Quelle: DEUTSCHE ROCKWOOL

Prämierter Geschosswohnungsbau in Hamburg

Hohe Ansprüche trotzen der reinen Passivhauslehre

Passivhaus funktioniert auch als Geschosswohnungsbau. Bild: O. Heissner

Die Hamburger Wohnungsbaugesellschaft Altoba hat in der Erdmannstraße in Hamburg erstmals Passivhäuser erstellt.

"Wir wollten nicht, dass man den Gebäuden ansieht, dass es Passivhäuser sind", beschreibt Architekt Steffen Berge die Ausgangssituation eines Bauprojekts in Hamburg Ottensen, das auf der diesjährigen Passivhaustagung einen Sonderpreis für Geschosswohnungsbau erhielt. "Es sollte in erster Linie um Architektur gehen", fährt Berge fort.

So wurden in einer exzellenten Lage zwei Passivhäuser gebaut, die Ansprüchen eines gehobenen Mietwohnungsbaus gerecht werden. Beide Gebäude sind Teil einer Wohnanlage zwischen der Erdmannstraße und der Straße Am Born im hochverdichteten und begehrten Stadtteil Ottensen. Die Wohnungsgenossenschaft Altonaer Spar- und Bauverein (Altoba) hatte das ehemals gewerblich genutzte Hofgrundstück erworben, um dort familiengerechte sowie energieeffiziente Wohnbauten zu errichten. Um dieses Konzept umzusetzen, wurde der Altbestand abgebrochen und damit ein zusammenhängendes Grundstück mit Blockrand- und Hoflagen geschaffen. Die Altoba wollte dabei auch den Bau eines Passivhauses wagen.

"Für die Genossenschaft sollte es ein erster Versuch sein, um zu sehen, wie ein Passivhaus bei Mietern ankommt. Und ob ein Passivhaus mit Mietwohnungen funktioniert", berichtet Berge. Doch das Grundstück war mit 8.000 Quadratmetern zu groß, um alle Gebäude in Passivhausbauweise zu errichten. Daher entschied man sich für den Bau von zwei Passivhäusern in Südlage an der Erdmannstraße. Die Häuser besitzen vier Geschosse plus Staffel und bieten 31 Wohn- sowie fünf Gewerbeeinheiten Platz. Die übrigen Gebäude erfüllen den Energiestandard KfW-Effizienzhaus 70.

Im Vordergrund der Planungen stand zunächst nicht die Passivhausbauweise. "Wir haben die strengen Vorgaben des Passivhauskonzepts erst mal außen vor gelassen – also zum Beispiel die Fensterflächen nach Norden zu minimieren", so Berge. Er und sein Team machten zuerst einen Entwurf. Und erst anschließend überlegte man, wie sich dieser als Passivhaus umsetzen lässt. So seien die Gebäude "nicht als Passivhaus optimiert". An der einen oder anderen Stelle wäre es zum Beispiel möglich gewesen, eine geringere Dämmung zu verwenden - wenn sich die Planungen an der reinen Passivhauslehre orientiert hätten.

Die Gebäude seien auch sicherlich nicht komplett kostenoptimiert umgesetzt, berichtet Berge weiter: "An vorderster Stelle standen die planerischen Vorgaben an die Wohnqualität." Die Häuser erreichen trotzdem einen Heizwärmebedarf von 15 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr sowie einen Primärenergiebedarf von 83 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr. Außerdem glänzen sie durch eine "differenzierte Baukörpergestaltung", wie es das zuständige Architekturbüro Huke-Schubert-Berge in einer Projektbeschreibung darstellt.

Diese Differenzierung erfolgte durch einen Versprung zwischen den Gebäuden sowie über das aufgesetzte Staffelgeschoss, Loggien und den Einsatz verschiedener Materialien. Besonders die Fassade fand positiven Anklang bei der Jury, die auf der Passivhaustagung für die Vergabe der Architekturpreise zuständig war. Jurymitglied und Passivhausexperte Professor Wolfgang Feist lobte die gut gegliederte Fassade mit ihrer räumlichen Tiefe. Beeindruckt war Feist auch von der Vielzahl an Loggien. "Denn dabei ist eine durchdachte Konstruktion notwendig, um Wärmebrücken zu vermeiden." Laut Berge war diese Aufgabe auch eine Herausforderung bei dem Projekt und hat viel Planungsarbeit mit dem Statiker erfordert.

Gemäß dem Passivhausstandard kommt in den Gebäuden eine zentrale Be- und Entlüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung zum Einsatz. Zusätzlich sind Nachheizregister in der Zuluft installiert, die aus einem Fernwärmeanschluss gespeist werden. Dieser sorgt auch für die Warmwassererzeugung. Darüber hinaus ist in jeder Wohnung jeweils ein Heizkörper installiert. Denn für Mietwohnungen lässt sich laut Berge kaum vorhersagen, ob die Bewohner sich auch stets passivhausgerecht verhalten. So würden derzeit zum Beispiel einige Mieter morgens die Fenster öffnen, um eine Stoßlüftung zu machen. Auch die internen Wärmegewinne ließen sich beim Bau von Mietwohnungen nur schwer prognostizieren. Letztlich hat der zusätzliche Heizkörper nach Meinung von Berge noch eine psychologische Funktion: "Die Mieter haben auf diese Weise das Gefühl, dass sie selbst für Wärme sorgen können."

Bisher seien die Mieter mit ihrer Wohnsituation sehr zufrieden, berichtet Berge. Auch der harte Winter habe zu keinen Problemen geführt. Der Mehraufwand für die Errichtung der Passivhäuser hielt sich laut Berge in Grenzen. Denn der finanzielle Unterschied zu den Effizienz-70-Gebäuden sei gar nicht so groß. Schließlich ist auch in diesen Häusern eine Lüftungsanlage installiert. "Die ist in Hamburg notwendig, weil man sonst keine Förderung von der Stadt erhält", so Berge. Und im Effizienzhaus 70 gibt es zudem noch eine vollwertige Heizung. Markus Strehlitz

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