Normierung auf Typengebäude sorgt für Transparenz

Baubündnis legt Kostenstudie zu Mietwohnungsbau vor

Experten stellen Baukostenanalyse vor. © A. Morhart

Eine Studie zu Baukosten im Mietwohnungsbau soll für Kostentransparenz sorgen, auch im Hinblick auf Verschärfungen durch die EnEV 2016.

Aufhorchen lassen dürfte eine <link fileadmin user_upload bauen_und_sanieren finanzen_beratung arge-praxis-untersuchungt-optimierter-wohnungsbau.pdf _blank studie>Studie zu Baukosten, die das "Verbändebündnis Wohnungsbau" – Verbände der Bau- und Wohnungswirtschaft, IG Bau und der Deutsche Mieterbund – in Berlin vorgestellt haben. Erstellt hat sie die halbstaatliche "Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen" in Kiel. Sie erhebt Baukosten für den Mietwohnungsbau.

Die Untersuchung soll an sich nur die Datengrundlage für eine zweite Studie des Pestel-Instituts bereitstellen, in der die finanziellen Forderungen der Baubranche konkretisiert und gerechtfertigt werden. Die Studie aus Kiel scheint jedoch die weitaus interessantere zu sein. Die Arbeitsgemeinschaft erhebt den Anspruch, damit erstmals den Status quo der Baukosten von Mietwohnungen in neu gebauten Mehrfamilienhäusern des verbreiteten Typs "Punkthaus" abzubilden, und zwar transparent.

Löst sie diesen Anspruch ein? Die vierköpfige Autorengruppe um Dietmar Walberg, Architekt und Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft, verfügt nicht nur über eine beeindruckende Datenbank – abgerechnete Baukosten von bundesweit rund 11.000 Wohneinheiten seit 2011, auf Plausibilität geprüft –, sie hat sich auch methodisch einiges einfallen lassen, um diese Daten raffiniert auszuwerten.

Um zu einer klaren Aussage zu kommen, lässt Walberg zunächst alle Kostendaten auf ein definiertes "Typengebäude" normieren: ein 5-geschossiges Punkthaus mit Penthouse-Flachdach auf einer Grundfläche von 17,80 mal 13,60 Metern. Alle 12 Wohneinheiten sind durch ein einziges, zentrales Treppenhaus erschlossen. Es gibt keinen Keller und keinen Aufzug. Es biete kostenoptimiert rund 880 m² Wohnfläche und genüge energetisch bereits der Energieeinsparverordnung (EnEV) ab 2016.

Und siehe da: Durch die Projektion auf einen einheitlichen Bautyp wird die Spanne zwischen dem billigsten und dem teuersten Gebäude in der Datenbank auf ein erträgliches Maß verringert. Zwischen 1.346 und 1.527 Euro pro m² Wohnfläche kostet ein solches Typengebäude – mit Mehrwertsteuer und normiert auf den Geldwert Anfang 2014.

Mit der – freilich arbeitsaufwendigen – Umrechnung auf ein Typengebäude endet die Raffinesse der Walberg-Gruppe noch nicht. Um letztlich auf einen einzigen, griffigen Wert zu kommen, bilden die Wissenschaftler nicht etwa unreflektiert das arithmetische Mittel der Kosten, sondern den aussagekräftigeren Median. Der Median ist kein Durchschnittswert, sondern der Wert in der Mitte einer Zahlenreihe. Er verhindert, dass es durch Ausreißer bei Extremwerten zu Durchschnittswerten kommt, die die Realität ungenau abbilden. Mit diesem Verfahren, das auch Mathematiker zufriedenstellt, kommt die Arbeitsgemeinschaft schließlich auf Baukosten von 1.432 Euro pro m² Wohnfläche für ein solches Haus "im mittleren Qualitätssegment".

Die Autoren haben aus den Daten einen kleinen Katalog erstellt, mit dem man wie bei einem Baukasten die zusätzlichen Kosten – eben zum Beispiel für einen Aufzug (68 Euro pro m² Wohnfläche) – hinzufügen kann. Weitere Punkte aus dem Katalog sind ein Keller (94 Euro) und eine Tiefgarage (einzeln 292 Euro; falls kombiniert mit dem Keller 249 Euro).

Auch zusätzliche Baukosten für energieeffizientere Standards finden sich in der Aufstellung: Soll es statt "EnEV ab 2016" "Effizienzhaus 70" sein, koste das 52 Euro mehr pro m² Wohnfläche; für "Effizienzhaus 55" seien es 135 Euro mehr, und "Effizienzhaus 40" käme mit 253 Euro mehr bereits in den Bereich der Tiefgarage. Ein Zurückgehen auf "EnEV 2014" spare dagegen 98 Euro pro m² Wohnfläche an Baukosten ein.

Interessant für die Entscheidung für oder gegen ein Extra aus dem Katalog wären nun auch die Gesamtkosten im Laufe der Betriebsdauer des Gebäudes, also Baukosten plus aufsummierte Betriebskosten oder "Lebenszykluskosten". Denn ein energieeffizienterer Standard sorgt für weniger Brennstoffkosten, und eine Tiefgarage erspart Grundstückskosten für oberirdisches Parken. Aber ein Lebenszyklusansatz war offenbar nicht der Auftrag der bestellenden Verbände. Vielleicht auch deshalb, weil man sich dann zum Beispiel auf ein Szenario für die Energiepreisentwicklung hätte einigen müssen; ein heikles Thema.

Nur an einer Stelle – bei einer Variantenbetrachtung diverser Kombinationen von Wärmeversorgung und Dämmung – werden mehr oder weniger vorteilhafte Endenergiebedarfe dargestellt; allerdings nur qualitativ mit einem Ampelsystem, nicht mit Euroangaben.

Eine zweite Schwäche der Studie ist, dass das Transparenzversprechen letztlich nicht konsequent eingelöst wird. Zum Beispiel sind auf den 40 Seiten weder detaillierte Grundrisse der Wohnungen im Typengebäude dargestellt, noch sind der konkrete Wandaufbau oder die technische Ausstattung ersichtlich. Solche Angaben, ohne die die Plausibilität für Außenstehende schwer zu beurteilen ist, werden erst für eine weitere Studie im Laufe des Jahres in Aussicht gestellt

Um dennoch eines der Studienergebnisse exemplarisch prüfen zu können, hat EnBauSa.de für eine der Angaben im Katalog, nämlich "41 Euro pro m² Wohnfläche" für eine Dachbegrünung, einen Fachmann um seine Beurteilung gebeten. Der Biologe Wolfgang Ansel, seit 2004 Geschäftsführer des Deutschen Dachgärtner-Verbandes in Nürtingen, gibt als Durchschnittswert für eine extensive Dachbegrünung 30 Euro pro m² Dachfläche an. Für die knapp 172 m² Dachfläche des Typengebäudes errechnen sich danach etwa 5.160 Euro oder, bezogen auf die 880 m² Wohnfläche, weniger als 6 Euro pro m² Wohnfläche. Wie der Unterschied zu 41 Euro – fast um den Faktor 7 mehr – zustandekommt, lässt sich wohl erst anhand der angekündigten weiteren Studie klären. Von Alexander Morhart

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