Quelle: DEUTSCHE ROCKWOOL

Mineralische Additive ersetzen den Stoff nur teilweise

Bor bleibt Brandschutzmittel für Zellulose-Dämmung

Zellulose-Dämmung wird aus geschredderten Zeitungen hergestellt. © Peter Seppele /Thermofloc

Zellulose-Dämmung wird mit Bor behandelt. Das wird mittlerweile von der EU-Chemikalienverordnung als bedenklicher Stoff behandelt.

Wenn es um die Dämmung ihres Hauses geht, legt zumindest ein Teil der Besitzer Wert auf natürliche Materialien, die keine Schadstoffe enthalten. Sie sollen sich nach Ende ihrer Nutzung problemlos entsorgen lassen. Dazu ist inzwischen eine Vielzahl von Produkten auf dem Markt, die aus nachwachsenden Rohstoffen oder Recyclingmaterial hergestellt werden. Doch zum Teil müssen diese Natur-Dämmstoffe mit Brandschutzmitteln behandelt werden, damit sie bei Feuer nicht zu einer Gefahr für die Bewohner werden.

Dies gilt beispielsweise für Zellulose. Eine Zeitung ist schon einen Tag nach ihrem Erscheinen nur noch Altpapier. Mit der Verwendung als Zellulose-Dämmstoff erfährt das Papier dauerhaft eine neue Nutzung. Dazu werden die alten Zeitungen geschreddert und in einer Fasermühle zu Flocken zerkleinert.

Um das Dämmmaterial zu konservieren und um Brandschutzvorgaben einzuhalten, wird die Zellulose mit Zusatzstoffen, Additiven, versetzt. Lange Zeit nutzte man dazu Borsäure. Doch seit einigen Jahren wird Borsäure kritisch bewertet und als besonders besorgniserregender Stoff laut EU-Chemikalienrecht REACH geführt. In einer Konzentration von mehr als 5,5 Prozent gilt die Säure als reproduktionstoxisch. Sie kann die Fortpflanzungsfähigkeit und ungeborene Kinder schädigen. Zudem sind mit Borsäure behandelte Dämmstoffe trinkwassergefährdend.

Zumindest ein Teil der Hersteller hat reagiert und bietet inzwischen auch boratfreie oder -reduzierte Dämmstoffe an. "Hier spielt aus meiner Sicht der gesundheitliche Aspekt eine wesentliche Rolle", erklärt Hermann Supersberg von der Peter Seppele GmbH in Feistritz/Drau (Österreich), die unter dem Namen Thermofloc Zellulosedämmung herstellt und vertreibt.

Laut Supersperg setze man für den boratfreien Dämmstoff Additive auf mineralischer Basis als Brandschutzmittel ein. Zudem biete man noch eine boratreduzierte Variante an. Die genaue Zusammensetzung sei jedoch aus Wettbewerbsgründen geheim.

Nach Beobachtung der Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe (FNR) verwenden die Produzenten nach wie vor Borsäure oder Salze als Brandschutz für ihre Dämmstoffe. Sie können beispielsweise auch in Flachs- oder Wiesengras-Dämmstoffen vorkommen. "Einige - gerade die Holzfaserproduzenten - sind auf Alternativen umgestiegen", ergänzt René Görnhardt von der Fachinformation Bauen und Wohnen mit nachwachsenden Rohstoffen der FNR. Dazu böten sich Ammoniumphosphat, Aluminiumphosphat, -sulfat oder -hydroxid sowie Magnesiumverbindungen an. "Ob diese nun besser wirken beziehungsweise die Kosten steigern oder senken ist uns nicht bekannt."

Zumindest bei Thermofloc hat sich der Aufwand für die Umstellung auf boratfreien Brandschutz in Grenzen gehalten, so Supersperg: "Durch den Einsatz der mineralischen Additive wurde das Verfahren weder aufwändiger noch einfacher - es ist alles gleich geblieben." Auch die Kosten hätten sich nicht verändert.

Mit mineralischen Additiven werden auch Holzspäne ummantelt, wenn sie als Natur-Dämmstoff dienen sollen. Einfacher ist hingegen die Handhabung von Bau-Strohballen: Diese müssen laut der FNR gar nicht speziell mit Brandschutz-Additiven behandelt werden, ebenso wie Schilf und Seegras. Wird eine strohgedämmte Wand beidseitig drei Zentimeter dick mit Lehm verputzt, hält sie einem Feuer 90 Minuten lang stand.

Die Cellulose-Dämmstoff-Hersteller Dämmstatt und isofloc vertreiben bislang weiterhin borathaltige und boratfreie Produkte nebeneinander. Nur die Dämmstoffe der beiden Markennamen, die den Zusatz "bf" enthalten, sind boratfrei. Als Ersatz dienen Ammonium- und Erdalkalisalze starker Säuren. Diese sind anders als Borsäure nicht als besorgniserregend eingestuft - bis jetzt.

Einen anderen Weg geht das Cellulosewerk Angelbachtal im Rhein-Neckar-Kreis. Das Hauptprodukt "Climacell S" habe einen reduzierten Boratanteil von 3,5 Prozent, erklärt CWA-Geschäftsführer Marcel Bailey. Zwar biete man im Moment noch den boratfreien Zellulose-Dämmstoff "Climacell nature" an, vermarkte diesen aber nicht mehr aktiv. Der Grund: ""Viele andere Brandschutzstoffe sind auf Basis von Ammonium. Und das wird in zwei Jahren verboten, wenn die Richtwerte nicht eingehalten werden", so Bailey.

Viele Hersteller spielten im Moment noch auf Zeit. Bei CWA habe man sich aber frühzeitig darauf einstellen wollen. "Wir sind davon überzeugt, dass wir mit dem reduzierten Boratanteil die beste Lösung gefunden haben." Ein Gesundheitsrisiko sei damit ausgeschlossen. Auch andere Dämmstoffe enthielten Borverbindungen. Dort werde es nur nicht so groß thematisiert, beklagt Bailey. Versuche etwa mit Soda hätten keine zufriedenstellenden Ergebnisse gebracht. Zudem erwartet der Geschäftsführer für Anfang 2017 die Veröffentlichung einer neuen US-Studie, die die fortpflanzungsschädigende Wirkung der Borsäure infrage stellen soll. Das Hin und Her, das Verbraucher eher verunsichern dürfte, würde damit vorerst weitergehen. Von Daniel Völpel

 

Anmerkung: Die Aussagen zu Ammonium-Brandschutzstoffen und Mineralwolle und Bor wurden gegenüber der früheren Version des Textes geändert.

Eine Verwendung dieses Textes ist kostenpflichtig. Eine Lizenzierung ist möglich.
Bitte nehmen Sie bei Fragen Kontakt auf.