Quelle: DEUTSCHE ROCKWOOL

Asiatische Hersteller haben Lösungen in der Baumusterprüfung

Vakuum-Glas könnte bis 2015 marktreif werden

Vakuumglas könnte in der Sanierung 3-Scheiben-Glas ersetzen. © Berres/EnBauSa.de

Asiatische Hersteller wollen Mitte 2015 mit Vakuumglas auf den europäischen Markt. Die EU-Baumusterprüfung läuft.

Ab 2015 könnten Vakuum-Isolierverglasungen mit nur zwei Scheiben auf den europäischen Markt kommen. Diese dämmen bei vertretbarem Gewicht besser als die beste Dreischeiben-Wärmeschutzverglasung. Der japanische Hersteller Pilkington/NSG, der in Europa bereits mit einer speziellen Dreischeiben-Vakuumverglasung für denkmalgeschützte Gebäude vertreten ist, und das chinesische Unternehmen Synergy haben jeweils die Absicht, ein Vakuumisolierglas mit Zweischeibenaufbau und flexiblem Randverbund auf den europäischen Markt zu bringen, das den hiesigen Qualitätsanforderungen entsprechen soll.

Diese Verglasung soll einen Ug-Wert von 0,3 W/m²K haben und ungefähr 110 Euro/m² kosten - das wäre nur ein Drittel des Preises des heutigen Pilkington-Glases. Zur Zeit läuft die EG-Baumusterprüfung, deren Ergebnis Anfang 2015 vorliegen dürfte. Nach der jetzigen Planung könnte die Verglasung ab Mitte 2015 europäischen Fensterherstellern angeboten werden. Europäische Institutionen forschen dazu seit 2007 in Projekten wie "Winsmart" und "ProVIG".

Bei drei Scheiben sind die Möglichkeiten, den Energieverlust zu vermindern nahezu ausgereizt. Um mit drei Glasscheiben noch niedrigere U-Werte (W/m²K) zu erreichen, hat man versucht, den Abstand zwischen den Scheiben zu vergrößern. Doch was bei Luft funktioniert hatte, brachte bei der Edelgasfüllung keinen Erfolg: Argon erreicht auch mit einer Vergrößerung auf 16 mm nicht die Dämmwirkung des wirksameren Kryptons, und jene von Krypton bleibt im Bereich von 12 bis 16 mm Scheibenzwischenraum etwa konstant.

Und wie steht es mit vier Glasscheiben statt drei? Eine vierte Scheibe würde nicht nur zusätzliche Kosten, sondern auch zusätzliches Gewicht bedeuten. Schon mit drei Scheiben wiegt allein die Verglasung eines handelsüblichen Wärmedämmfensters in der Standardgröße rund 64 kg, wenn die Scheibendicke zum Schutz gegen Einbruch erhöht sein soll. Ist das Fenster größer, dann würde bei vier Scheiben schon früher als bei drei die 100-kg-Marke für Glas plus Flügelrahmen überschritten. Sogar wenn einige Firmen spezielle, sehr stabile Beschläge anbieten, ist die Frage, ob an den Befestigungspunkten der Flügelrahmen nicht mechanisch überfordert wird.

Dünnere Scheiben sind eine Möglichkeit, doch die Einsatzfelder sind dann aufgrund der geringeren Stabilität begrenzt. Deshalb ist es ein physikalisch konsequenter Schritt, nur zwei Glasscheiben einzusetzen und zwischen diesen jede Art von Gas weitgehend zu entfernen.

Bei der Schaffung einer solchen Zweischeiben-Vakuum-Isolierverglasung steht man im Wesentlichen vor zwei naheliegenden Problemen - sowie vor zwei weiteren, an die man zunächst nicht denken würde.

Problem Nummer eins: Der Umgebungs-Luftdruck presst die beiden Glasscheiben so stark zusammen, dass sie sich berühren. Verhindert werden kann das mit Abstandshaltern - winzigen Metallzylindern, verteilt über die gesamte Glas.

Problem Nummer zwei: Der Randverbund muss während der Betriebsdauer der Verglasung, also mindestens 25 Jahre lang, dicht bleiben. Dafür muss ein flexibler, aber dennoch ein Vierteljahrhundert lang dichter Randverbund entwickelt werden. Die Antwort eines Forschungsprojekts chinesischer, japanischer und europäischer Partner ist ein umlaufender, nach außen einige Zentimeter überstehender Streifen aus dünnem Blech parallel zur Glasfläche, der mit der jeweiligen Scheibe gasdicht fest verbunden wird.

Problem Nummer drei ist kein technisches, sondern ein wirtschaftliches. Wenn der Besitzer eines Gebäudes die Fassade mit einer neuen Verglasung ausrüsten lässt, erwartet er vom Lieferanten, dass dieser bei Glasbruch oder einem sonstigen Defekt Scheiben durch solche des gleichen Typs ersetzen kann. Der Hersteller muss bei branchenüblichen Verträgen zehn Jahre lang entweder eine Verglasung nachproduzieren können - auch wenn sie am Markt nicht den erhofften Erfolg hat -, oder eine großzügig bemessene Menge davon ins Lager legen.

Problem Nummer vier: Eine Vakuumverglasung mit Ug 0,3 W/m²K dämmt so gut, dass die Außenscheibe kaum noch erwärmt wird. Sie ist häufiger beschlagen oder vereist, und Schnee bleibt auf einem Dachfenster womöglich wochenlang liegen. Denkbar wären eine entgegenwirkende Beschichtung oder ein vorübergehendes Beheizen wie bei Autoscheiben.

Die große Frage ist, ob trotz der zum Teil noch zu bewältigenden Probleme ein Hersteller bereits im kommenden Jahr solche neuartigen Vakuumfenster auf dem europäischen Markt anbieten wird. Die Experten des Instituts für Fenstertechnik in Rosenheim erwarten zwar Fenster mit Verwendung einer dauerstabilen Vakuumverglasung sogar mit Ug = 0,2 W/m²K - allerdings für das Jahr 2030. von Alexander Morhart

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