Quelle: DEUTSCHE ROCKWOOL

Aufbau schränkt die Sicht nicht ein

Mini-Lautsprecher sorgt für Lärmschutz bei Fenstern

Mit Mini-Lautsprechern im Fensterrahmen wollen Forscher des Fraunhofer-Instituts LBF für Lärmschutz in Wohnräumen sorgen.

Lärm, der von außen in Wohnungen eindringt ist ein großer Stressfaktor. Mit Gegenschwingungen, die mit Mini-Lautsprechern in Fensterrahmen erzeugt werden, wollen Forscher des Fraunhofer-Instituts für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF eine kostengünstige Lösung entwickeln, um den Lärm zu reduzieren.

Um dem Schall mit seinen eigenen Mitteln entgegenzutreten, werden bereits heute Schwingungen gegen Schwingungen eingesetzt. Besonders im tieffrequenten Bereich haben diese aktiven Schallschutzfenster Vorteile gegenüber konventionellen Fenstern.

Bisher hatten solche Konzepte aber Nachteile: Die auf der Scheibe angebrachten Elemente schränkten die Sicht ein oder benötigten einen vergrößerten Bauraum. Das Fraunhofer-Institut hat einen neuartigen, im Fensterrahmen integrierten schlanken Lautsprecher auf Basis elektroaktiver Polymere (EAP) entwickelt, der diese Nachteile beseitigt und darüber hinaus sehr kostengünstig herzustellen ist.

Im LOEWE-Zentrum AdRIA (Adaptronik - Research, Innovation, Application), angesiedelt am Fraunhofer LBF, wurden verschiedene Möglichkeiten untersucht, um Lärmschutzfenster mit aktiven Methoden zu verbessern. Als Herausforderung zeigte sich stets die Aktorik, denn bisher mussten Piezoaktoren im Sichtfeld auf der Scheibe angebracht werden, um dort die Scheibenschwingungen und somit den Schalldurchgang zu mindern. Piezoaktoren sind Bauteile, die unter Spannung ihre Form verändern. Steuert man sie elektrisch an, können sie Gegenschwingungen erzeugen.

Die neuartigen, am Fraunhofer LBF entwickelten schlanken Lautsprecher bestehen aus elektroaktiven Polymeren (EAP). Diese können im Fensterrahmen eingebaut werden, machen den Aufbau kompakter und schränken die Sicht nicht ein. Damit lässt sich der Schalldruck zwischen den Scheiben aktiv regeln und die Übertragung reduzieren.

EAP-Stapelaktoren bestehen aus einer Vielzahl abwechselnd angeordneter Elastomer- und Elektrodenschichten, über die ein hohes elektrisches Feld aufgeprägt wird. In dem neu entwickelten Designansatz sind die Elektroden metallisch ausgeführt und mit mikroskopisch feinen Löchern versehen. Dies erlaubt dem nicht komprimierbaren Elastomer, sich örtlich im Betrieb zu deformieren. Sowohl Elastomer- als auch Elektrodenschichten können nahezu beliebig geformt sein, was große konstruktive Freiheiten eröffnet.

Für den Prototyp des aktiven Spacers für ein Doppelglasfenster wurden entsprechend schmale Elektroden- und Elastomerschichten gefertigt und in einem Gehäuse, dessen Abmessungen denen eines konventionellen Spacers entsprechen, übereinander gestapelt. Der Lautsprecher selbst ist also vollständig in den Spacer integriert. Das Gehäuse übernimmt die lasttragende Aufgabe des Originalbauteils. Über Löcher im Deckel wird der Schall in den Innenraum des Doppelglasfensters abgestrahlt.

Bereits mit einem nur 20 Zentimeter langen Lautsprecher, das entspricht rund sieben Prozent des Fensterrahmens, ließ sich bei geringer Lautstärke im Labor eine Reduktion der abgestrahlten Schallleistung von 3,3 Dezibel im Summenpegel bis 500 Hertz erreichen. Eine Vergrößerung der aktiven Fläche verspricht weiteres Potential.

Deshalb baute das Fraunhofer LBF zusammen mit dem Glaszentrum Darmstadt einen ersten seriennahen Prototyp auf. Das Team integrierte vier EAP-Spacer mitsamt den benötigten Mikrofonen im Inneren des Scheibenmoduls und prüfte das akustische Verbesserungspotential am realen Fenster messtechnisch. Der gemessene Pegelunterschied des mittleren Summenpegels des Schalldrucks betrug im inneren des Fensters 16,8 Dezibel.

Eine weitere Verbesserung durch Verwendung mehrerer Mikrofone im Zwischenraum ist zu erwarten. Die Anwendung im aktiven Fenster verdeutlicht zum einen den steigenden Technologiereifegrad der elektroaktiven Polymere für dynamische Anwendungen, zum anderen deren flexible Einsatzmöglichkeit in zukünftigen Produkten. Fraunhofer LBF / pgl

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