Messung sollte so früh wie möglich erfolgen

Blower-Door-Tests sind fehleranfällig

Experte Gerhard Wertenauer empfiehlt, den Blower-Door-Test so früh wie möglich durchzuführen. © Thole

Ein Blower-Door-Test, mit dem die Luftdichtheit eines Gebäudes gemessen werden kann, ist eine komplizierte Messung, deren Durchführung detailliert geregelt ist.

Voraussetzung für einen niedrigen Energieverbrauch ist eine luftdichte Gebäudehülle. Daher schreibt die Energieeinsparverordnung (EnEV) bereits seit Jahren für alle Neubauten eine luftdichte Ausführung der Gebäudehülle vor. Die luftdichte Bauweise ist anerkannte Regel der Technik. Wird dagegen verstoßen, kann der Bauherr sie einklagen. Daher empfehlen Experten, bei jedem Neubau eine Luftdichtheitsmessung durchzuführen, den sogenannten Blower-Door-Test. Damit kann die Qualität der Gebäudehülle überprüft werden. Allerdings ist Blower-Door-Test nicht gleich Blower-Door-Test. Zwar ist die Durchführung in der Messnorm DIN EN 13829 genau geregelt, in der Praxis jedoch komme es nicht selten zu Fehlern, berichtet der Fachverband Luftdichtheit im Bauwesen e.V. (FLiB).

Der Verband hat sich auf die Fahne geschrieben, Anbieter und Auftragnehmer für mögliche Fehlerquellen zu sensibilisieren, um einen hohen Qualitätsstandard bei Luftdichtheitsmessungen zu erreichen. Pflicht ist eine solche Messung nur dann, wenn raumlufttechnische Anlagen eingebaut werden, also etwa eine kontrollierte Wohnungslüftung. Zudem wird der Blower-Door-Test meist gefordert, wenn Bauherren Fördergelder in Anspruch nehmen wollen.

Wie im Detail eine Messung durchzuführen ist, regelt die DIN EN 13829. Ein mit Messtechnik ausgestatteter Ventilator wird dicht in ein Fenster oder eine Tür eingebaut. Dann werden alle Öffnungen der Gebäudehülle geschlossen und ein Unter- oder Überdruck erzeugt, indem der Ventilator Luft aus dem Gebäude heraus beziehungsweise in das Gebäude hinein befördert. Damit diese Druckdifferenz aufrecht erhalten werden kann, muss der Ventilator eine bestimmte Luftmenge fördern, deren Größenordnung von den Undichtigkeiten in der Gebäudehülle abhängt: Je mehr Luft gefördert werden muss, desto größer sind die Leckagen, durch die Außenluft ins Gebäude strömt.

Der bei einer bestimmten Druckdifferenz ermittelte Leckagestrom kann zu unterschiedlichen Bezugsgrößen ins Verhältnis gesetzt werden. Bei dem häufig verwendeten n50-Wert dient beispielsweise das Gebäudeinnenvolumen als Bezugsgröße. Der n50-Wert gibt an, wie oft bei einer Druckdifferenz von 50 Pascal (Pa) in einer Stunde das gesamte Gebäudeinnenvolumen ausgetauscht wird. Zulässige Grenzwerte finden sich in DIN 4108-7 und der Energieeinsparverordnung (EnEV). Danach gilt ein Gebäude mit raumlufttechnischen Anlagen als luftdicht, wenn der n50-Wert nich größer ist als 1,5, bei allen anderen Gebäuden liegt der Grenzwert bei 3. 

Allerdings reicht es nicht aus, eine Druckdifferenz von 50 Pascal zu erzeugen und dann einmalig zu messen. Vielmehr ist beim Blower-Door-Test eine Reihe von Messungen bei verschiedenen Druckdifferenzen nötig. "Die Norm verlangt die Messung in 10er-Schritten von 0 bis 100 Pascal", erläutert Gerhard Wertenauer von W&W Bauphysik, der regelmäßig Blower-Door-Tests durchführt. Zwar sei es möglich, die Messung vorher abzubrechen, dies müsse dann in der Dokumentation begründet werden. Er selbst messe immer bis 100 Pascal. "Mir ist bislang noch kein Gebäude untergekommen, bei dem der Aufbau dieser hohen Druckdifferenz nicht möglich war", berichtet er. Der Test bei diesem extremen Druckunterschied mache Sinn, weil sichtbar werde, ob die luftdichte Schicht der hohen Belastung Stand hält. "Lösen sich etwa bei Gebäuden in Holzständerbauweise bei 100 Pascal Druckdifferenz die Verklebungen der Folie nicht, die die luftdichte Schicht bilden, kann man davon ausgehen, dass sie dauerhaft dicht halten", so Wertenauer.

