Quelle: DEUTSCHE ROCKWOOL

TÜV Rheinland bietet bundesweit Thermographie aus der Luft an

Thermographische Befliegung ist umstritten

Thermographie aus der Luft soll Aufschluss über Energiebilanz der Dächer geben. © TÜV Rheinland

Der TÜV Rheinland bietet thermographische Aufnahmen von Dächern an. Das Verfahren ist umstritten.

Der TÜV Rheinland bietet seit kurzem an, den energetischen Zustand von Gebäuden aus der Luft per Thermographie-Aufnahme des Dachs flächendeckend zu erfassen. Die Durchführung der Befliegung übernimmt Eurosense. Die Aufnahmen sollen flächendeckend Aufschluss über den energetischen Zustand der abgelichteten Gebäude geben. Benjamin Standecker vom Bundesverband für angewandte Thermographie ist skeptisch, ob das Verfahren dafür taugt.

Bereits vor einem Jahr gab es ein Pilotprojekt zur thermographischen Befliegung. RWE hat finanziell und konzeptionell geförderte Thermographieanalysen aus der Luft in Rheinbach, Essen und Arnsberg durchgeführt. Dabei wurden rund 250.000 Immobilien erfasst. Nun hat der TÜV Rheinland gemeinsam mit Eurosense ein Projekt gestartet, das den Service bundesweit anbieten soll. Kommunen im Konzessionsgebiet der RWE können eine Förderung durch den Energieversorger beantragen.

Das Herangehen: Wärmebildkameras sollen vom Flugzeug aus Aufnahmen der Gebäudedächer machen. Das soll Rückschlüsse auf deren Energieverbrauch erlauben. Die Thermographie von Gebäuden ist ein gängiges Verfahren, um Schwachstellen in der Gebäudehülle zu identifizieren. Sie muss jedoch sorgfältig und sachgerecht ausgeführt werden, um wirklich Aufschlüsse zu liefern. Der Zustand der Dächer lasse einen guten Rückschluss auf den energetischen Zustand des gesamten Gebäudes zu, argumentiert der TÜV Rheinland.

Die Planungen für den kommenden Winter laufen an. Bei den Flügen werden je nach Größe der Stadt mehrere 1.000 Thermographiebilder aufgenommen. Die Kosten beginnen bei einer Kleinstadt bei 30.000 Euro, sind jedoch von zahlreichen Faktoren wie beispielsweise der Flächenausdehnung abhängig.

Wichtig ist zudem, ähnlich wie bei Solarkatastern, der Datenschutz. Die Bürgerinnen und Bürger müsssen die Möglichkeit haben, der Erfassung ihrer Dächer zu widersprechen. Dazu muss vorab eine Befragung erfolgen. Die bietet der TÜV als Service mit an, die Kommunen können das aber auch selbst übernehmen.

Bei den Aufnahmen werden Abweichungen der Oberflächentemperaturen aus großer Höhe aufgezeichnet und Wärmestrahlung sichtbar gemacht. Die Flüge erfolgen unter bestimmten meteorologischen Bedingungen in der kalten Jahreszeit. Sie müssen in niederschlagsfreien Nächten, bei weitgehender Windstille und Temperaturen bis 5 Grad Celsius stattfinden. Die mit spezieller Messtechnik ausgestatteten Flugzeuge fliegen in einer Höhe von rund 1.000 Metern über Grund. Das Verfahren ist aufwändig. So sind für die Befliegung einer Stadt von der Größe Essens 80 Flugbahnen notwendig, drei Nächte sind die Flieger dafür unterwegs.

Benjamin Standecker vom Bundesverband für angewandte Thermographie ist skeptisch, ob eine solche thermographische Befliegung zur Identifizierung schlecht gedämmter Dächer überhaupt Sinn macht. Es sei zwar theoretisch möglich, aus so großer Höhe thermographische Aufnahmen zu machen, aber die Störfaktoren seien zu groß, um praxisrelevante Aussagen zu treffen. Eine Befliegung in niedrigerer Höhe ist aber aufgrund der Lärmbelästigung kaum machbar.

Schwierigkeiten können auch Dächer bereiten, die mit Fotovoltaik oder Solarthermie bedeckt sind. Da lässt sich zwar das Problem der Wärmeabstrahlung in den Griff bekommen, weil Nachts geflogen wird. Aussagen über die Beschaffenheit des Daches erhält man aber hier durch thermographische Aufnahmen von oben nur teilweise, da Teile durch die Anlagen abgedeckt sind.

Es sei überhaupt nicht möglich, durch die Messungen Aussagen zu treffen, wie gut ein einzelnes Dach gedämmt ist, sagt Standecker weiter. "Ein Vergleich ist vielleicht für komplette Siedlungen möglich, hausgenaue Aussagen erhält man nicht", betont er.

Frank Ehlert vom TÜV Rheinland sieht das anders. Die thermographischen Informationen würden mit Flurgrundstücken abgeglichen, dann seien sehr wohl grundstücksgenaue Informationen möglich. Während der Flüge finden gleichzeitig Bodenmessungen statt, die die Aussagekraft bei der Auswertung erhöhen sollen. Die Einzelaufnahmen werden durch Eurosense georeferenziert, zu einem Thermomosaik zusammengefügt und im Anschluss durch TÜV Rheinland mit der Liegenschaftskarte verschnitten. Diese Informationen erhalten dann nur Grundstückseigentümer. Der TÜV will die Befliegung nicht nur bundesweit, sondern mittelfristig auch europaweit anbieten. von Pia Grund-Ludwig

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