Quelle: DEUTSCHE ROCKWOOL

Änderung der Förderkriterien gefordert

Studie: "Solarthermie günstiger als Dämmung"

Dämmung oder Solarthermie können CO2-Bilanz von Gebäuden verbessern. © EnBauSa.de

Eine Studie, die der Bundesverband Solarwirtschaft verbreitet, hat sich damit beschäftigt, ob Dämmung oder Solarthermie bei der CO2-Reduktion kostengünstiger sind.

Solarthermische Heizsysteme machen ein Haus energieeffizienter als Häuser mit maximal optimierter Gebäudehülle. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie im Auftrag des Bundesverbandes Solarwirtschaft, in der die Effizienz von Dämmung und Solarthermie umfassend verglichen wurde. Das durchführende Sonnenhaus-Institut e.V. und das Ingenieurbüro Econsult stellen in der Studie fest, dass Gebäude mit einem hohen solarthermischen Deckungsanteil klimaschonender seien als Häuser mit optimierter Gebäudehülle.

Untersucht wurden die drei Gebäudetypen Einfamilienhaus, Doppelhaus und Mehrfamilienhaus in den Standards KfW-Effizienzhaus 70, KfW-Effizienzhaus 55 und Passivhaus an realen Projekten. Die Geometrien realer Gebäude wurden zugrundegelegt, Verbräuche und Kosten mit zwei unterschiedlichen EnEV-konformen Verfahren gerechnet.

Verwendet wurden die DIN V 4108/6-4701/10 sowie die DIN V 18599. In der DIN V 4701-10 geht es um die energetische Bewertung von heiz- und raumlufttechnischen Anlagen. Die DIN V 18599 stellt eine Methode zur Bewertung der Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden zur Verfügung.

Eines der Ergebnisse der Studie ist aus Sicht von Klaus Lambrecht von Econsult ernüchternd: "Wenn wir besser sind als ein Effizienzhaus 70, ist das wirtschaftlich nicht mehr darstellbar." Zugrunde lagen dabei Energiepreissteigerungen zwischen 4 und 8 Prozent pro Jahr und eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung nach VDI 2067.

Zu ähnlichen Ergebnissen kommen auch andere Studien, etwa eine Erhebung des Instituts für Wohnen und Umwelt aus dem Jahr 2010 sowie Erhebungen der Deutschen Energie-Agentur (Dena). Die IWU-Studie hatte zum Fokus, welcher Sanierungsstandard warmmietenneutral zu realisieren ist. Die Erhebung der Dena bezog sich auf Häuser mit einem Verbrauch an Heizenergie von mehr als 225 Kilowattstunden pro Quadratmeter Wohnfläche.

Nun reichen aber Bau und Sanierung zum Effizienzhaus 70 nicht, um die Klimaziele der Bundesregierung zu erreichen. Von einem Zero Emission Haus, das die EU fordert, ist man damit noch weit entfernt. "Wenn man besser ist als ein Effizienzhaus 70 ist die Frage, mit welchen Kosten welche Einsparungen zu erreichen sind", beschreibt Lambrecht das Ziel der Studie.

In der Untersuchung wird das Gebäude als Gesamtsystem betrachtet, in dem die Gebäudehülle und die Anlagentechnik zusammenspielen. Durch die Verwendung gleicher Rahmenbedingungen und Rechenmethoden werde die Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Effizienz-Hausvarianten hergestellt, so die Autoren. Hierzu zählen Baukosten und Energiepreise sowie Energieverbrauch und Nutzerverhalten.

"Die Studie ist die Grundlage für eine objektive Diskussion über das innovative und energieeffiziente Bauen der Zukunft - auch vor dem Hintergrund einer höheren Fördereffizienz", sagt Peter Rubeck, Mitautor und Geschäftsführer des Sonnenhaus-Instituts.

Zum ersten Mal sei es bei Effizienzgebäuden möglich, "Äpfel mit Äpfeln zu vergleichen". Dabei wurden zwei Ansätze betrachtet. Im ersten Ansatz wurde der solare Deckungsgrad erhöht, um ein höheres Effizienzhausniveau zu erreichen. Im zweiten Ansatz wurde die thermische Qualität der Gebäudehülle verbessert und die Anlagentechnik "zurückgefahren". Für beide Varianten haben die Experten die Auswirkungen auf Kosten, Heizwärmebedarf, Primärenergiebedarf und CO2-Ausstoß angeschaut.

"Innerhalb der Effizienzhaustypen 70, 55 und Passivhaus weisen diejenigen Gebäude jeweils den geringsten Endenergiebedarf auf, die über eine Solaranlage mit 60 Prozent solarthermischer Deckung verfügen, auch im Vergleich zu den Passivhaushüllen", so die Autoren. Spannend ist zudem das Ergebnis, dass das Effizienzhaus 70 Pellet-Solar mit einem solaren Deckungsgrad von 60 Prozent einen geringeren Endenergiebedarf als das Effizienzhaus 70 mit Gasheizung und Passivhaushülle und auch weniger Endenergie verbraucht als das Effizienzhaus 55 mit Gasheizung und Passivhaushülle. Daraus folgern die Experten: "Effizienzhäuser mit hohem solarem Deckungsgrad weisen einen geringeren Endenergiebedarf auf als Gebäude, die verstärkt auf die Gebäudehülle und weniger Anlagentechnik setzen."