Er empfiehlt Bauherren grundsätzlich, schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt eine Messung durchführen zu lassen. Bei Gebäuden in Leichtbauweise sollte die Folie zwar ordentlich befestigt, aber noch zugänglich sein, um bei Leckagen nachbessern zu können. In massiven Gebäuden sollten zumindest häufige Schwachstellen noch zugänglich sein. In Bädern beispielsweise werde oft der Fehler gemacht, dass die Vorbauwände vor den Installationen schon eingebaut sind, wenn der Test ansteht. "Da kommt man dann nicht mehr dran", so Wertenauer. Nach der Messung im frühen Stadium gelte es dann, Handwerker dafür zu sensibilisieren, dass sie Beschädigungen der luftdichten Hülle vermeiden und - falls es doch dazu kommt - dem Bauleiter melden sollten.

Allerdings verlangt die EnEV die Messung der Luftdichtheit im fertigen Zustand. "Wird früher gemessen, muss berichtet werden, warum man davon ausgeht, dass sich der n50-Wert im weiteren Bauverlauf nicht verschlechtern wird", berichtet Messdienstleister Wertenauer. Unter Umständen werde jedoch eine weitere Messung nach Baufertigstellung nötig. Wenn aus Kostengründen nur eine Messung erfolgen soll, gilt es, den richtigen Zeitpunkt abzupassen: so früh wie möglich und so spät wie nötig.

Laut FLiB beträgt der Durchschnittspreis für einen Blower-Door-Test nach EnEV für ein 150 Quadratmeter großes Einfamilienhaus rund 325 Euro plus Mehrwertsteuer. Regional seien allerdings große Abweichungen möglich. Abgesehen davon, dass unter bestimmten Voraussetzungen kein Weg an der Messung vorbei geht, wird sie auch von der EnEV honoriert: Liegt ein Luftdichtheitsnachweis vor, kann bei der Berechnung des Jahresheizenergiebedarfs der anzusetzende Lüftungswärmeverlust reduziert werden, so dass ein geringerer Energiebedarf ausgewiesen werden kann. 

"Da die bei Luftdichtheitsmessungen erfassten Werte ihre Bedeutung erst erhalten, wenn man sie beispielsweise zum Innenvolumen des untersuchten Gebäudeteils in Beziehung setzt, dürfen die Messdienstleister nicht einfach ungeprüft die Maße aus den Bauzeichnungen übernehmen", nennt FLiB-Geschäftsführer Oliver Solcher eine mögliche Fehlerquelle bei Luftdichtheitsmessungen. Änderungen im Fußbodenaufbau oder nachträglich abgehängte Decken etwa, die nicht in den Plänen verzeichnet sind, können dazu führen, dass das tatsächliche Gebäudevolumen von dem errechneten abweicht – mit entsprechenden Folgen für die errechnete Luftwechselrate. Daher sollten die von Dritten gelieferten Maße zumindest stichprobenartig überprüft und dies genau dokumentiert werden. Denn die Norm fordert, dass alle Berechnungen nachvollziehbar zu dokumentieren sind. "Viele Prüfberichte, die wir zu sehen bekommen, weisen an dieser Stelle Mängel auf, manchmal fehlen die Angaben sogar vollständig", berichtet Solcher.

Weitere Fehlerquellen liegen in der ungenügenden Vorbereitung des Prüfobjekts oder falschen Voraussetzungen. So darf der Mittelwert der natürlich vorkommenden Luftdruckdifferenz zwischen dem Gebäudeinneren und der Umgebung zum Zeitpunkt der Messung nicht höher sein als fünf Pascal. Außerdem müssen bei der Messung alle Türen zwischen beheizbaren Räumen geöffnet sowie absichtlich vorhandene Öffnungen nach außen abgedichtet werden.

Doch auch, wenn die Randbedingungen stimmen, die Luftdurchlässigkeitsmessung sach- und normgerecht durchgeführt wurde und sämtliche Werte korrekt berechnet sind, kann es laut FLiB noch zu Fehlern kommen. Beispielsweise, so der Fachverband, dass Dienstleister manchmal aus den für das Gebäude insgesamt ermittelten Messergebnissen unzulässige Rückschlüsse auf die Luftdichtheit einzelner Bauteile oder Bauteilschichten ziehen. "Selbst wenn die Luftwechselrate Passivhausstandard entspricht, heißt das noch lange nicht, dass es keine nennenswerten Fehlstellen in der Luftdichtheitsebene gibt", erläutert Solcher das Problem. Diese lassen sich nur durch eine gezielte Leckageortung feststellen. Deswegen schreibt die Messnorm die Suche zumindest nach größeren Luftlecks verbindlich vor. 

von unserer Redakteurin Silke Thole

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