Liegenschaften werden deutschlandweit untersucht

Bündnis will bei Gebäuden mit wenig Geld viel Energie sparen

Liegenschaften werden nach Einsparpotenzialen untersucht. © Dena

Mit einem Forschungsprojekt will die neue "Allianz für einen klimaneutralen Wohngebäudebestand" ermitteln, wie man mit möglichst wenig Geld möglichst viel Energie sparen kann.

Mit einem Forschungsprojekt will die neue "Allianz für einen klimaneutralen Wohngebäudebestand" ermitteln, wie man mit möglichst wenig Geld möglichst viel Energie sparen kann. So möchte das Bündnis sowohl dem Klimaschutz als auch der Forderung nach bezahlbaren Mieten gerecht werden. Das Projekt war schon länger geplant, bekommt aber mit den kürzlich verschärften Anforderungen an Energieeinsparungen im Gebäudesektor durch den Klimaschutzplan 2050 noch einmal eine besondere Dringlichkeit.

Mitglieder des Bündnisses sind der Spitzenverband der deutschen Wohnungs- und Immobilienunternehmen GdW, dessen Mitglieder sechs Millionen Wohnungen in Deutschland besitzen, sowie weitere Großvermieter wie die Vonovia. Von der Herstellerseite sind die Firmen Danfoss, Techem, Bosch Thermotechnik und Ista dabei. Mit dem Forschungsprojekt haben sie die EBZ Business School aus Bochum und die Technische Universität Dresden beauftragt.

Notwendig sind höhere Energieeinsparungen nicht erst, seit die Bundesregierung die Zielvorgaben für den Gebäudesektor verschärfte. Schon vorher zeichnete sich ab, "dass der Energieverbrauch im Wärmesektor witterungsbereinigt weniger stark sinkt als geplant und die Klimaziele nicht erreicht werden", sagte Frank Hyldmar von Techem bei der Vorstellung der Pläne. "Bisher galten die Anstrengungen vor allem der Gebäudehülle", ergänzte GdW-Präsident Axel Gedaschko. "Wir glauben, dass ein Bündel von weiteren Maßnahmen auf den Prüfstand muss."

Welche Maßnahmen die Allianz überprüfen will, stellte Professor Viktor Grinewitschus von der EBZ Business School am Dienstag in Berlin vor. Grundsätzlich gehe es darum, die effizientesten Einsparmöglichkeiten zu finden, sagte Grinewitschus, also diejenigen, die die meisten Einsparungen pro Euro bringen. Und diejenigen, die besonders effektiv sind, also rechnerisch besonders viel ausmachen.

Dafür wird das Forschungsprojekt in vier Teilprojekte unterteilt: Erstens eine vergangenheitsbezogene Analyse von Sanierungsmaßnahmen. Zweitens die Wirkung von moderneren Heizungen, denn "14 von 21 Millionen Heizungsanlagen in Deutschland sind ineffizient", sagte Uwe Glock, Geschäftsführer der Bosch Thermotechnik. Drittens den Effekt einer besseren Wärmeverteilung (hydraulischer Abgleich). Viertens die Einspareffekte von Nutzerassistenz – das sind in diesem Fall smarte Thermostate, die Visualisierung der Verbräuche, ein Steuerungsdisplay in der Wohnung und eine App sowie eine Lüftungsassistenz, bei der CO2-Gehalt und Luftfeuchtigkeit angezeigt wird.

Zwei Heizperioden lang werden in diesem und im kommenden Winter mehrere Hundert Liegenschaften in Deutschland, vor allem in Nordrhein-Westfalen, nahe Frankfurt und an der Kieler Förde, untersucht. Mit dieser Verteilung wollen die Forscher auch regionale Unterschiede erfassen. Die größte Gruppe ist mit 500 Liegenschaften diejenige, in der vergangene Sanierungsmaßnahmen bewertet werden. Rund 350 Gebäude werden auf den Punkt Kesseleffizienz und -tausch hin untersucht. In 23 Gebäuden wird die Wirkung eines hydraulischen Abgleichs und der Effekt von Nutzerassistenzen gemessen.

Viktor Grinewitschus betont, dass es darum geht, Verschwendung zu reduzieren, nicht Komfort.  "Wir wollen den Nutzern helfen, sich schlau zu verhalten." Dabei sollen auch die programmierbaren Thermostatventile helfen, die in den Wohnungen der Probanden eingebaut werden. Denn die Technologie der jetzigen Thermostate stamme ja noch aus den 70er Jahren. "Da hatten Telefone Wählscheiben und es gab drei Fernsehprogramme", zieht  Grinewitschus einen Vergleich. Allerdings: "Menschen, die immer schon ihre Heizung abdrehen, werden wir mit den Thermostaten nicht wirklich helfen können."

Der Wissenschaftler rechnet mit 500 Millionen Daten, deren Auswertung zeigen soll, welche Einsparungen erzielbar sind. "Am schwersten wird zu beurteilen sein, wie die Kombination von Maßnahmen wirkt", glaubt Grinewitschus. Schon heute aber ist die Allianz sicher, dass einfache technische Lösungen zur Steigerung der Kesseleffizienz, zur Verbesserung der Wärmeverteilung im Gebäude und zur Unterstützung sparsamen Verbrauchs noch nicht ausreichend verbreitet sind.

Dass nach Auswertung der Daten alle GdW-Mitglieder die entsprechende Technik einbauen, kann Axel Gedaschko allerdings nicht garantieren: "Es wäre toll, wenn ein Verband diese Fernwirkung hätte", sagte er. Wenn aber der wissenschaftliche Nachweis geführt worden sei, dass auch die geringinvestiven Maßnahmen große Wirkung haben, könne sich vielleicht die Förderpolitik ändern: Weg von der Gebäudehülle, hin zu dem "was am meisten bringt". Im Moment so Gedaschko, "rennen wir da etwas gegen die Wand".

Doch nicht nur für die eigenen Mitglieder sei das Forschungsprojekt gedacht. Auch Einzeleigentümer sollen mit den Ergebnissen in die Lage versetzt werden, mit wenig Investitionen eine große Wirkung zu erzielen. Bislang nämlich, so Uwe Glock, würden die meist älteren Besitzer von kleineren Immobilien die Amortisationszeiten von großen Sanierungen als unattraktiv ansehen. Von Susanne Ehlerding

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