Quelle: DEUTSCHE ROCKWOOL

Spätfolgen lassen sich noch nicht abschätzen

Nanopartikel aus Farben sind derzeit kein Risiko

Fassaden mnit Nanopartikeln sind kein Gesundheitsrisiko, so die Empa. © B. Baumann

Nanopartikel dienen in Farben dazu, Anstriche schmutzabweisend zu machen. Die Schweizer Empa hat die Gesundheitsgefahren untersucht und gibt Entwarnung.

Derzeit lasse sich keine außergewöhnliche Gesundheitsgefahr durch Nanopartikel in Fassadenanstrichen erkennen. Zu diesem Ergebnis kommt das EU-Forschungsprojekt "Nano House", das nach 42 Monaten abgeschlossen wurde.

In dem Projekt forschten fünf Abteilungen der Empa zusammen mit vier europäischen Forschungsinstituten und vier Industriepartnern zum Thema "Chancen und Risiken von Nanomaterialien in Fassadenbeschichtungen". Zum ersten Mal wurden nicht nur frisch hergestellte, sondern auch gealterte und aus Produkten freigesetzte Nanopartikel untersucht.

Auf dem Programm der Forscher standen unter anderem Reibversuche an Modellfassaden, Versuche zur Auswaschung von Nanopartikeln und eine Analyse der biologischen Wirkungen auf Mensch und Umwelt. Tina Künniger, Empa – Spezialistin für Witterungsschutz von Holzoberflächen – erläuterte auf einer Tagung des Schweizer Forschungsinstituts die Wirkung von Nanopartikeln in Anstrichfarben. Manche Farben mit Siliziumdioxid sollen wasserabweisend, leicht zu reinigen und kratzfest sein. Nano-Titandioxid wirkt fotokatalytisch und kann Luftschadstoffe abbauen. Auch können Nano-Titandioxid, Nano-Zinkoxid und Nano-Eisenoxid als UV-Schutz eingesetzt werden, je nach Grösse der Partikel auch als Schutz vor Hitze. Ebenso sollen Nanopartikel vor Blaufäulepilzen und Algen schützen.

Viele Laborstudien belegen die Wirksamkeit der Nanopartikel, doch in der Praxis bleibt die Frage: Wie viel muss ich der Farbe beimischen, damit es auch wirkt? Aus diesem Grund sind bislang nur wenige Nano-Produkte für Außenfassaden auf dem Markt. Bernd Nowack, Leiter der Gruppe " Environmental Risk Assessment and Management" an der Empa, erläutert die Versuche. Die Freisetzungsrate liege bei nur 1 bis 2 Prozent. Und diese sind nicht etwa frei unterwegs, sondern meist an größere Farbpartikel gebunden, was ihre nanospezifische Wirkung deutlich mindert. "Wir waren erstaunt, wie wenig herauskommt", sagte Nowack. Die Forscher hätten erwartet, dass katalytisch aktive Nanopartikel auch die Farbe um die Partikel herum angreifen und dadurch häufiger freigesetzt werden würden.

Jean-Pierre Kaiser zeigte mit seinen toxikologischen Untersuchungen, dass Farben mit Nanopartikeln dieselben Effekte auf das Verhalten von Magen-Darm-Trakt-Zellen und Immunzellen verursachen wie entsprechende Farben ohne Nanopartikel.  Daher erwartet der Empa-Forscher, dass die Farben mit Nanopartikeln kein neues akutes Gesundheitsrisiko darstellen. Gleichzeitig zeigten die Untersuchungen allerdings, dass Nanopartikel von den Zellen aufgenommen werden. Ob diese Akkumulation in den Zellen zu Spätfolgen führt, könne derzeit noch nicht abschließend beurteilt werden.

In der Bewertung möglicher Umweltschäden plädierte Empa-Umweltwissenschaftler Roland Hischier fürs Abwägen: Für ein Haus mit einer angenommenen Lebensdauer von 80 Jahren wäre ein Anstrich mit Nano-Farbe günstiger, falls diese um 30 Prozent länger hält. Denn damit hätte man einen ganzen Hausanstrich eingespart – mit allen Umweltbelastungen bei der Farbproduktion und bei der Entsorgung der Farbreste. Diese These blieb jedoch umstritten: Oft werde eine Farbschicht aus ästhetischen Gründen erneuert, nicht weil sie defekt ist. Damit wäre der Lebensdauervorteil der Nanofarbe passé.

Ingrid Hincapie, Risikoforscherin an der Empa, berichtete schließlich von ihrer Umfrage in der Industrie. Viele Firmen erwarten eine höhere Lebensdauer von Farben mit Nanopartikeln, einige versprechen sich leichtere Handhabung, etwa eine schnellere Trocknung der Farbe. Nur: Wie man Nanopartikel, etwa in Farbresten, entsorgen soll, das wissen nur wenige. Quelle: Empa / pgl

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