Die Studie enthält auch eine Betrachtung zu den Kosten. Die höchste Energiekosteneinsparung besitzt danach die optimierte Gebäudehülle des Passivhauses kombiniert mit den Heizungsvarianten Pellet-Solar und Pellet-Solar60 und die Effizienzhäuser 70 und 55 kombiniert mit der Heizungsvariante Pellet-Solar60. Solar60 bedeutet, dass der Deckungsgrad an solarer Wärme bei mehr als 60 Prozent liegt.

Die höchsten effektiven Mehrkosten verursache die optimierte Gebäudehülle des Passivhauses kombiniert mit den Heizungsvarianten Pellet-Solar60. "Die KfW-Effizienzhäuser 70 und 55 mit der Heizungsvariante Pellet-Solar60 führen zu deutlich geringeren effektiven Mehrkosten als die optimierte Gebäudehülle des Passivhauses mit den Heizungsvarianten Gas-Solar, Pellet- Solar und Pellet-Solar60", so die Studie weiter. Eine Ausnahme bilde das Mehrfamilienhaus mit der Heizungsvariante Gas-Solar, die günstiger abschneide.

Die Zahlen zur Ökonomie sind aber in der Studie nur schwer nachzuvollziehen. In einem Blatt, das die Kosten aufschlüsselt, sind zwar die Kosten für die Anlagentechnik genannt. Wie aber die Mehrkosten für eine Gebäudehülle auf Passivhausstandard ermittelt werden erschließt sich daraus nicht. Das macht die eigentlich notwendige Diskussion über die Frage, welche Kosten bei der C02-Einsparung bei unterschiedlichen Baustandards entstehen weiter schwierig.

"Die Zahlen für die Variante KfW-EH70-Pellet-Solar60WRG sollten im Detail vorliegen um beurteilen zu können, wie die Ökonomie genau gerechnet wird und welche Daten zugrunde gelegt wurden. Erst dann macht eine eingehende Diskussion Sinn, zu der wir gerne bereit sind", sagt Berthold Kaufmann vom Passivhaus Institut.

Wichtig ist aus seiner Sicht zudem das Vorliegen realer Daten: "Jedes Konzept muss sich an Messergebnissen in wirklich umgesetzten Projekten, das heißt an einer nachvollziehbaren Energiebilanz messen lassen. Dazu gehören mindestens die Angabe der spezifischen Werte für Heizwärmebedarf und gegebenenfalls Kühlenergiebedarf."

Insgesamt gibt es zu den Erträgen von Solarhäusern bislang relativ wenig Messdaten. Das soll nun ein Pilotprojekt des Fraunhofer ISE ändern. Dort werden Häuser unterschiedlicher Größen mit einem solaren Deckungsgrad von über 50 Prozent über die nächsten Jahre messtechnisch ausgewertet.

Priorität hat aus Sicht des Passivhaus-Experten Kaufmann die Verringerung der Wärmeverluste über die Gebäudehülle. Gute Wärmedämmung und Lüftung mit Wärmerückgewinnung seien die einfachsten Maßnahmen mit dem besten Kosten-Nutzen-Verhältnis, so der Passivhaus-Experte. Erst jedoch bei entsprechend reduzierten Verlusten werde der Anteil, den die Erneuerbaren Energien bei der Deckung des Verbrauchs spielen können, wirklich bedeutend. Die Studie kommt hier jedoch zu anderen Ergebnissen.

Der Bundesverband Solarwirtschaft fordert, deren Ergebnisse der Studie bei der Gesetzgebung zu berücksichtigen, etwa bei der Übernahme der EU-Gebäuderichtlinie in nationales Recht, an der in Deutschland aktuell gearbeitet wird. "Wenn Solarwärme XXL gleichberechtigt mit der Effizienzhaus-Förderung finanziell unterstützt würde, könnten die von der Bundesregierung gesteckten Klimaschutzziele effizienter erreicht werden", sagt Jörg Mayer, Geschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft.

Die Studie belegt dies an der bisherigen Fördersystematik. Das KfW-Effizienzhaus 70 mit verbesserter Gebäudehülle und Gasheizung weist darin den höchsten Primärenergiebedarf auf und erhält die niedrigste Förderung. Die Fördereffizienz sei hier stimmig.

Die KfW-Effizienzhäuser 70 und 55 mit der Heizungsvariante Pellet-Solar60 erzielen den niedrigsten Primärenergiebedarf, erhielten aber nicht die höchste Förderung. Die Fördereffizienz sei nicht stimmig, es sollte bei Effizienzhäusern als Maßstab die CO2-Einsparung herangezogen werden, so die Studie.

Sie fordert insbesondere, die bisherige Koppelung der Effizienzhausstufen 70, 55 und 40 der KfW-Förderung an den Primärenergiebedarf und gleichzeitig an die Gebäudehülle zu überarbeiten. "Die Ergebnisse zeigen, dass die Anforderungen an die Gebäudehülle des Effizienzhauses 70 ausreichen, um in Kombination mit effizienter Anlagentechnik sehr hohe CO2-Einsparungen zu erzielen", so die Autoren.

von unserer Redakteurin Pia Grund-Ludwig

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