Quelle: DEUTSCHE ROCKWOOL

Dämmung verbraucht auch in der Herstellung wenig CO2

Dämmstoff Stroh führt zu geringem Energiehunger

Stroh als Baustoff hat gute Dämmeigenschaften. Bild: Shakti Haus

Hessens erstes Wohnhaus aus Strohballen wurde im Herbst 2009 fertig gestellt. Das Zweifamilienhaus erstreckt sich über drei Geschosse und verbraucht durch Dämmung mit Stroh und ein integriertes Gebäudetechnikkonzept nur 32 KWh/m²a.

Bauen mit Stroh ist in Deutschland wenig bekannt und stößt häufig auf Skepsis. Gebaute Beispiele sind bislang kaum bekannt. Etwa 150 Gebäude in Strohballen-Bauweise soll es in Deutschland laut Angaben von Architekt Dirk Scharmer, Vorstandsmitglied des Fachverbandes Strohballenbau (Fasba) geben. Ende der neunziger Jahre entstand das erste Haus dieser Art in Bayern. Strohballen wurden erst 2006 offiziell von der Bauaufsicht als Baustoff zugelassen. Hessens erstes Wohnhaus in Fürstengrund/ Stadt Bad König wurde so konstruiert und im Herbst 2009 fertiggestellt. Das mit seinen Rundungen ungewöhnlich geformte Gebäude wird von den Planern Susanne Körner und Tilman Schäberle, deren Büro unter dem Namen Shaktihaus firmiert, selbst bewohnt.

Das Haus entwickelt auf drei Geschossen eine bewohnbare Fläche von rund 200 Quadratmetern. Es ist als Zwei-Parteien-Haus konzipiert. Im Erdgeschoss werden die Architekten ihr eigenes Büro einrichten, die Etage darüber dient dem Wohnen, das Dachgeschoss ist Schlafräumen vorbehalten. Die Planer ließen ein Holzgerüst anfertigen, das aufgestellt und mit 750 Strohballen, die ein regional ansässiger Landwirt lieferte, ausgefacht wurde.

Stroh ist ein hervorragender Dämmstoff und hat im Vergleich zu herkömmlicher Dämmung große Vorteile: Der Energieverbrauch bei der Herstellung ist deutlich geringer als etwa von Polystyrol oder Mineralwolle. Der Dämmwert des diffusionsoffenen, also wasserdampfdurchlässigen Stoffs ist mit 0,13 W/m²K ausgesprochen günstig. Die Wände müssen dabei nicht allzu dick werden. Die ein Meter langen Ballen wurden hochkant verbaut und anschließend verputzt; das ergab eine Wanddicke von 42 Zentimetern. Das Material ist auch einfach wieder abbaubar, sollte es einmal zum Abbruch kommen – auch das ist wichtig für die Gesamtenergiebilanz. Der natürliche Baustoff landet dann einfach auf dem Kompost und nicht auf einer Sondermülldeponie.

Zudem ist Stroh ein Abfallprodukt und daher auch noch sehr preisgünstig. Einen Euro haben die Bauherren dem Bauern pro Strohballen bezahlt – das macht laut Berechnung der Planer rund 65 Euro pro Kubikmeter umbautem Raum. Bei der Auswahl der Strohballen sollte jedoch ein Fachmann über die Qualität des Ökobaustoffs entscheiden. Denn nicht jeder Ballen ist für den Hausbau geeignet. Die gepressten Halme dürfen nicht zu kurz und nicht zu feucht sein, das gefährdet sonst die Stabilität der Konstruktion.

Gerade gegen Feuchtigkeit ist Stroh sowieso etwas anfälliger als andere Baustoffe, ebenso hat es zunächst Nachteile beim Thema Brandschutz. Der Fachverband Strohballenbau hat in den letzten Jahren viel Zeit in die Forschung gesteckt, um den Baustoff zu testen und die bauaufsichtliche Zulassung deutlich zu verbessern.

Das Problem der Anfälligkeit gegen Feuchte, Bakterien und Pilze, als auch der leichten Entflammbarkeit lässt sich mit einem entsprechenden Wandaufbau lösen. Schon eine ein Zentimeter dick verputzte Strohwand widersteht laut Fasna dem Feuer 30 Minuten lang, entspricht also der Brandschutzklasse "leicht entflammbar". Der Dämmstoff ist damit für eine höhere oder dichtere Bebauung bislang ungeeignet. An einer Lösung wird aber weiter gearbeitet.

Als ideal gilt die Kombination von Holz, Stroh und Lehm. Der Lehm für den Innenputz wurde aus einer Lehmgrube in Reinheim lokal gewonnen. Die Architekten haben für ihr Haus einen dreilagigen Kalkputz ohne Zementzusatz gewählt. In die zweite Putzschicht wurde ein Glasfasergewebe eingearbeitet. Die Innenwände wurden mit Hanf befüllt, Holzweichfaserplatten dienen als Träger für den Lehmputz. Für die Fußbodendämmung des Kellergeschosses wurde Glasschaumschotter verwendet, für das Dach eine diffussionsoffene recycelbare Unterspannbahn von Proclima. "Wir haben unseren Neubau als Drei-Liter-Haus konzipiert", berichten die Architekten, "und soweit wie möglich ökologische Baumaterialien eingesetzt".

Der Einsatz und die Kombination dieser Baustoffe garantiert neben hohen Energieersparnissen ein gesundes Raumklima. Der Heizbedarf wird über einen Holzvergaserofen mit solarthermischer Unterstützung durch 13 Quadratmeter Vakuum-Röhrenkollektoren abgedeckt, so dass der Warmwasserbedarf des Hauses von April bis Oktober rein über die Solarthermie geleistet werden kann. Die 20 Quadratmeter große Fotovoltaikanlage sorgt für die Stromversorgung, sie speist Solarstrom ins öffentliche Netz ein. Eine 7.000 Liter fassende Regenwasserzisterne sammelt Wasser für die Nutzung in den Toiletten, Waschmaschinen und für die Gartenbewässerung.

Das Haus wurde nach der alten KfW-40-Förderung geplant. Mit einem Jahresprimärenergiebedarf von 22 KWh/m²a unterschreitet es nun deutlich den geforderten Wert. Mit einem jährlichen Heizwärmebedarf von knapp 32 KWh/m²a nähert es sich auch schon dem Passivhausstandard von 15 KWh/m²a an. Mit etwas mehr Aufwand und dem Einsatz einer Lüftungsanlage hätte man auch mit dem Strohballenhaus diesen Wert erreichen können. Diese Mehrinvestition erschien den Planern bei dem ohnehin geringen Energiebedarf jedoch nicht lohnend.

Trotz der ungewöhnlichen und energiesparenden Bauweise mit Einsatz erneuerbarer Energiequellen übersteigen die Kosten für das große Wohnhaus nicht die eines vergleichbar konventionell gebauten Hauses, so die Angaben der Planer. Das Günstigste am Bauwerk sind die Strohballen. Der Landwirt aus der Region hat diese mit einer handelsüblichen Maschine mit einem Druck von etwa 100 Kilo pro Kubikmeter zusammengepresst, bevor sie mittels eines Drahtgeflechts an Ort und Stelle eingepasst und miteinander verwoben wurden. Das Planerteam hat schon Erfahrung mit dem Baustoff Stroh gesammelt und bereits vor zwei Jahren ein Bürogebäude in Darmstadt errichtet, bei dem neben Strohballen auch Bambus eingesetzt wurde sowie eine Gewerbehalle aus Stroh. Nicole Allé

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