10 W/m²K. Bei der Kellerdecke mit einer Holzwolle-Mehrschichtplatte sind es 0,13 W/m²K.

Reparatur der Wärmepumpe sorgt für Zwist

Der Abluft aus den Wohnungen und dem Abwasser wird mit Wärmetauschern und einer 6,7-Kilowatt-Wärmepumpe Wärme entzogen und in zwei 3.000-Liter-Pufferspeichern vorgehalten. Das Konzept ist eine Herausforderung für die Anlagen: "Zu Anfang haben sich die Steuerung der Wärmepumpe und des Pellet-Ofens nicht verstanden: Der Pelletofen hat sich immer ausgeschaltet", so Franziska Mohaupt, Hausbewohnerin und von Anfang an ehrenamtlich im Projekt aktiv. Geplant war, dass der Pelletkessel das System nur sechs bis acht Wochen im Jahr unterstützen sollte. Tatsächlich war er im Winter 2014/15 von November bis Februar in Betrieb.

Mehr als zwei Monate war die Wärmepumpe kaputt, und die beteiligten Firmen stritten sich wegen der Instandsetzung. Franziska Mohaupt: "Wir haben für den technischen Ausbau zunächst keine Firma gefunden, die die Leitung übernehmen wollte, und haben es dann mit jemand gemacht, der eigentlich nicht dafür geeignet war, weil vieles nicht dem Standard entspricht - zum Beispiel die sehr enge Auslegung der Heizung." Lediglich mit dem Pelletkessel, der mit 20 kW recht knapp bemessen wurde, schafft das System an kalten Tagen in den Wohnräumen nur 18 °C.

Fensterintegrierte Lüftung hat sich nicht bewährt

Ein weiterer Punkt, den die Baugruppe heute wohl anders gestalten würde, sind Lüftungsschlitze direkt an den Fenstern. Franziska Mohaupt: "Wenn der Wind auf der Fassade steht, spürt man an den Lüftungsschlitzen die kalte Luft herunterfallen. Außerdem lassen die Schlitze von außen Lärm herein."

Der gemäß EnEV 2014 berechnete jährliche Strombedarf des Hauses beträgt für die Wärmepumpe 30.754 Kilowattstunden. Dazu kommen als Hilfsenergie für Heizung, Warmwasser und Lüftung 6.006 Kilowattstunden und für den gewöhnlichen Haushaltsstrom 24.142 Kilowattstunden. In den Holzpellets würden nach der ursprünglichen Auslegung 10.926 Kilowattstunden stecken, so dass der Endenergiebedarf bei insgesamt 71.828 Kilowattstunden läge. Die Photovoltaikanlage soll 76.218 Kilowattstunden pro Jahr erbringen.

Während die Strombilanz laut Franziska Mohaupt weitgehend mit den berechneten Werten übereinstimmt, dürfte das für die Pellets kaum der Fall sein. Ob also von den 4.390 Kilowattstunden unter dem Strich ein Plus übrigbleibt, ist noch nicht sicher. Jedenfalls sollen der Auslegung nach von den 76.218 Kilowattstunden Photovoltaikstrom 54 Prozent, also 41.158 Kilowattstunden, im Haus genutzt und die restlichen 35.060 Kilowattstunden ins Netz eingespeist werden. An dem Plan, später stattdessen einen Teil davon an Nachbarn zu verkaufen, werde festgehalten: "Wir wollen das zusammen mit einem großen Ökostromversorger machen", sagt Mohaupt.

Baukosten liegen bei 2400 Euro pro Quadratmeter

2012 waren nur gut 2,2 Millionen Euro Bauwerkskosten brutto veranschlagt worden. Daraus sind am Ende 2,9 Millionen Euro geworden - für jeden der 1.207 m² also gut 2.400 Euro -, obwohl zur Kosteneinsparung viele Register gezogen wurden. Eingerechnet sind da schon die Eigenleistungen: "Die zu dieser Zeit 15 zukünftigen Bewohner/innen haben in den drei letzten Monaten der Bauphase ungefähr 15 Stunden die Woche angepackt", erinnert sich Mohaupt.

Bei den Bauteilen wurden Standardprodukte und Standardgrößen gewählt, bis hin zum Industrieparkett. Sämtliche Wohnungen haben nur Duschen, keine Badewannen - die hätten zu viel Platz gebraucht -; baden kann man in einer zentralen Wanne im Erdgeschoss. Es gibt kaum Verlustflächen durch Flure: Ein einziges Treppenhaus und Laubengänge, die gleichzeitig als Balkons dienen, erschließen alle 18 Wohnungen. Und vom Laubengang aus kommt man sofort in die Wohnküchen. Auch Balkone auf der Nordseite sind wegen der Kosten weggefallen, und es wurde auf eine Fußbodenheizung verzichtet.

Für das Monitoring hat das Bundesbauministerium etwa 190.000 Euro gezahlt. Dazu kommt eine Fördersumme von bisher etwa 45.000 Euro für die innovative Haustechnik. Lehrgeld hat das Projekt für die vermeintliche Spar-Idee gezahlt, auf eine Unterkellerung zu verzichten. Mohaupt: "Dann haben wir festgestellt: Wir brauchen doch einen Teil-Keller für die Wassertechnik. Und das Dach musste wegen des Brandschutzes verstärkt und anders gebaut werden als geplant."

Ein guter Gedanke waren dagegen die flexiblen Grundrisse: Man kann die WG-Wohnungen ohne großen Aufwand in zwei Einzelwohnungen teilen, indem in der Wohnküche eine Gipskartonwand eingezogen wird. Und tatsächlich: Seit dem Einzug fand das bereits zweimal statt.

Wohnen kostet 10,38 Euro pro Quadratmeter im Monat

Kostendämpfend wirkte das System der Direktkredite. Einzelpersonen liehen dem Projekt rund 1,3 Millionen Euro zu durchschnittlichen Jahreszinsen von etwa 2 Prozent. So mussten von der Bank nur etwa 1,65 Millionen Euro aufgenommen werden. Hinzu kamen allerdings 90.000 Euro Vorschusszinsen, "weil wir deutlich später angefangen haben zu bauen als geplant" (Mohaupt). Unter dem Strich zahlen die Bewohner - es sind derzeit 26 Erwachsene und 13 Kinder - im Schnitt 10,38 Euro brutto pro Monat und Quadratmeter. Davon entfallen je nach individuellem Heizwärmeverbrauch etwa 1,20 bis 1,50 Euro auf die Nebenkosten. Die Nettomiete steigt jedes Jahr regulär um ein Prozent. Diese Staffelmieterhöhung kann aber ausgesetzt werden, wenn es gelingt, günstigere Kredite einzuwerben.

Das hängt mit dem besonderen Organisationsmodell des "Mietshäuser-Syndikats" zusammen, dem sich die Baugruppe angeschlossen hat. Eine GmbH baut und besitzt das Haus und vermietet es an die Bewohner. Zweiter Gesellschafter dieser GmbH ist neben dem Syndikat der Hausverein in dem alle, die im Haus wohnen, verpflichtend Mitglied sind. Der Hausverein entscheidet, angefangen mit dem Bau, über alles - nur darf er nichts verkaufen, da das Syndikat hier eine Sperrminorität hat. von Alexander Morhart

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